Gesichtet

Der 1. Mai ist nicht für die Arbeiter

Jedes Jahr am 1. Mai, am „Tag der Arbeit“, gehen tausende Menschen in Deutschland auf die Straße, angeblich um für „den Arbeiter“ politisch eine Lanze zu brechen. Wer dieser Arbeiter sein soll, ist – so glaube ich – kaum jemandem auf diesen Demonstrationen wirklich bewusst. Munter werden zwar Fahnen der Gewerkschaften neben stramm maoistischen oder stalinistischen, jedenfalls sozialistischen Fahnen und Transparenten geschwenkt.

So auch auf der – zugegeben – äußerst zahmen Münchner Arbeiterdemo. Zu sehen waren ein Haufen linker Studenten, Altgewerkschafter und abgehalfterte Spät-68er. Dazwischen der eine oder andere aus der arbeitenden Schicht – nur Arbeiter habe ich keine gesehen.

Fröhlich wurde das „Einheitsfrontlied“ geträllert, doch sieht man diesen Sängern an, dass sie gar nicht wissen, was eine 40-Stunden-Woche mit der Schaufel oder dem Schraubenschlüssel in der Hand bedeutet. Haben sie doch bis jetzt nur Hörsäle und Kneipen von innen gesehen. Das macht mich sauer! Diese Leute schreiben sich die Arbeiterschaft auf die Fahnen und behaupten, für deren Interessen einzutreten – heuchlerischer könnte es gar nicht sein!

Für immer ein Arbeiter ….

Ich komme selbst aus einer Arbeiterfamilie. Seit es diese Schicht gibt, sind meine Vorfahren dort zu verorten. Mein Urgroßvater war im Wien der 20er Jahre Kommunist und Teil der Arbeiterbewegung, hatte selbst die Putschversuche 1918 miterlebt. Seine Vorfahren wiederum kamen im 19. Jahrhundert aus einem ungarischen Zigeuner-Dorf nach Österreich, der Arbeit wegen. Und auch wenn mein Urgroßvater in den 30ern meine Urgroßmutter kennenlernte und katholisch wurde, blieb er doch immer ein Arbeiter. Er hat sich für seine Familie die Gesundheit ruiniert, hatte nie Geld für ein eigenes Auto und war doch immer stolz auf seine Arbeit.

Mein Großvater schließlich hat mit 13 Jahren angefangen zu arbeiten. Als Industrieschlosser und Monteur von Sprinkleranlagen arbeitete er viele Jahrzehnte. Geld war bei ihm immer Mangelware. Oft wusste meine Oma nicht, wie sie das Essen für die Woche zahlen sollte, war das Konto doch chronisch in den roten Zahlen und die Bank zusehends unwillig noch einmal vorzustrecken. Irgendwie hat es dennoch geklappt, mit der eigenen Hände Arbeit – und nur mit dieser. Und das für ein halbes Jahrhundert!

Mein Vater hat mit 15 Jahren eine Lehre zum Schiffsmechaniker begonnen und anschließend viele Jahre als Gabelstaplerreparateur sein Geld für sich und seine Familie verdient. Auch bei uns war es normal, dass zur Mitte des Monats nur noch wenig Geld und viel Monat übrig war. Vor allem in den ersten Jahren ihrer Ehe war die Lage teils so angespannt, dass meine Mama nicht nur einmal bei der Bank zu Staube kriechen musste, um Geld für die Windeln ihrer kleinen Kinder zu bekommen. Mein Vater hat schließlich noch viele Jahre nachts Zeitungen ausgetragen, weil das Geld einfach nicht gereicht hat. Meine Schwester und ihr Mann scheinen diese Familientradition indes weiterzutragen.

Nichts ist umsonst

Und obwohl ich jetzt studiere, haben meine Eltern und auch meine Großeltern mir von klein auf eingebläut, dass nichts umsonst ist auf dieser Welt. Dass man für sein tägliches Brot gefälligst zu arbeiten hat. Mein Opa hat einmal gesagt, jeder, der sich aus Faulheit weigere zu arbeiten, habe keinen Respekt verdient. So einfach ist das. Meine Wurzeln in der Arbeiterschaft reichen tief zurück und ich bin stolz darauf.

Solche Leute, die kaum wissen, wie sie all die Rechnungen zahlen sollen, weil sie von Steuer- und Abgabenlast erdrückt werden, Abgaben, die ihnen die Politik mit Billigung der Gewerkschaften abknöpft, um den Sozialstaat für die ganze Welt spielen zu können oder grüne Klima-Utopien zu realisieren. Jene Leute wollen keine Sozialleistungen haben, sondern arbeiten und von ihrer Arbeit auch leben können und für ihre Familien sorgen. Um solche Leute geht es aber nicht am 1. Mai.

Geschwurbel über Solidarität und Ungerechtigkeit

Stattdessen musste sich der interessierte Zuhörer in München vom Präsident der IG Metall ein denkbar schwammiges Geschwurbel über Solidarität und Ungerechtigkeit anhören. Und auch, dass im Falle Münchens das in anderen Städten obligatorisch-destruktive Krawall-machen fehlte, macht es weder besser noch schlechter. Eine zahnlose und lächerliche Veranstaltung, die „Abstand“ zu den Querdenkern fordert und lieber darüber redet, wie wichtig die Gesundheit und die Einhaltung der Corona-Maßnahmen doch seien.

Dabei sind es doch gerade diese Maßnahmen, die vielen Arbeitern in diesem Land langsam die Luft abdrehen. Wo ist der Ruf nach sofortiger Beendigung dieser Maßnahmen? Wo bricht der Chef der IG Metall eine Lanze für seine „Arbeiter“? Stattdessen wird die Kundgebung mit den Worten eingeleitete: „Wir tragen Maske. Wir halten Abstand. Für den Gesundheitsschutz.“

Sahra Wagenknecht und ihre Kritik an den „Lifestyle-Linken“

Die Forderungen sind voller Ambivalenz. Man ist links und moniert – zu Recht – die schlechte Bezahlung der Krankenschwestern und den schlechten Zustand des Gesundheitswesens. Aber wer war es denn, der 2003 die Fallpauschale als Sargnagel des deutschen Krankenhauswesens beschlossen hat? Das war die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder! Man beklagt die steigenden, teils unverschämten Mieten, fördert aber die massenhafte Einwanderung bildungsferner Araber und Afrikaner und heizt so den Mietenanstieg zusätzlich an.

Nein, hier wird nicht für das Recht des Arbeiters gekämpft. Arbeit ist bei diesen „selbstgerechten Lifestyle-Linken“ (Sahra Wagenknecht) doch ein Fremdwort. Was bei dieser Demo gefordert wurde, ist immer noch mehr Geld, das den individualistisch-kollektiven Lebensstil dieser Weicheier finanzieren soll, aber bitte ohne einen Finger dafür krumm machen zu müssen. Mein Opa hat 50 Jahre lang gearbeitet und – wie er selbst nicht ohne Stolz betont – ohne je auch nur einen Tag Sozialleistungen bezogen zu haben.

Wäre man wirklich für die Interessen der Arbeiter, dann hieße das: runter mit Sozialleistungen für alle Welt und runter mit Abgaben an einen übermächtigen Staat, der den Hals nicht voll bekommt! Heute hingegen ist das einzige, was diese Linken wollen, einen Nanny-Staat, der die eigene selbstverschuldete Unmündigkeit mit Sozialleistungen zukleistert. Erbärmlich!

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