Wie viel halten deutsche Volksvertreter von denjenigen, die sie vertreten sollten? Die schlichte Wahrheit: überhaupt nichts. Die aktuelle Debatte um den Migrationspakt macht diese Geringschätzung seitens deutscher Parlamentarier gegenüber den Bürgern nur allzu deutlich.
Am 21. November veröffentlichte der Petitionsausschuss eine Petition zum Mitzeichnen auf der Homepage des Bundestages, in welcher der Petent forderte: „Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass die Bundesregierung dem globalen Migrationspakt (Global Compact für Safe, Orderly and Regular Migration) nicht beitrete“ (Petition 85565). Dem vorausgegangen waren insgesamt 57 Petitionen zu diesem Thema, welche jedoch allesamt nicht veröffentlicht wurden.
Nun hatte jene Petition schon nach wenigen Tagen das empfohlene Quorum von 50.000 Unterschriften erreicht. Inzwischen sind es sogar über 92.500 Mitzeichner, Tendenz steigend. Daraufhin hat die AfD-Bundestagsfraktion heute einen Antrag eingereicht, in welchem die Befassung mit der Petition 85565 zum nächstmöglichen Termin am 10. Dezember gefordert wird, weil das Quorum schon erreicht sei. Dieser Antrag wurde jedoch ohne Debatte und Begründung von allen anderen Fraktionen im Bundestag abgelehnt.
Da stellt sich natürlich die Frage, warum man so verfährt. Der Bundestagsabgeordnete Johannes Huber, der für die AfD im Petitionsausschuss sitzt, sieht das ähnlich. „Die Nichtbehandlung vor Annahme des Migrationspaktes entspricht einem völlig entrückten Demokratieverständnis der politischen Klasse. Wenn aus den Reihen der Grünen im Ausschuss zu hören ist, dass die Petitionen „Dreck“ seien, spricht dies Bände über ihren Zugang zur Verfassung und ihre herabwürdigende Sicht auf den Bürger.“
Dabei scheint das ganze Verhalten durchaus Methode zu haben. Man hat schlicht kein Interesse an einer öffentlichen Diskussion über den Migrationspakt und sabotiert diese, wo es nur geht. So hält man sich mit der Veröffentlichung einer der 57 Petitionen solange zurück, bis es für selbige zu spät ist. So ist eine Petition normalerweise vier Wochen zum Mitzeichnen freigeschaltet. Nun ist der Tag der Unterzeichnung des Paktes in Marrakesch am 11. Dezember 2018. Das Ende der Mitzeichnungsfrist hingegen am 19. Dezember und somit acht Tage, nachdem Deutschland den Migrationspakt unterschrieben haben dürfte. Damit wäre eine Anhörung etwaiger Petitionsanliegen sinnlos.
Nun haben aber bereits knapp 100.000 Menschen diese Petition unterschrieben, was eine vorzeitige Behandlung durchaus berechtigt erscheinen lässt. Der nächstmögliche Termin ist aber wie gesagt der 10. Dezember und damit einen Tag vor der Unterzeichnung in Marrakesch. Würden deutsche Politiker wenigstens in Ansätzen ihrer Aufgabe gerecht werden wollen, wäre das überdurchschnittlich rege Interesse an besagter Petition schon Grund genug, den Migrationspakt zu erörtern.
Die Ablehnung des Antrags der AfD hingegen spricht Bände, welche Gesinnung in Berlin vorherrscht. Es wäre dem Bundestag möglich, sich endlich zu jenem „unverbindlichen“ Pakt zu äußern, ihn zu diskutieren und dagegen zu votieren. Zumal die Bitte hierzu von einer nicht unerheblichen Zahl von Bürgern direkt geäußert wurde. Man stelle sich vor, eine ähnlich große Zahl würde innerhalb von Tagen eine Petition für die Aufnahme von noch mehr Flüchtlingen oder für mehr Tierschutz unterschreiben. Das Parlament würde „seine Verantwortung wahrnehmen“ und entsprechend handeln. Hier hingegen ist das Anliegen der Bürger lediglich „Dreck“.
Statt seinen Job ernst zu nehmen, wird eine Agenda auf Biegen und Brechen durchgesetzt. Und wer stört, wird zum Staatsfeind erklärt. So hatte die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Martina Stamm-Fibich (SPD), noch die Nerven, die Anschuldigung in den Raum zu stellen, die AfD würde den Petitionsausschuss als „wichtigstes politisches Beteiligungsinstrument für ihre parteipolitische Kampagne“ missbrauchen. Weiter heißt es, die AfD würde „systematisch aus dem Parlament heraus das Vertrauen in das Parlament“ und damit in die Demokratie untergraben.
Offenbar verwechselt die gute Dame hier etwas. Es mag ja sein, dass die Abgeordneten der AfD zuweilen mit harten Bandagen kämpfen. Aber was bleibt ihnen denn auch anderes übrig? Wird nicht jeder Antrag der AfD abgelehnt, einfach weil er von rechts kommt? Unabhängig davon, ob der Inhalt nun zusagt oder nicht? Wie man in den Wald hineinruft und so weiter. Untergräbt das Parlament nicht selbst das Vertrauen der Bürger in selbiges eben damit, dass weitreichende Entscheidungen, die das Leben aller deutschen Bürger betreffen einfach über deren Köpfe hinweg entschieden werden? War es nicht so mit der Öffnung, respektive Nicht-Schließung der Grenzen vom Herbst 2015? Ist es nicht auch jetzt wieder so?
Wenn das Parlament nicht das tut, wofür es da ist, brauchen sich die Parlamentarier nicht wundern, wenn das Vertrauen bröckelt. Und die Ablehnung des Antrages zur Behandlung von Petition 85565 ist nur ein weiterer Punkt auf einer langen Liste.