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Nida-Rümelin sucht Bildungstradition

Nida-RuemelinIn der heutigen Printausgabe der FAZ äußert Julian Nida-Rümelin (SPD) Bedenken, das deutsche Bildungssystem könne sich langfristig dem amerikanischen anpassen und so die eigenen Stärken, das „sogenannte duale System“, in ernste Gefahr bringen.

Nida-Rümelin stellt dabei nüchtern fest: „Deutschland ist nicht mehr stolz auf seine eigene Bildungstradition […]. Unter der Hand wird das amerikanische Bildungssystem zum Vorbild.“ Der Autor, der sich selbst als freiheitlichen Humanisten beschreibt, zieht damit für eine Position ins Feld, die so deutlich sonst nur aus konservativen Kreisen zu vernehmen ist.

Das amerikanische Bildungssystem lehre im Gegensatz zum klassischen deutschen maßgeblich zwei Grundlagen: das „Leseverständnis von Alltagstexten und mathematisch-naturwissenschaftliches Grundverständnis“. Die erste Pisa-Studie habe genau jene Eigenschaften abgefragt, Fachwissen, Bildungshintergrund und Fremdsprachen jedoch außen vor gelassen. Daher sei die Pisa-Studie nicht mehr als eine Verunsicherung jener europäischer Staaten, die auf ein anderes Bildungssystem setzen.

Der Globalisierung und Homogenität entgegentreten

Vor einigen Jahren klang das bei Nida-Rümelin hingegen noch ganz anders, denn von 2001 bis 2002 war er als Kulturstaatsminister Mitglied der Bundesregierung unter Gerhard Schröder. Schröder und seine Regierung waren es, die nach der ersten Pisa-Studie Druck auf die Bundesländer ausübten und eine umfassende Bildungsreform forderten. Jene Regierung war es auch, die Jahr 1999 die Bologna-Erklärung unterzeichnete, gegen die Nida-Rümelin in seinem heutigen Artikel scharf schießt und die er mitverantwortlich für die Bildungsmisere Deutschlands macht.

Nida-Rümelins plötzliche Einsicht kommt daher nicht nur überraschend, sondern auch reichlich spät. Mit einem Punkt hat der renommierte Professor allerdings recht:

Generell stellt sich die Frage, ob Globalisierung Homogenität erfordert. Auch Diversität kann eine Antwort auf die Herausforderungen der wirtschaftlichen und kulturellen Globalisierung sein. […] Warum sollte dieses Land also nicht die Stärken des eigenen Bildungssystems ausbauen, sich unter Umständen sogar deutlicher von internationalen Trends […] absetzen, um an seinen vormaligen Status einer führenden Bildungsnation […] anzuknüpfen?

Ob Julian Nida-Rümelin mit seinen Thesen noch richtig ist in seiner Partei?

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