Gesichtet

Der Uganda-Report (II): Überbevölkerung

Die Österreicherin Maria L. Prean ist die Gründerin und Direktorin von Vision für Afrika, einer international tätigen Organisation, deren Ziel es ist, in Uganda vorwiegend Waisen und verstoßenen Kindern durch eine gute Schulausbildung, gesunde Ernährung und eine gute medizinische Grundversorgung dabei zu helfen, sich später im Leben selbst zu versorgen.

Vor allem Aids und Malaria, aber auch Unfälle und das jahrelange Kriegsgeschehen im Norden des Landes sind die Ursachen für die hohe Anzahl an Waisenkindern. Nach Angaben der Organisation haben in Uganda etwa vier Millionen Kinder – wahrscheinlich ist eine Anzahl von zwei Millionen Waisen realistischer – zumindest ein Elternteil verloren. Dazu die vielen alleinerziehenden Mütter, die kaum das nötige Geld zum Leben aufbringen. Polygamie ist in Uganda nichts Ungewöhnliches.

Wer solch ein Kind in meinem Namen aufnimmt, nimmt mich auf. (Matthäus 18,5)

Mit sieben Jahren hatte Maria L. Prean eine tiefe Begegnung mit Jesus Christus und erlebt seitdem die Führung Gottes in ihrem Leben. Auf meine Frage, wie sie zu ihrer Aufgabe in Uganda gefunden hatte, antwortete sie in einer Mail wie folgt:

Nachdem ich viele Jahre den Herrn im Angesicht der vielen armen Kinder in Uganda gefragt habe, ob ER für mich hier eine Aufgabe hätte, und ich nie etwas hörte, habe ich schon aufgegeben zu fragen. Und dann, nach fast fünf Jahren, vernahm ich auf dem Gebetsberg in meinem Herzen ganz klar die Stimme Gottes: „Maria, wirst Du mir vertrauen, dass ich Dir alles gebe für 1.000 arme Kinder?“ Meine Antwort war: „Lieber Herr Jesus Christus, das ist eine ziemlich große Zahl an Kindern, aber wenn Du mich fragst, ich stehe Dir zur Verfügung, aber Du musst bezahlen.

Nach Angaben von Maria L. Prean hat Vision für Afrika seit 2001 schon 13.000 Kindern eine Schulausbildung ermöglicht. Viele andere warten noch auf Patenschaften. Die Missionarin erzählt im folgenden Video aus ihrem Leben.

In meinem Gästehaus in der Hauptstadt Kampala hat ein Ehepaar aus den USA mit sieben Kindern Einzug gehalten. Sicher ist, dass die Missionare nicht an Geburtenkontrolle glauben. Aber warum landen sich in christlicher Sendung Wähnende immer irgendwo in Afrika, wo die Menschen in aller Regel gläubig sind, und niemals im z.B. gottesfernen Ostdeutschland, frage ich mich, als ich, auf einem Boda-Boda, einem Motorradtaxi, sitzend, durch die stinkenden Verkehrsmassen in Kampala jongliert werde.

„Wie hälst du eigentlich jeden Tag diese stinkenden Verkehrsmassen aus?“, frage ich eine Einheimische. „This is Africa“, antwortet sie lapidar. Und was ist jetzt Afrika, lasse ich nicht locker, bis ich – wieder zu Hause in Frankfurt – auf einen Beitrag von Deutschlandfunk Kultur stoße:

„Uganda ist eines der jüngsten Länder der Welt – der Altersdurchschnitt liegt gerade einmal bei 15 Jahren, die Hälfte der Bevölkerung ist unter 16. Die Infrastruktur platzt angesichts des rapiden Bevölkerungswachstums aus allen Nähten. Auf den Straßen stehen Autos Stoßstange an Stoßstange, durch die engen Zwischenräume drängen sich die sogenannten Boda-Bodas – Motorrad-Taxis, mit denen viele junge Männer ihr Geld verdienen.“

Uganda hat mit sechs Babys pro Frau eine der höchsten Geburtenraten der Welt. Und da habe ich nichts Besseres zu tun, als aus den USA zu kommen und mit meinen beispielgebenden sieben Kindern den Ugandern das Evangelium zu predigen? Ich habe mich mit der Familie unterhalten. Sie sind alle nett, die Kinder gut erzogen und rücksichtsvoll. Nichts Sektenähnliches, der Vater ein cooler Typ. Sie wären natürlich nicht in Uganda, wenn sie nicht der Überzeugung wären, dass Gott sie in diesem Augenblick genau dort haben möchte.

Trotzdem ist aus meiner Sicht ihr Verhalten den Ugandern gegenüber unverantwortlich und asozial. Das Problem, das Uganda hat, ist schließlich die viel zu hohe Geburtenrate und nicht, dass noch nicht ausreichend Menschen für die Ewigkeit gerettet sind. Herbert Mona von der Stiftung Weltbevölkerung in Uganda, sagt gegenüber Deutschlandfunk-Kultur:

Man sollte die Macht der Religion in unserer Gesellschaft nicht unterschätzen. Sie ist sehr stark und tief verwurzelt. Es reicht also nicht, einfach mit den Leuten über Kondome zu reden. Die meisten werden gar nicht zuhören. Denn bisher wurde ihnen immer nur eingebläut, Verhütung sei falsch, sogar böse und gottlos. Wir suchen deshalb den Dialog mit den religiösen Anführern – dabei stehen wir noch ganz am Anfang eines langen Prozesses.“

Während also die einen Christen sehr viele Kinder predigen, retten die anderen Christen die zu vielen Kinder in Waisenhäusern. Was Gott in Uganda macht, ergibt in der Gesamtbilanz keinen Sinn.

Und warum landen jetzt sich in christlicher Sendung Wähnende immer irgendwo in Afrika, wo die Menschen in aller Regel gläubig sind, und niemals im gottesfernen Ostdeutschland? Sind die Ossis zu blass und zu langweilig? Ist es der exotische Kick in Afrika? Sind Afrikaner für Irrationales und Suggestives viel empfänglicher und lassen sich viel einfacher vom heiligen Geist zu Boden reißen als die skeptischen Ostdeutschen.

Ist es also die garantierte Erfolgsquote, die der eigenen Eitelkeit schmeichelt? Oder sind es die Schatullen voller Gold, die sich öffnen, sobald Afrika und Armut aufleuchten. Ist es die privilegierte Stellung, die man als Weißer in Afrika genießt? Ist es also koloniales Denken, das tradiert wird?

Die sehr ehrenwerte Organisation Vision für Afrika gibt jedenfalls Rätsel auf, wenn sie auf ihrer Webseite aus christlicher Perspektive formuliert: „Als 1877 das Evangelium ins Land kam, gab es gleichzeitig mit einem radikalen Aufbruch auch einen spirituellen Kampf mit den Mächten des Bösen.“ Dass die ersten Missionare zur Hochzeit von Kolonialismus und Imperialismus nach Uganda kamen, sollte nicht ausgeklammert werden.

Maria Prean pflegt ein gutes Verhältnis zu Präsident Museveni. Ihre Website visionforafrica-intl.org informiert darüber, dass die Führung des ugandischen National Resistance Movement (NRM) vom 15. bis zum 18. Juni 1985 im Dorfwirtshaus in der Gemeinde Kreuttal im Weinviertel in Niederösterreich in einer konspirativen Sitzung den Sturz des amtierenden Präsidenten Milton Obote beschloss. Museveni war einer der Teilnehmer und wurde Ende Januar 1986 zum neuen Staatschef vereidigt. Wörtlich:

Im Zuge eines Staatsbesuches kam Museveni am 28. Mai 1994 wieder in das Gasthaus in Unteroberndorf, und 2010 wurde ein Denkmal auf dem Dorfhauptplatz enthüllt. Eine bemerkenswerte Geschichte, nicht wahr?“

Aber sie sieht in Präsident Museveni auch ihren christlichen Bruder. Der „von Gott Gesalbte“ – dies ist ein Ausdruck der gotteslästerlich anmutenden Lobpreisungen Musevenis durch eine zunehmende Anzahl von Ugandern aus Politik und Gesellschaft – sprach am 8.Oktober 2012, anlässlich des 50. Jahrestages der Unabhängigkeit Ugandas, im Nelson Mandela Stadion in Kampala vor Tausenden Menschen folgende Gebetspassagen:

An der Schwelle eines neuen Zeitalters unserer Nation stehe ich heute hier, um einen Schlussstrich unter unsere dunkle geistliche Vergangenheit zu setzen. Wir bitten um Vergebung für unsere Sünden der Korruption und Bestechung, die unsere nationalen Ressourcen aufgezehrt haben.“ (…)Ich widerrufe alle dämonischen Bündnisse, die in Götzendienst und Zauberei geschlossen wurden. Ich widerrufe allen satanischen Einfluss auf diese Nation. Und hiermit weihe ich Dir Uganda, in Deinen Wegen zu gehen und all Deinen Segen für immer zu erwarten. IM NAMEN DES VATERS, DES SOHNES UND DES HEILIGEN GEISTES. Amen!

In einer Art geistlichen Kampf die Dämonen der Finsternis niederzuringen, auf dass sich die Zustände im Land verbessern, ist keine gute Regierungsführung. Was für muslimische Länder gilt, ist selbstverständlich auch für eine vorwiegend christliche Nation wie Uganda maßgebend: Die Politik ist von der Religion zu trennen!

Kritiker werfen Yoweri Museveni vor, sich wie ein kleiner Gott aufzuführen, in einem privaten Jet herumzufliegen und in Wagenkolonnen zu reisen, die manchmal mehrere Dutzend Autos umfassen, während der chronisch unterfinanzierte Gesundheitssektor ausblutet.

Der „König der Könige“ – das ist nicht meine Polemik, sondern Musevenis Selbstbezug – ist der Korrupteste von allen! Oder wie wollen Sie es nennen, wenn sich ein Präsident seit 32 Jahren an die Macht krallt und durch mehrfache Verfassungsänderungen sämtliche Hürden wie eine Begrenzung der Amtszeiten und ein Alterslimit für Präsidentschaftsbewerber aushebelt.

Die Ugander, mit denen ich mich unterhalten habe, leben nach ihrem Empfinden bereits in einem diktaturähnlichen Zustand, da es keinen geregelten Wechsel an der Spitze ihres Staates gibt. Mein Einwand, dass ein demokratisch legitimierter Präsident doch auch über eine sehr lange Zeit gut regieren könne, wenn die Wahlen fair sind und er abgewählt werden kann, wird eigentlich nicht verstanden.

Der Tenor ist klar: Es ist unter keinen Umständen eine Demokratie, wenn die gleiche Person über eine derart lange Zeit an der Spitze des Staates steht. Die Gegenrede „Merkel ist doch bei euch auch schon sehr lange an der Macht“, fange ich mir gleich zweimal ein, verbunden mit einem Zweifel an der Demokratiefähigkeit der Deutschen.

Fortsetzung folgt! Und hier geht es zu Teil 1.

(Bild: Claus Folger)

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