Rezension

Paradigma der hybriden Kriege

Energie als Waffe. Migranten als Waffe. Sanktionen als Waffe. (Computer-)Viren als Waffe. Hunger als Waffe und natürlich Worte als Waffe. Wer in den letzten Jahrzehnten auf ein Ende der Geschichte und ewigen Frieden hoffte, musste in den letzten Monaten mehrere eiskalte Duschen ertragen. Krieg läßt sich nicht abschaffen, nur einhegen.

Diese Erkenntnis zu leugnen, führt paradoxerweise zu einer Ausweitung der hybriden Kriege. Denn ausgerechnet die angeblichen, früheren Pazifisten sorgen dafür, daß der Krieg nicht nur militärisch ausgetragen wird, sondern auf andere gesellschaftliche Systeme wie die Wirtschaft überspringen kann. Zunächst provozieren sie Kriege, indem sie die Schwäche und Wehr-Unfähigkeit ihrer Gemeinwesen selbstbewußt zur Schau stellen, und dann fällt ihnen als einzige Form des Widerstands ein, den Krieg auch noch auf andere Ebenen zu tragen. Aufgrund dieser doppelten Dummheit stimmt man die Deutschen nun auf „Frieren für die Freiheit“ (Joachim Gauck) ein.

Eine Mitschuld daran tragen auch liberale Ökonomen, die in Anlehnung an Ludwig von Mises den Frieden als „Vater aller Dinge“ (Liberalismus, 1927) umdeuteten und deshalb blauäugig einen „Wandel durch Handel“ erwarteten. Wirtschaftlicher Wettbewerb steht jedoch zwischen Frieden und Krieg. Unternehmen und Staaten können kooperieren. Ihre Rivalität untereinander kann aber auch jederzeit bis hin zum (Wirtschafts-)Krieg eskalieren.

Dieser Tatsache müssen wir uns nüchtern stellen. Von daher gilt: „Erkenne die Lage. Rechne mit deinen Defekten. Gehe von deinen Beständen aus, nicht von deinen Parolen.“ (Gottfried Benn)

Hinweis: Dies ist das Vorwort von Recherche D, Heft 15 (September 2022). Die Ausgabe beschäftigt sich auf rund 50 Seiten mit dem Phänomen des Wirtschaftskriegs und erklärt, warum die „unsichtbare Faust“ die Voraussetzung für die „unsichtbare Hand“ des Marktes ist. Hier vorbestellen!

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