Das Thema Nummer eins auf allen Medienkanälen ist derzeit ohne Zweifel die Corona-Pandemie. Keine Rede mehr von Flüchtlingen an der griechischen Grenze oder in türkischen Lagern. Keine Spur mehr von einer Forderung nach grüner Energie und dem Ausbau der Elektromobilität. Deutschland ist im Krisenmodus, jenseits von ausverkauftem Toilettenpapier und Küchenrollen.
Täglich erreichen uns neue Hiobsbotschaften. In Italien werden Leichen durch die Armee abtransportiert. In Madrid wurde eine Eisbahn zum Leichen-Kühlhaus umfunktioniert, weil die Leichenhallen aus allen Nähten platzen. Und in Deutschland sitzt die Regierungschefin in Quarantäne. Auch werden in NRW 1.000 Gefangene entlassen, um die Gefängnisse zu entlasten. Und ständig die Angst, auch in Deutschland könnten bald italienische Zustände herrschen.
Katastrophe für die Wirtschaft
Für die deutsche Wirtschaft ist die Corona-Krise indes in der Tat eine ausgewachsene Katastrophe. Dank der durch die Regierung vorgegebenen massiven Beschränkungen sieht es für eine Vielzahl an Unternehmen wahrlich düster aus. Neben der Gastronomie und dem Einzelhandel verzeichnen auch fast alle anderen Wirtschaftszweige Einbußen. Zwar gibt es auch Branchen, die von der Krise profitieren – wie der Online-Handel oder die Drogeriemärkte – doch unterm Strich sind die Folgen verheerend. Simulationen des ifo-Instituts zufolge kostet allein eine einzige Woche in diesem Zustand das BIP rund 1,6 Prozent.
Insgesamt könnten die Auswirkungen „alles übersteigen, was aus Wirtschaftskrisen und Naturkatastrophen bekannt ist“. Verschiedenen Szenarien zufolge wird die deutsche Wirtschaft dieses Jahr gewaltig schrumpfen. Bis zu 20 Prozent prognostizierte das ifo-Institut. Sollte es wirklich so weit kommen, stehen wir – gelinde gesagt – vor einer ausgewachsenen Katastrophe. Wir reden hier von bis zu 729 Milliarden Euro Verlust. Darüber hinaus könnten rund 1,8 Millionen versicherungspflichtige Arbeitsplätze wegbrechen.
Auch die Kurzarbeit ist keine Pauschallösung. Zwar kann diese ein geeignetes Instrument sein, für kurze Zeit die Krise zu überbrücken. Dennoch ist das keine Lösung auf Dauer. Wenn wir nicht aufpassen, führt diese Brücke am Ende ins Nichts. Denn hält der Zustand zu lange an, werden Stellen massiv abgebaut werden müssen.
Panikmache?
Bei solchen Horrormeldungen aus der Wirtschaft stellt sich zwangsläufig die Frage, ob die getroffenen Maßnahmen überhaupt verhältnismäßig sind oder nicht vielmehr Panikmache. Immerhin erkranken laut Robert-Koch-Institut (RKI) jedes Jahr während der Grippesaison allein in Deutschland schätzungsweise rund vier bis 16 Millionen Menschen an Influenza. Das wären rund fünf bis zwanzig Prozent der Bevölkerung. Und es sterben jedes Jahr auch unzählige Menschen daran.
Immerhin einige hundert bis mehrere Tausend Personen. Während der Grippesaison 2017/18 – der schwersten seit über 30 Jahren – starben sogar über 25.000 Menschen in Deutschland. Aber damals wurden keine Ausgangssperren verhängt und der Katastrophenfall ausgerufen, wie unlängst in Bayern geschehen.
Dabei verbreitet sich die Influenza-Grippe sogar schneller als das SARS-CoV-2 aus. Jedoch scheint die Letalität des neuartigen Corona-Erregers höher zu sein. Laut RKI liegt sie weltweit derzeit bei rund 3,52 Prozent. Die Influenza hingegen hat eine Letalität von 0,2 Prozent. Zu bedenken ist jedoch, dass jene Schätzung noch mit äußerster Vorsicht zu genießen ist, da man nicht genau weiß, wie viele infizierte Menschen hier nicht registriert werden.
Sterberate eher bei 0,7 oder bei fünf Prozent?
Chinesische Erhebungen vermuten, rund 80 Prozent der Infizierten zeigen keine oder nur leichte Symptome und würden daher oft durch das Raster fallen. Südkorea, wo man sehr viel testet, hat zum Beispiel nur eine Letalität von 0,69 Prozent. Auch fällt auf, dass die Sterberate von Land zu Land großen Schwankungen unterliegt. So liegt diese in Italien beispielsweise bei rund fünf Prozent. Wobei gerade im Fall Italien die hohe Sterberate nicht sonderlich viel zu sagen hat.
Offiziellen Verlautbarungen zufolge werden in Italien alle Toten in die Statistik aufgenommen, die mit Corona infiziert waren. Dabei wird aber nicht darauf geachtet, ob die Personen wirklich an dem neuen Virus oder an etwas anderem verstorben sind. Auf welchem Wert sich daher die Letalität endgültig einpendeln wird, bleibt also abzuwarten.
Nimmt man die Sterberate aus Südkorea an, wäre das neue Virus aber immer noch drei bis sieben Mal so tödlich wie die normale Grippe. Viel interessanter sind unterdessen andere Zahlen. Der WHO zufolge ist der Krankheitsverlauf bei dem neuen Corona-Virus öfter schwerwiegend oder kritisch wie bei der Influenza. So benötigen rund 15 Prozent der Infizierten zusätzliche Sauerstoffgabe. Bei fünf Prozent braucht es sogar ein Beatmungsgerät.
Wir kommen an unsere Grenzen
Demnach sind gewisse Vorkehrungen wohl vernünftig, die eine Verlangsamung der Ausbreitung des Virus unterstützen. Denn auch in Deutschland sind die Kapazitäten im medizinischen Bereich begrenzt. 28.000 Intensivbetten stehen hierzulande zur Verfügung. Davon sind 25.000 Beatmungsbetten. Diese müssen aber auch für all die anderen Intensivpatienten reichen. Man kann schließlich einem Herzinfarktpatienten nicht einfach die Maschinen abstellen, nur weil sie womöglich ein Corona-Patient benötigen könnte.
Daher werden auch wir hier schnell an unsere Grenzen kommen. Jahrelang wurde unser Gesundheitssystem kaputtgespart und auf einen Schatten seiner selbst eingedampft. Durch Bettenabbau, Fallpauschalen, Personalmangel und Verlagerung der Arzneimittelproduktion ins Ausland ist unser Gesundheitswesen weit davon entfernt, auf eine Epidemie vorbereitet zu sein. Nun flattert für die Sparpolitik der vergangenen Jahre die Rechnung ins Haus.
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