In vielen deutschen Großstädten wird man Zeuge einer zunehmenden Elektro-Mobilität. Vor allem jene Elektroroller haben derzeit Konjunktur. Da mag sich wohl mancher Beobachter denken, die Republik sei auf dem besten Wege, ihr Ziel der Decarbonisierung des Verkehrs zu erreichen.
Schließlich hat sich allen voran Deutschland im Klima- und Energiepakt 2030 der Europäischen Union einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen – allen voran Kohlendioxid – um nicht weniger als 40 Prozent verpflichtet. Ein ambitioniertes, ja geradezu utopisches Ziel setzte sich die Bundesregierung hier. Als Fernziel gilt immerhin das Jahr 2050, in dem die Emissionen um 80 bis 95 Prozent gesenkt werden sollen.
Allein die Kosten für dieses Projekt sind gigantisch. So beziffert eine Studie des Akademieprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Union der deutschen Akademien und der deutschen Akademie der Technikwissenschaften die Kosten für eine CO2-Reduktion um 85 Prozent auf rund 2.000 Milliarden Euro. Bei einer Reduktion von 90 Prozent belaufen sich die Kosten sogar auf stolze 3.600 Milliarden Euro.
Die endgültigen Kosten könnten noch einmal durch die Decke gehen
Da aber Projekte in dieser Größenordnung – schließlich geht es hier um die vollständige Umstrukturierung unserer Energieproduktion sowie -nutzung und betrifft damit alle Lebensbereiche – schwer einzukalkulieren sind, kann diese horrende Zahl wohl eher als Minimalwert betrachtet werden. Die Erfahrung zeigt schließlich: Großprojekte kosten letzten Endes immer um einiges mehr, als im Vorhinein spekuliert wurde.
Aber auch abgesehen von Überlegungen finanzieller Art, stellt sich die Frage der reinen Machbarkeit. Wenn der Energiemarkt in Deutschland konsequent decarbonisiert werden soll, fallen zukünftig alle fossilen Energieträger wie Kohle, Gas und Erdöl weg. Übrig blieben im Wesentlichen die Atomenergie und die „Erneuerbaren“. Die Atomenergie scheidet nach jetzigem Stand jedoch aus, weil die Regierung es sich in den Kopf gesetzt hat, bis 2022 alle Atommeiler vom Netz zu nehmen.
Wie das Ziel der Kohlenstoffdioxidreduzierung um 40 Prozent bis 2030 umzusetzen sei, bleibt indes schleierhaft. Immerhin blieb in den vergangenen zehn Jahren der Ausstoß von CO2 in Deutschland nahezu konstant – trotz allem Klimaschutz und dem andauernden Ausbau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen.
Wind und Sonne stillen Energiebedarf bisher nur zu fünf Prozent
Bleiben also nur die „Erneuerbaren“, genauer: Wind und Sonne. Jetzt heißt es aber von offizieller Seite großspurig, allein ein Windrad könne rund 1.000 Haushalte in Deutschland mit Strom versorgen. Das mag richtig sein. Dennoch verzerrt diese Aussage den Erfolg der Erneuerbaren. Schließlich macht der Stromverbrauch nur rund 19 Prozent des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland aus. Von diesen 19 Prozent sind es wiederum nur 25 Prozent, die in privaten Haushalten verbraucht werden. Für das Fernziel 2050 bedeutet das, auch wenn bis dahin alle Privathaushalte in Deutschland mit Windstrom versorgt werden, macht das nur rund sechs Prozent der angestrebten Emissionsverringerung von 80 Prozent aus.
Neben der Senkung des CO2-Ausstoßes um 40 Prozent gibt der Klima- und Energiepakt 2030 auch vor, den Anteil der erneuerbaren Energiequellen auf 27 Prozent zu heben. 2018 haben kohlenstofffreie Energieformen – inklusive Atomkraft – rund 20 Prozent der Energie produziert, die in Deutschland verbraucht wurde. Den größten Anteil hat nach wie vor das Erdöl. Der Anteil der Windenergie liegt bei drei Prozent.
Bei Photovoltaikanlagen sieht es noch schlechter aus. Hier sind es lediglich zwei Prozent. Und da bis 2022 alle Atomkraftwerke vom Netz gehen, muss in den kommenden zwei Jahren der Anteil von Wind und Sonne um weitere 6,5 Prozent gesteigert werden, nur um die Atomkraftwerke auszugleichen. Zum Vergleich: 2010 kamen Wind und Sonne zusammen noch auf gut ein Prozent. Also wurden für die Steigerung von knapp vier Prozent neun Jahre benötigt.
Windindustrie schwächelt
In welcher Hinsicht ist es also realistisch, diesen Anteil von Wind und Sonne, der derzeit bei fünf Prozent liegt, in den kommenden zehn Jahren um weitere 22 Prozent steigern zu wollen? Hinzu kommt, dass seit 2017 gerade die Windindustrie, in die man so große Hoffnungen setzt, schwächelt. So wurden allein 2017 hier 26.000 Stellen gestrichen. Kein Wunder, da diese Stellen doch alle auf den staatlichen Subventionen erbaut sind.
Ein weiterer Punkt, der hier nur angerissen werden soll, ist das Problem der Speicherfähigkeit von Energie in elektrischer Form. So bedarf allein die Umstellung des aktuellen Bedarfes an Strom theoretisch 20.000 neue Pumpspeicherkraftwerke, um das Netz stabil zu halten. Grund hierfür ist die flatterhafte Erzeugung von elektrischer Energie aus Wind und Sonne. Wenn aber bis 2050 auch weitestgehend auf elektrischen Strom umgestellt werden muss, da Erdöl wegfällt, wird die aberwitzige Zahl von 20.000 nochmals erhöht werden müssen. Bei einer Kohlenstoffreduktion von 80 Prozent wären das grob überschlagen 80.000 Pumpspeicherkraftwerke.
Hinzu kommt, die Energiedichte bei Windkraft- und Photovoltaikanlagen ist denkbar gering. Daher müssten unvorstellbar viele dieser Anlagen gebaut werden, um die nötige Energie hierzu zu liefern. So würde der Strombedarf bis 2050 um das Siebenfache des jetzigen Bedarfs an elektrischer Energie steigen, wenn tatsächlich auch der Verkehr und andere Bereiche des Alltags und der Industrie decarbonisiert werden sollen. Der Chemiker und SPD-Politiker Fritz Vahrenholt hat dies am Beispiel von Windkraftanlagen in der Weltwoche vorgerechnet. Demnach müsste in Deutschland alle 1,5 Kilometer ein 200 Meter hohes Windrad stehen, wollte man die benötigte Leistung installieren. Der Begriff „Verspargelung“ bekommt hier eine ganz neue Qualität. Anders gesagt: Die Energiewende ist am ideologischen Reißbrett entworfen und entbehrt jedwedem Realitätssinn.
Zurück in die vorindustrielle Zeit?
Daher ist es umso erfreulicher, dass sich zu dieser Thematik nun auch einmal Wissenschaftler vom Fach geäußert haben. Die Physiker Dirk Dubber, Johanna Stachel und Ulrich Uwer von der Universität Heidelberg haben ein Statement mit dem Titel „Energiewende: Fakten, Missverständnisse, Lösungen – Ein Kommentar aus der Physik“ veröffentlicht, in dem sie sich gegen die Energiepolitik der Regierung stellen.
So nütze die Energiewende ausschließlich der subventionierten Industrie. Das Klima würde dadurch nicht gerettet. Auch würden die Daten häufig in der öffentlichen Diskussion falsch interpretiert. Denn es gäbe einen wichtigen Unterschied gerade bei den Erneuerbaren Energien bezüglich der installierten und der tatsächlich nutzbaren Leistung. So wären durchschnittlich nur 25 Prozent der installierten Leistung bei Windkraftanlagen auch tatsächlich nutzbar. Bei Photovoltaikanlagen seien es sogar nur 12,5 Prozent.
Das moderne Leben hat seinen Preis. Wenn man nicht bereit ist, diesen zu zahlen, bleibt nur ein konsequenter Schritt: zurück in die vorindustrielle Zeit. Ein weiterer erfolgsversprechender Weg wäre die Reaktivierung der Atomenergie als richtige Alternative. So sollte vor allem hier Geld in die Forschung investiert werden. Darüber hinaus könnten neue AKW modernster Bauart errichtet werden. Durch die hohe Energiedichte dieser Energieform wäre es ohne weiteres möglich, den Kohleausstieg bis 2030 wirklich zu schaffen, wenn nicht sogar früher. Auch von Gasimporten aus Russland könnte sich die Bundesrepublik emanzipieren.
Dass dies derzeit politisch unter keinen Umständen gewollt ist, scheint aber offensichtlich. Man setzt wohl lieber auf die erste Möglichkeit. Wie sonst lässt sich der Beifall erklären, der jener jungen Dame entgegenbrandet, weil sie sich entschied, den Atlantik nicht per Flugzeug, sondern mit dem Segelboot zu überqueren. Hat der Morgenthau-Plan letzten Endes doch noch Erfolg? Es scheint wohl so.