Gesichtet

Das Ende des Wohlfahrtsstaats

Was passiert im Jahre 2025? In diesem Jahr gehen die Baby-Boomer in Rente. Doch unsere Regierung hat keine Ahnung, wie sie dann alles bezahlen soll.

Seit dem letzten starken Jahrgang 1964 sind die Geburtenzahlen in Deutschland kontinuierlich zurückgegangen. Deutschland ist ab diesem Zeitpunkt immer älter geworden. Die Folge ist eine Gesellschaft, in der immer mehr alte und immer weniger junge Menschen leben. Das bedeutet immer mehr Kosten und immer weniger Einnahmen.

Sogar der Bundesrechnungshof ist in der Zwischenzeit skeptisch, ob die finanziellen Lasten, die durch die Rentenbezüge entstehen, auch in Zukunft noch geschultert werden können. Hier bestehe „Handlungsbedarf“, so die Behörde. Denn: Waren es 2005 noch 253,62 Milliarden Euro, die durch Rentenbezüge auf die Staatskasse schlugen, waren es 2016, elf Jahre später, schon 288,43 Milliarden Euro; 34,81 Milliarden Euro mehr.

28 Prozent des Bundeshaushalts werden für Rente zweckentfremdet

Da das Geld aus der Rentenkasse schon lange nicht mehr reicht, um die Bezüge zu bezahlen, werden jährlich Milliarden Steuergelder zweckentfremdet. Auch hier ist es natürlich mehr geworden. 2005 wurden 78,09 Milliarden Euro bezuschusst, 2016 87,45 Milliarden Euro und 2017 waren es schon 91 Milliarden Euro. Das sind rund 28 Prozent des Bundeshaushaltes von 2017, mit Abstand der größte Einzelposten im Haushalt. Der Bund hat damit allein in die Rente doppelt so viele Steuergelder gesteckt wie in Infrastruktur, Schule, Bildung, Polizei, Forschung und Wissenschaft zusammengenommen.

Gleichzeitig sinkt das Netto-Rentenniveau seit Jahrzehnten beständig. 1985 lag es noch bei 57,4 Prozent. 2000 hingegen schon bei 52,9 Prozent und 2017 48,2 Prozent. Die Prognose bis 2030 sieht einen weiteren Verlust auf dann nur noch 43 Prozent vor. Soll heißen, ein Angestellter, der 45 Jahre gearbeitet hat und ein durchschnittliches Gehalt von 2.500 Euro bezogen hatte, bekommt, wenn er 2017 in Rente gegangen sein sollte, rund 1.200 Euro Rente. Ein anderer Angestellter mit gleichen Bezügen, der 2030 in Rente geht, bekommt dann nur noch 1.075 Euro. Die derzeit grassierende Altersarmut wird sich in den kommenden zwölf Jahren also noch deutlich verschlimmern.

SPD mit sinnvollem Plan gegen Altersarmut?

Dennoch fordert die SPD ein gleichbleibendes Rentenniveau von 48 Prozent bis 2030. Diese Forderung ist gleich in zweifachem Sinne unvernünftig. Erstens bedeutet das derzeitige Rentenniveau schon jetzt für viele den Absturz in die Armut, so wäre an der prekären Lage vieler Rentner nichts verbessert. Und zweitens ist dieses kurzfristige Denken dazu verdammt, krachend an den Leitplanken der demographischen Realität zu zerschellen.

Eine Grundregel, die jede Hausfrau bestätigen wird, ist: Nimm nicht mehr Geld aus der Monatskasse, wie darin ist. Dabei spielt es zunächst einmal keine Rolle, ob es sich um einen schwäbischen  fünfköpfigen Familienhaushalt handelt oder um den Haushalt der Bundesrepublik Deutschland. Deutsche Politiker scheinen jedoch Mamas Leitsatz einer klugen Hausfrau total vergessen zu haben. Es wird mit Geld um sich geworfen, das man nicht hat, um Dinge zu bezahlen, die man sich nicht leisten kann. So beispielsweise die Rente mit 63, die seinerzeit Andrea Nahles als faules Ei ins Volk geworfen hat.

Fakt ist nun einmal: Die relative Zahl der Beitragszahler verglichen zu der Zahl der Beitragsempfänger hat Schwindsucht. Sind es heute noch 2,2 Beitragszahler auf einen Beitragsempfänger, sind es 2050 nur noch 1,5 Beitragszahler pro Rentner. Wo soll das hinführen? Da ist die Diskussion über die Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre mal wieder nur der Versuch an Symptomen herumzudoktern, statt an der eigentlichen Krankheit. Zwar könnte man bis 2030 die Zahl der Beitragszahler relativ gesehen zu einem Beitragsempfänger noch bei 2,2 halten; was ist jedoch danach?

Umlage funktioniert nur bei konstanter Bevölkerung

Alles Schönrechnen wird auf Dauer den Pferdefuß, der im deutschen Rentensystem steckt, nicht übertünchen können. Das deutsche Rentensystem ist ein umlagefinanziertes System. Mit Beiträgen, die heute eingezahlt werden, werden auch Renten von heute bezahlt. Zukünftige Renten werden hingegen mit den Abgaben zukünftiger Beitragszahler finanziert. Landläufig wird das auch als Generationenvertrag bezeichnet. Dem zugrunde liegt die Vorstellung der generationenübergreifenden Solidarität innerhalb eines Volkes, das gleich einer vorindustriellen Großfamilie funktioniert. Die Erwachsenen sorgen für die Alten und Kinder in dem festen Vertrauen, dass jene Kinder später einmal für sie sorgen werden.

Aber obwohl das deutsche Rentensystem einen Vertrag zwischen drei Generationen vorsieht (Großeltern-Eltern-Kinder), wird munter so getan, als ob nur zwei Generationen beteiligt seien (Großeltern-Eltern). Es wird ignoriert, dass für den Fortbestand des Systems Kinder genauso wichtig sind, wie die Generation der aktuell Erwerbstätigen. Demnach wäre es nur konsequent, wenn allein Erwerbstätige mit zwei oder mehr Kindern einen vollen Anspruch auf die Rentenversicherung hätten. Kinderlose Erwerbstätige hingegen nur einen verminderten.

Faktor Kind für die Rente

Beispiel: Nimmt man an, dass Kindererziehung und das Zahlen von Beiträgen zum Begleichen aktueller Forderungen gleich gewichtet wären. So würde sich daraus ergeben, dass Erwerbstätige, die an der Erziehung von zwei oder mehr Kindern beteiligt sind, den vollen Rentensatz zugesprochen bekommen. Diejenigen mit einem Kind 75 Prozent und die Kinderlosen 50 Prozent des Rentensatzes. Ab drei Kindern wäre der Beitragssatz auf 75 Prozent zu verringern, bis bei einer Zahl ab sechs Kindern keine Beiträge mehr gezahlt werden müssten. Der Faktor Kind wäre somit in angemessener Weise berücksichtigt.

In Deutschland hingegen Kinderlosigkeit belohnt. So bekommen kinderlose Erwerbstätige durchschnittlich eine höhere Rente, wie ihre Arbeitskollegen mit Kindern. Logisch! Jene müssen schließlich keine Zeit und Energie in die Erziehung von Kindern stecken und können ihren Fokus ganz auf die eigene Karriere legen. Folge sind mehr gesammelte Rentenpunkte, weil keine Pausen von Erwerbstätigkeit in Form von Teilzeitarbeit oder Elternzeit verbleiben. Dennoch wird die Rente der Kinderlosen von den Kindern jener Erwerbstätigen gezahlt, die dadurch Nachteile hinzunehmen hatten.

Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft

In der irrigen Annahme, die Gesellschaft werde es schon richten, glauben offenbar viele, dass Geld für die Rente auf Bäumen wächst, beziehungsweise gegenüber der Allgemeinheit nur Rechte, aber niemals Pflichten bestehen. Das Nachsehen haben diejenigen, die das System am Laufen halten, den Verfall zumindest verlangsamen. Dabei wäre unter anderem die angemessene Gewichtung der Erziehungsleistungen im Rentensystem ein wichtiger Schritt, wieder ein Bewusstsein für die eigene Verpflichtung gegenüber der Gemeinschaft zu erzeugen.

Und als wäre das noch nicht genug, werden brave Steuerzahler mit weiteren Ungerechtigkeiten belastet. So kann es nicht gerechtfertigt werden, dass der üppige Beamtenapparat niemals eine müde Mark in den Rententopf einzahlen musste, jedoch auch aus diesem seine Pensionen bekommt. Zulasten der Beitragszahler. Denn für Pensionen ist eine Absenkung gleich des Rentenniveaus selbstverständlich nicht vorgesehen. Auch die zahlreichen Armutsmigranten, die – wenn sie hier bleiben sollten – zeitlebens die Sozialkassen erheblich belasten werden, tragen nicht zu einer Entspannung der Lage bei.

In diesem System ist ordentlich der Wurm drin. Überall sonst in der Politik wird der Begriff „Nachhaltigkeit“ in inflationärer Weise verwendet. Ob es jetzt eine nachhaltige Energiewirtschaft oder Naturschutz durch Nachhaltigkeit ist. Niemand scheint es zu interessieren, dass alle Konzepte der Nachhaltigkeit nur auf geborgter Zeit basieren. Denn um partielle Teile des Systems nachhaltig gestalten zu können, muss zunächst darauf geachtet werden, die Erhaltung des Systems als Ganzes zu gewährleisten.

Es geht bergab!

Das geht aber nur, wenn der Träger dieses Systems in einigen Jahrzehnten immer noch als solcher zu Verfügung steht, nämlich das deutsche Volk. Demographischen Prognosen zufolge wird selbiges aber immer älter und verliert somit immer mehr an Innovationsgeist und damit auch konkret an Perspektive. Das „gute Leben“ lässt sich nun einmal nur mit einer gewissen wirtschaftlichen Basis aufrechterhalten. Dazu gehört aber, dass das Verhältnis von Zahlern und Empfängern stimmt.

Tatsächlich malen neuste Prognosen des IWF ein düsteres Bild für Deutschlands Zukunft und geben Grund zur Sorge. Demnach soll es in den kommenden Jahren mit dem deutschen Wirtschaftswachstum bergab gehen. Ist für 2019 noch ein Wachstum von 2,2 Prozent prognostiziert, so soll dieses bis 2023 auf 1,1 Prozent fallen. Gewichtiger Grund: eine ungünstige Demographie. Des Weiteren lebt der deutsche Staat jetzt schon deutlich über seine Verhältnisse. So haben neue Analysen ergeben: Deutschlands Finanzhaushalt ist als äußerst unsolide zu bezeichnen. Sogar Länder wie Uganda und Kenia wirtschaften besser als das Zugpferd der Europäischen Union.

Wie hier in Zukunft der ausufernde Sozialstaat finanziert werden soll, bleibt schleierhaft. Denn eines ist sicher: Sollte der Kurs nicht deutlich korrigiert werden, so wird der deutsche Staat eines nicht allzu fernen Tages unter der Last seiner eigenen Wohlfahrtsindustrie implodieren.

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