Anstoß

Deutsche Sicherheit 2017

Der Flüchtlingsterrorismus ist in Deutschland angekommen. Sicherheitskreisen zufolge war das Berliner Attentat nur der Anfang. Indes wird Deutschlands Sicherheit zum Wahlkampfthema.

Die Missstände in Deutschlands Sicherheitsbehörden sind seit Jahrzehnten bekannt. Jede Landespolizei, jede Verfassungsschutzbehörde, die Bundespolizei, das Bundeskriminalamt und die Landeskriminalämter wurschteln munter vor sich hin. Wissen ist hier Macht und wird daher nur ungern geteilt. Darüber hinaus steht das Ego mancher Behördenleiter der Bündelung von Kompetenzen im Weg. Der NSU-Skandal zeigte zuletzt, wie weit ein solches Versagen führen kann. Glücklicherweise waren ja eigene Mitarbeiter der Dienste vorhanden, die sich als Sündenböcke opfern ließen.

Im Falle von Anis Amri und seinem Berliner Weihnachtsmarktattentat ist das unmöglich. Mittlerweile hat jede Partei den Anschlag als Wahlkampfthema entdeckt, wobei wahlweise Angela Merkel die Schuld gegeben oder vor Schuldzuschreibungen an die armen Flüchtlinge gewarnt wird. Wie jedes Hemd eine Bluse, aber nicht jede Bluse ein Hemd ist, so soll bitteschön auch nicht jeder Flüchtling ein Terrorist sein. Das dürfte zwar stimmen, aber alle Terroranschläge, die in der jüngeren Vergangenheit Europa erschütterten, wurden von Flüchtlingen begangen.

Deutsche Sicherheitsbürokratie scheitert an Flüchtlingskriminalität

Deutschland hat damit ein Sicherheitsproblem, auf das die Sicherheitsbehörden nur äußerst schlecht vorbereitet sind. Es wird noch dadurch verstärkt, dass der öffentliche Dienst für Leistungsträger nicht gerade attraktiv ist. Die Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes, die in den deutschen Kommunen mit der Registrierung von Flüchtlingen betraut sind, waren daher aus nachvollziehbaren Gründen überfordert. So konnte sich nicht nur Anis Amri gleich 14 verschiedene Identitäten zulegen. Auch viele andere tausend Flüchtlinge, die auf Einladung Angela Merkels nach Deutschland gekommen sind, haben sich mehr als eine Identität beschafft, um mehrfach Sozialleistungen beziehen zu können.

Gerade für die rund 600 als Gefährder eingestuften Flüchtlinge sind mehrere Identitäten hilfreich, um sich relativ frei in Deutschland und Europa bewegen zu können. Sie wie von Bundesinnenminister Thomas de Maizière vorgeschlagen mit Fußfesseln auszustatten, um die Sicherheitsbehörden von einer intensiven Überwachung zu entlasten, ist eine nette Idee. Dank mehrerer Identitäten dürfte es allerdings sehr schwierig werden, jeden Gefährder zu finden und ihm eine Fußfessel zu verpassen. Wie erfolgreich eine solche Fußfessel gegen Anschläge wirkt, zeigte sich im Juli 2016 in der Normandie: Einer der mohammedanischen Täter, die dort einen Priester ermordeten, war Träger einer Fußfessel.

Bundesländer verhindern effizientere Sicherheitsbehörden

Die Idee des Bundesinnenministers, in der er seit dieser Woche von Bundesjustizminister Heiko Maas unterstützt wird, ist deshalb wie auch seine zuerst in der FAZ vorgetragenen Reformvorschläge der Sicherheitsbehörden in die Kategorie „Wahlkampfklamauk“ einzuordnen. Zwar könnte es Deutschlands Sicherheit massiv verstärken, wenn der Einsatzbereich der Bundespolizei über Bahnhöfe, Flughäfen und die Grenzsicherung hinaus ausgeweitet würde, die Kompetenzen der Landesämter für Verfassungsschutz beim Bundesamt für Verfassungsschutz gebündelt würden, sich der Informationsaustausch zwischen den einzelnen Sicherheitsbehörden verbesserte oder die Bundeswehr endlich auch die Erlaubnis für Einsätze im Inland erhielte.

Jedoch bestehen ernste Zweifel daran, dass diese Vorschläge selbst nach einem Wahlsieg Angela Merkels bei der Bundestagswahl auch umgesetzt werden. Dem stehen neben einem Koalitionspartner SPD auch die Regierungen der Bundesländer im Weg. Ein besonders prägnantes Beispiel ist hier Bayern. Dort ist die Grenzsicherung Aufgabe der Landespolizei und die Bürger werden mit einer bayerischen Staatsangehörigkeit ausgestattet, die lediglich durch die bundesdeutsche Staatsangehörigkeit überdeckt wird. Nicht im Traum dürfte es einer bayerischen Landesregierung also einfallen, diese Vorrechte aufzugeben und die eigenen Bürger dem Zugriff der Bundespolizei oder einer bundesdeutschen Verfassungsschutzbehörde auszuliefern.

Beschwichtigung als Wahlkampfmasche

Angesichts der ernsten Gefährdungslage sind solche Feinheiten allerdings zu vernachlässigen. Dem mohammedanischen Terroristen, der als „syrischer Flüchtling“ nach Deutschland reist, um mit einem LKW eine Spritztour über die Düsseldorfer Kö, die Kölner Schildergasse oder die Hamburger Mönckebergstraße zu unternehmen, dürfte es relativ gleichgültig sein, welcher Beamte ihn nicht an der Einreise hindert. Das aber wäre nötig, um das Problem des importierten mohammedanischen Terrorismus nicht weiter zu verschärfen.

Neben die konsequente Grenzsicherung hätte dann die Abschiebung mindestens aller Gefährder zu treten – unabhängig von ihrem Herkunftsland. Weil Konsequenz aber keine Stärke auf Zeit gewählter Politiker ist, verlassen sie sich lieber auf die Beschwichtigung der „Menschen“ im Land. Damit sie auch brav eine der „großen“ Parteien wählen, denen sie ja ach so viel zu verdanken haben, wird ihnen das Blaue vom Himmel versprochen. Dazu gehören beispielsweise schärfere Abschiebegesetze, zu denen sich de Maizière und Maas in dieser Woche ebenfalls durchringen konnten.

Der Vollzug ist dann Nebensache, solange der Normalbürger sich sicherer fühlt und sein Kreuz an der richtigen Stelle macht. Dass diese Taktik funktioniert, zeigt sich daran, dass sich die Deutschen Umfragen zufolge auch nach dem Anschlag von Berlin nicht stärker durch den mohammedanischen Terrorismus bedroht fühlen. Die Beschwichtigungstaktik wird so lange funktionieren, bis sich unter den Opfern des mohammedanischen Terrorismus oder anderer Arten der Flüchtlingskriminalität ein ranghoher Bundespolitiker befindet. Weil diese durch besondere, für den Normalbürger unerreichbare Sicherheitsmaßnahmen geschützt werden, dürfte es bis dahin allerdings noch lange dauern.

(Bild: Christliches Medienmagazin pro, flickr, CC BY-SA 2.0)

Jahrgang 1986, hat Soziologie und Politikwissenschaft studiert und lebt als selbständiger Autor in Köln. Für die Schriftenreihe BN-Anstoß hat er bereits zwei Bände beigesteuert: Geopolitik. Das Spiel nationaler Interessen zwischen Krieg und Frieden (2015). Sowie: Die ganze Wahrheit. Meinungsfreiheit als Herrschaftsinstrument (2016).

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