Gesichtet

Die CSU – personell und inhaltlich längst insolvent

Was ist nur aus der früheren konservativen, patriotisch-bayrischen Partei geworden? Unter Seehofer und Söder hat die CSU ihre inhaltlichen Fundamente geschleift und versucht nun als grün lackierter Machterhaltungsverein das Mäntelchen stets in den Zeitgeistwind zu hängen.

Die jüngste Geschichte der bayerischen CSU-Politik ist ganz entscheidend von einer unglaublichen Anpassungsfähigkeit geprägt, die der Volksmund wohl als Rückgratlosigkeit bezeichnet. Anpassung bedeutet hier für die CSU-Führung nicht vernünftiger Umgang mit den Fakten und sachkundige Entscheidungen bei pragmatisch zu beurteilenden Lagen, sondern Anpassung in Hinsicht auf politische Grundpositionen.

Schon der frühere Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte selbst in den eigenen Parteikreisen den Namen „Drehhofer“ erhalten. Grund dafür war sein Einknicken im Spätherbst 2015, als er gegen die kriminelle totale Grenzöffnung der seinerzeitigen Bundeskanzlerin Merkel vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagen wollte. Süffisant vermerkt die Presse: „Aber dieser ephemere Anfall von Mut war schnell verrauscht und verraucht. Bald praktizierte Seehofer den Kotau vor der Kanzlerin.“

Nach „Drehhofer“ kam Söder als Ministerpräsident und als CSU-Vorsitzender. Er trieb es mit der CSU-Anpassungsfähigkeit auf die Spitze. Die schwindende Bedeutung der CSU wurde spätestens seit Söders Verhalten im Rahmen des „Kreuzerlasses“ vom April 2018 deutlich. Hatte der CSU-Parteichef mit Blick auf die christlich-sozialen Stammwähler erst angeordnet, dass im Eingangsbereich jeder Landesbehörde ein Kruzifix zu hängen habe, ruderte der ehrgeizige Franke alsbald zurück und betonte, dass Bayern ein liberal-konservatives Land sei und sich die CSU nicht auf das Konservative festlegen dürfe.

Das bundesweite Erstarken der Grünen verführte Möchtegern-Kanzler Söder dann sehr schnell dazu, grüne Positionen einzunehmen. Sein Motto für das CSU-Klimaprogramm deshalb: „Konjunktur und Klima zusammenbringen“. Auch das Aus für den Verbrennungsmotor 2035 wurde von Söder eifrig propagiert. Doch die Presse zeigte sich misstrauisch: „Umwelt- und Klimapolitik funktioniert […] nicht als Konjunkturgeschäft. Inhaltlich nicht, politisch nicht. Die Grünen legen auch deshalb zu, weil sie ihrem Thema unbeirrt treu geblieben sind.“

Doch selbst diese Partei, die sich in ihre Klimareligion geradezu verbohrt hat, kann die Wirklichkeit nicht ignorieren. Denn – man lese und staune – Söder und Habeck wollen nun Kernkraft weiter nutzen: Ministerpräsident Söder hat angesichts des militärischen Konflikts in der Ukraine eine Laufzeitverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke von drei bis fünf Jahren vorgeschlagen. Auch Bundeswirtschaftsminister Habeck zeigte sich offen für einen „Ausstieg aus dem Kernenergieausstieg“. Offenbar hat sich auch in grün-ideologisierten und in CSU-Kreisen herumgesprochen, dass der nahezu zeitgleiche Ausstieg aus Kernkraft und Kohle energiepolitischer Irrsinn ist.

Diese wiederholte Übernahme längst bekannter AfD-Positionen liegt vielleicht darin begründet, dass Habeck aufgrund seiner ministeriellen Verwendung erstmals korrekte Zahlen und Berechnungen für sein politisches Agieren nutzen muss. Vielleicht hat man auch einmal dem Bundesverband mittelständische Wirtschaft zugehört, der ein Moratorium für den Ausstieg aus Kohle- und Kernenergie gefordert hat.

BVMW-Bundesgeschäftsführer Markus Jerger warnte, dass – sollte es bei den Plänen der Bundesregierung bleiben – „die reale Gefahr eines flächendeckenden Blackouts“ bestehe. Er sagte: „Eine hochindustrialisierte Volkswirtschaft wie Deutschland braucht eine verlässliche Energieversorgung mit einem Höchstmaß an Unabhängigkeit“.

Gerd Mannes, stellvertretender Vorsitzender und energiepolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bayerischen Landtag, stellte jüngst fest: „Söder meinte nun wörtlich, man solle im Zusammenhang mit der Kernenergie keine ideologischen Debatten führen. Dass seine CSU seit Jahren jeden rationalen Diskurs zum Thema Kernkraft und Versorgungssicherheit blockiert, scheint ihm dabei entfallen zu sein.“

Genauso wie die Tatsache, dass die AfD-Fraktion seit Beginn der Legislaturperiode immerhin 21 Anträge zum Erhalt bzw. zum Ausbau der Kernenergie in Bayern in den Landtag eingebracht hat. Sie wurden von CSU, Freien Wählern und Grünen mit dem Argument abgelehnt, dass man trotz einer Stromversorgungslücke von 4,5 GW in Bayern ohne Weiteres auf die Kernkraftwerke verzichten könne. Eine Aussetzung des beschlossenen Ausstiegs aus der Atomkraft sei nicht umsetzbar. Nicht nur Gerd Mannes findet es daher erstaunlich, dass die CSU quasi über Nacht AfD-Forderungen übernimmt.

Auch Robert Birnbaum schrieb schon vor einiger Zeit im Tagesspiegel: „Als Söder Ministerpräsident geworden war, hat er zweierlei begriffen: Erstens, man kann als prinzipienarmer Springinsfeld an die Macht kommen; der Ruf ist in dem Amt aber auf Dauer abträglich. Zweitens, man muss den Wechsel ins seriöse Fach durchhalten. Die gleichen Regeln gelten für Parteien, die sich inhaltliche Kompetenz verschaffen wollen. Heute mal kurz Klimapartei, morgen schnell wieder vergessen – so funktioniert das nicht. Wähler, wir sagten es schon, honorieren, wenn es jemand ernst meint.“

(Bild: Markus Söder)

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