Anstoß

Der Westen und die AfD: Zeit zur Kurskorrektur

Bei der Frage nach der Zukunft der AfD genießt die Partei in der Zeit nach der Europawahl gewissermaßen ein ganz besonderes Privileg: das moralisch und ideologisch richtige Handeln  ist zugleich auch das, welches für sie momentan den größten Gewinn verspricht.

Von Anfang an bestand in der Partei ein Streit zwischen dem wirtschaftsliberalen und dem rechtskonservativen Flügel, deren Grenzen sich bis zu einem gewissen Grad zwischen der West-AfD und der Ost-AfD ziehen lassen. Noch sind die wirtschaftsliberalen Kräfte gut positioniert und haben mit Alice Weidel und Jörg Meuthen ihre zentralen Kandidaten sowohl an der Spitze des Bundestags- als auch des Europateams.

Auf der anderen Seite zeigen sich klare Konturen bei den Wahlergebnissen: Während die Ost-AfD zweistellige Ergebnisse einfährt, schaffen es die Verbände im Westen oft nur knapp in die Landtage.

Solidarität ist Frage des Anstandes

Zugleich stellt sich ohnehin die Frage, wie verantwortungsvolle und zukunftsgerichtete patriotische Politik aussehen soll. Wer für sich in Anspruch nimmt, seinem Volk eine Zukunft schaffen zu wollen, muss notwendigerweise bei der sozialen Frage landen. Denn es wird in jeder Gesellschaftsform Menschen geben, die weniger leisten können, sozial weniger eingebunden sind und dadurch Gefahr laufen an den Rand gedrängt zu werden.

Es gebietet meiner Ansicht nach der Anstand, dass patriotische Politik diesen Menschen eine gesicherte Existenzgrundlage und einen festen Platz in der Gemeinschaft bieten muss, in dem sie Wertschätzung erfahren. Auch wenn es dabei sicherlich zur Debatte steht, ob die Instrumente, die die Linke dafür erdacht hat (Mindestlohn, Reichensteuer etc.), einfach übernommen, oder eigene Antworten entworfen werden sollten.

Umdenken in der Umweltpolitik?

Die Frage des Umweltschutzes ist hingegen gerade erst dabei, sich zu einem spaltenden Thema zu entwickeln. Während die neoliberale Seite bislang die Parteilinie mit ihrer Skepsis am menschengemachten Klimawandel bestimmt hatte, mehren sich nun im Anschluß an die Europawahl vereinzelte Stimmen, welche ein Umdenken fordern. Der Aufruf der Jungen Alternative in Berlin hat dabei auch über die AfD hinweg Aufmerksamkeit erfahren.

Grundlegend betrachtet sollte aber auch in dieser Hinsicht gelten: Wer Politik für die Zukunft machen will, kommt um ökologische Fragen nicht herum. Naturgegebene Ressourcenknappheit und die Häufung von Umweltkatastrophen werden diese dabei in den folgenden Jahren immer akuter machen. Patriotische Politik sollte auf diese Verantwortung vorbereitet sein.

Zugleich bietet dieses Thema genug Raum, um mit eigenen Ideen das Profil zu schärfen. So könnte die Partei beispielsweise fordern das ITER-Projekt voranzutreiben, und Thorium-Atomkraftwerke zu bauen, welche in der Lage sein werden, die meisten Gefahren herkömmlicher Atomenergie vollständig zu umgehen und eine Alternative zur gut-gemeint-und-schlecht-gemacht-Energiepolitik der Grünen zu liefern, die voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, den Energiebedarf tatsächlich zu decken.

Die Wucht sozialpatriotischer Politik

Ein Umschwenken in diesen beiden Bereichen verspricht einen Gewinn für die Partei. Der Rassemblement National und die dänischen Sozialdemokraten demonstrieren bereits seit Jahren, welche Wucht eine sozialpatriotische Politik erhalten kann. Gerade in den wirtschaftlich abgehängten ehemaligen Industriegebieten Westdeutschlands könnte die AfD sich das klassische Arbeitermilieu als Wählerstimmen sichern, wenn sie diese Ansätze authentisch verfolgt.

(Bild: Metropolico.org, flickr, CC BY-SA 2.0)

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