Anstoß

Der Tag danach: Freude und Chaos

Es ist geschafft: Die AfD hat den Bundestag erobert und ist in Sachsen sogar die stärkste Kraft geworden.

Als ich gestern am frühen Morgen mein Wahllokal betrat, musterte ich noch skeptisch die Leute. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß die AfD wählen. In unserem Dresdner Stadtviertel geht es den allermeisten Bürgern sehr gut. Die sozialen und ethnischen Probleme unseres Landes spielen hier keine Rolle. Folglich kann man eben auch noch Grüne (12 %), Linke (19 %) oder SPD (14 %) wählen. Am größten war allerdings meine Verärgerung über diejenigen, die der CDU ihre Stimme gaben. O-Ton: „Weil ja sowieso alles egal ist.“

Einzelne sächsische Gemeinden: Über 40 Prozent für die AfD

17 Prozent meiner Nachbarn war dann zum Glück doch nicht alles egal. Das ist für ein linksliberales Viertel schon einmal ein fantastischer Wert. Dann erreichten mich kurz nach 18 Uhr Nachrichten von empörten Sachsen, die sich nicht vorstellen konnten, daß nur 13 Prozent bundesweit die AfD gewählt haben. Sie meinten, in ihrem Umfeld hätte eigentlich jeder für die Alternative votiert. Warum dann „nur“ 13 Prozent?

In der Tat gibt es Gemeinden in Sachsen, wo sich über 40 Prozent der Bürger für die AfD entschieden haben. Was für ein Erfolg! Was für ein Erdbeben! Ein blaues Wunder!

Für unsere publizistische Arbeit wird diese Zäsur auch Auswirkungen haben. Wir haben in den letzten Wochen insbesondere mit unserem Blog Einwanderungskritik.de alles dafür getan, um den spürbaren, politischen Klimawandel voranzubringen. 2,5 Millionen Menschen erreichten wir so mit unserer Online-Kampagne zur Bundestagswahl. Und das ohne auch nur einen einzigen Euro in Werbung zu investieren! Es lebe das Guerilla-Marketing!

Zugleich laufen schon die Vorbereitungen für die nächsten Jahre. Heute ist unser Buch Rechts!? Eine Strategiedebatte in Druck gegangen. Sechs Autoren unserer Zeitschrift diskutieren darin die Frage, was nun zu tun ist. Wie kann die AfD zu einer Volkspartei werden? Was kann eine Partei überhaupt leisten und was nicht? Wie können sich parteilose Patrioten engagieren? Welche Aufgaben müssen geleistet werden und welche Fehler vermieden? Und: In welcher historischen Lage befinden wir uns? Ist die Selbstabschaffung Deutschlands noch aufzuhalten und wenn ja, wie?

Der seltsame Auftritt der Frauke Petry

Daß es für diese Fragen mehr als genug Gesprächsbedarf gibt, illustriert der seltsame Auftritt von Frauke Petry am heutigen Tag in der Bundespressekonferenz. Sie kündigte einen Tag, nachdem sie in der Sächsischen Schweiz das Direktmandat errungen hatte, an, der neuen AfD-Fraktion im Bundestag nicht angehören zu wollen – und das als noch amtierende Parteichefin. Parallelen zu Bernd Lucke drängen sich förmlich auf.

Die Reaktionen darauf aus den Reihen der AfD waren heftig: Manche forderten ein Parteiausschlußverfahren, andere bezeichneten sie als „Volksverräterin“ oder mutmaßten, die CDU oder der Verfassungsschutz hätten Petry gekauft. Wohlgemerkt: Der Austausch dieser Nettigkeiten erfolgte selbstverständlich in Facebook auf öffentlicher Bühne, damit auch ja jeder den Streit mitbekommt.

Positiv formuliert, sieht man daran, daß die AfD eine sehr ehrliche Partei ist. Ihre Mitglieder neigen dazu, sich immer in sehr emotionaler Art mitzuteilen, auch wenn dadurch vielleicht Erreichtes mit dem Hintern eingerissen wird, was vorher in mühsamer Handarbeit aufgebaut wurde. Genau diesen Fehler gilt es aber zu vermeiden, wenn es weiter vorwärtsgehen soll.

In der Sache hart, im Ton moderat!

Petry hat sich selbst mit ihrem heutigen Auftritt größtmöglichen Schaden zugefügt, weil in der Politik nichts ohne Loyalität geht. Wie stellt sie sich eigentlich nach diesem Affront gegen ihre eigene Partei die ersehnte Machtübernahme im Jahre 2021 vor? Dieses Projekt ist seit heute früh gescheitert, weil CDU und FDP klug genug sein werden, um mit der unberechenbaren Petry kein Bündnis einzugehen.

Und daß sie mit einer neuen Partei die von Höcke erträumten 51 Prozent erreicht, kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Ähnlich wie die Lucke-Partei (Wie heißt die gleich noch einmal?) dürfte auch eine Petry-Partei keine Chance beim Wähler haben, da die AfD als Marke inzwischen etabliert ist und zwischen ihr und der Union kein Platz bleibt.

Petry hat nur noch eine Chance: Skurrilerweise kann sie die aber nur unter der Bedingung nutzen, daß jetzt die unbeherrschten Verbalradikalinskis, die es in der AfD gibt, durchdrehen. Denn jeder „Volksverräter“-Post der AfD-Rechtsaußen ist Wasser auf die Mühlen von Petry, die damit beweisen kann, wie recht sie mit ihrer Einschätzung der Partei hat. Anders ausgedrückt: Platz für einen Verein, der Petry als Königin anerkennt, entsteht nur, wenn große Teile der AfD über das von ihr hingehaltene Stöckchen springen.

Es bleibt deshalb zu hoffen, daß die AfD schnell erkennt, wie wichtig jetzt eine Mäßigung des Tons ist. In der Sache muß die Partei hart bleiben. Wir wollen unser Deutschland zurück! Aber der Ton muß – gerade untereinander! – moderater, fairer und strategisch klüger werden. Das hat nichts mit politischer Anpassung an das Establishment zu tun. Vielmehr geht es um einen Modus Operandi, um gemeinsam erfolgreich an einem Strang ziehen zu können.

Sachsen 2019: 35 + X

Dann klappt´s auch mit der Regierungsbeteiligung. Mit 35 + X für die AfD bei der Landtagswahl in Sachsen 2019 kann man beginnen, darüber nachzudenken. Ist das realistisch? Es ist eine gewagte Prognose und solange Zukunftsmusik, bis es der AfD gelungen ist, sich thematisch zu verbreitern und deutlich an Professionalität zuzulegen. In diesem Sinne sollte sie das Kapitel Petry jetzt schnell, unbürokratisch und nüchtern zuschlagen und aufbrechen zu neuen Ufern.

Gerade in Sachsen gibt es einen breiten Willen zur Veränderung. Den muß die AfD jetzt aufgreifen und den Bürgern Wege zum Mitmachen aufzeigen.

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Geboren 1985 in Karl-Marx-Stadt (heute: Chemnitz). Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik und BWL in Halle. Lebt in Meißen.

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