Gesichtet

Die „Ehe für alle“ schadet dem Wohl der Kinder

Eigentlich gehört es in Berlin nicht zum guten Ton, linksideologische Projekte zu kritisieren. Jedoch scheint es auch hier vermeintliche Ausnahmen zu geben.

So monierte unlängst die Bildungsministerin Anja Karliczek von der CDU die offizielle Linie in Bezug auf die „Ehe für alle“. Sie sagte in einem Interview auf ntv: „Ich glaube so, wie wir es gemacht haben, war es nicht richtig.“ Weiter forderte sie Langzeitstudien, die das Wohlergehen von Kindern untersuchen sollen. „Wir verschieben eine ganze Gesellschaft und reden nicht mal darüber.“

Liebe ist die Hauptsache?

Tatsächlich wurde das Projekt Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften mit der Ehe schon vor einiger Zeit still und heimlich am öffentlichen Diskus vorbei beschlossen. Kritik in Richtung Bildungsministerin ließ jedoch nicht lang auf sich warten. Die Kollegin aus dem Familienministerium Franziska Giffey (SPD) sagte darauf: „Schon heute belegen Studien, dass sich Kinder in homosexuellen Partnerschaften genauso gut entwickeln, wie in Familien mit Mutter und Vater.“ Die Hauptsache sei, die Eltern würden sich liebevoll um ihren Kinder kümmern. Und schon lehnt man sich entspannt zurück und klopft sich auf die Schulter. Wie so oft muss man nur das sozialwissenschaftliche Zauberwort „Studie“ fallen lassen und schon ist man aus dem Schneider.

Dabei ist bei der Bewertung von Studienergebnissen grundsätzlich immer eine gewisse Skepsis an den Tag zu legen. Vor allem, wenn es sich um Studien handelt, die Sachverhalte „belegen“, welche „denen da oben“ in die Karten spielen. Und in der Tat, führt man sich diverse Studien zu Gemüte, welche die Gleichwertigkeit von heterosexuellen und homosexuellen Partnerschaften unter dem Gesichtspunkt des Kindswohl belegen, stellen diese sich allzu oft als statistische Kartenhäuser heraus.

Nimmt man beispielsweise die Untersuchungen der American Physiological Association (APA) unter der Leitung von Charlotte J. Patterson aus dem Jahre 2005. Hier wurden 59 Studien zu besagtem Thema ausgewertet. Der daraus gezogene Schluss: „Keine einzige Studie fand, dass Kinder von lesbischen oder schwulen Eltern in irgendeiner signifikanten Weise im Vergleich zu Kindern von heterosexuellen Eltern benachteiligt waren.“ Diese Untersuchung der APA war immerhin maßgebliche Stütze derjenigen in der US-amerikanischen Politik, die in den letzten Jahren ebenfalls die Gleichstellung der Homo-Ehe vorangetrieben haben.

Schwule Paare ignoriert

Dabei stellte sich nach der eingehenden Prüfung von Loren Marks 2012 heraus, dass besagte 59 Studien das Papier nicht wert waren, auf dem sie gedruckt worden sind. Ein Ergebnis der Untersuchung war: Die meisten Studien legten als Grundlage für ihre Erhebungen kleine, homogene Stichproben von lesbischen Paaren zugrunde. Schwule Paare wurden zumeist nicht miteinbezogen. Das spricht nicht gerade für wissenschaftliche Arbeit.

Des Weiteren wiesen 26 der 59 Studien keine heterosexuellen Kontrollgruppen auf, welche zum Vergleich herangezogen wurden. In 13 weiteren Studien bestanden die Kontrollgruppen nur aus alleinerziehenden Müttern. Die übrigen 20 Studien hatten wohl Kontrollgruppen, definierten diese jedoch nicht genauer – also keine Aufschlüsselung in alleinerziehend, verheiratet, wiederverheiratet oder unverheiratet zusammenlebend.

Die bisherige Forschung hat jedoch in anderen Zusammenhängen den starken Einfluss der Familienstruktur auf das Kindeswohl aufgezeigt, beispielsweise bei Scheidungskindern. Wieso werden dann die Kontrollgruppen so schlampig gehandhabt und die Ergebnisse politischen Entscheidungen zugrunde gelegt?

Gender-Gaga

Auch ist die Definition von „Kindeswohl“ in einigen dieser Studien irreführend. In 20 der 59 Studien werden darunter lediglich Gender-Fragestellungen subsumiert, also wie es dem Kinde bezüglich seiner sexuellen Orientierung, der sexuellen Identität und der Geschlechterrollen gehen würde. Dinge, wie Armut, Bildung, Arbeitsmarktbeteiligung, Kriminalität und Drogenkonsum werden nicht einbezogen, obwohl genau das an dieser Stelle erwartet wird. Auch gibt es keinerlei Langzeitstudien, die die Auswirkungen von gleichgeschlechtlichen Eltern auf das spätere Leben des Kindes untersuchen. Dabei weiß man aus Scheidungskinder-Studien, dass oft erst im Erwachsenenalter etwaige Benachteiligungen deutlich auftreten.

Einige neuere Studien arbeiten ebenso unwissenschaftlich. So zum Beispiel die drei Studien von Jennifer Wainwright aus den Jahren 2004, 2006 und 2008, die ebenfalls zu dem Ergebnis kamen, es würden keinerlei Unterschiede in Bezug auf das Kindeswohl bestehen. Jedoch stellte sich heraus, in 26 der 44 untersuchten lesbischen(!!) Haushalte lebte der Vater oder zumindest eine Vaterfigur mit im Haushalt. Also ist die Aussage dieser Studien ebenfalls mit Vorsicht zu genießen.

Dabei gibt es durchaus Studien zu diesem Thema, die wissenschaftlich arbeiten. Eine ältere Studie ist aus dem Jahr 1996. Hier befragte Sotirios Sarantakos Kinder aus homosexuellen und heterosexuellen Paaren. Dabei sind die Kontrollgruppen klar definiert. Die Studie kam zu dem Ergebnis, Kinder, die bei verheirateten heterosexuellen Paaren aufwuchsen, zeigten die besten schulischen Leistungen und waren auch in Sachen Sozialkompetenz am besten. Kinder aus homosexuellen Haushalten seien hingegen am verunsichertsten in Bezug auf ihr soziales Geschlecht. Dennoch wurde diese Studie im Bericht des APA nicht berücksichtigt. Vielleicht, weil sie ein „falsches“ Ergebnis präsentierte?

Kinder aus normalen Familien haben es am besten

Weitere neuere Studien bekräftigen diese Aussage. So beispielsweise zwei Studien des Forschers Mark Regners aus dem Jahre 2012. Darin wurden Kinder zwischen 18 und 39 Jahren aus den verschiedensten Familientypen befragt. Damit wurde nicht nur ermöglicht, die einzelnen Familiengruppen miteinander zu vergleichen, sondern auch die Langzeitauswirkungen dieser auf die Kinder. Festgestellt wurden daraufhin „zahlreiche, beständige Unterschiede“, vor allem zwischen Kindern mit lesbischen Müttern und verheirateten heterosexuellen Eltern.

Dabei schnitten erstere am schlechtesten, beziehungsweise letztere am besten ab. Kinder mit lesbischen Müttern hatten ein ungleich höheres Risiko im Erwachsenenalter arbeitslos zu sein oder eine außereheliche Affäre zu haben. Auch stellte die Studie ein höheres Missbrauchsrisiko für Kinder mit homosexuellen Eltern fest. Regners weist jedoch darauf hin, dass die Ursache dieser „sehr großen, statistisch signifikanten Unterschiede“ nicht mit letzter Sicherheit festgestellt werden könne.

Eine Studie aus Kanada von 2013 bestätigt die Ergebnisse Mark Regners. Demnach hätten Kinder aus gleichgeschlechtlichen Haushalten eine bis zu 35 Prozent geringere Chance, einen High-School Abschluss zu machen, als Kinder mit verheirateten heterosexuellen Eltern. Demnach ist es in besonderem Maße dem Kindeswohl zuträglich, bei den leiblichen Eltern aufzuwachsen.

Eine weitere hochinteressante Studie ist die von D. Paul Sullins von 2015. Darin wertet er die Daten von insgesamt 207.007 Kindern aus, welche im Zeitraum von 1997 bis 2013 erhoben wurden. Das Ergebnis: Das Risiko, emotionale Probleme zu haben, ist bei Kindern, die bei gleichgeschlechtlichen Paaren lebten und leben, demnach bei 9,3 Prozent. Bei Kindern aus gegengeschlechtlichen Haushalten hingegen bei 4,4 Prozent und damit nur halb so hoch. Wenn als Kontrollgruppe nur verheiratete gegengeschlechtliche Paare genommen werden, ist das Risiko für emotionale Probleme bei Kindern aus gleichgeschlechtlichen Elternhäusern sogar dreimal höher.

Soziale Stigmatisierung ist nicht der Grund der Nachteile

Eine zweite Studie von Sullins aus dem gleichen Jahr untersucht die Daten in Bezug auf das Risiko, an ADHS zu leiden. Auch hier ist das Risiko von Kindern mit homosexuellen Eltern ungleich höher als bei Kindern mit Vater und Mutter. Kinder aus ersterer Gruppe leiden zu 14 Prozent an ADHS, aus letzterer Gruppe nur zu 6,8 Prozent.

Des Weiteren fand Sullins heraus, dass die Hypothese, demnach etwaige Unterschiede vor allem auf die „soziale Stigmatisierung“ der Kinder aus homosexuellen Haushalten zurückzuführen seien, nicht zutrifft. Ebenfalls nicht zutreffend sei die Hypothese, die „geringere Familienstabilität“ bei lesbischen oder schwulen Paaren sei für die Unterschiede verantwortlich. Demnach wären homosexuelle Eltern  dem Kindeswohl im Vergleich zu heterosexuellen Eltern auch bei gleicher Familienstabilität und gänzlich ohne soziale Stigmatisierung abträglich.

Eine dritte Studie, die Sullins 2015 vorlegte, fand etwas ebenso Bemerkenswertes heraus: War der Faktor „Ehe“ bei gegengeschlechtlichen Paaren immer ein stabilisierender, welcher sich positiv auf das Kindeswohl auswirkte, so gegenläufig war die Tendenz bei gleichgeschlechtlichen Paaren. So wurden Kinder bei verheirateten Homosexuellen sogar öfter missbraucht und litten unter Angststörungen, als Kinder bei nichtverheirateten lesbischen oder schwulen Eltern. Gleichzeitig ergab die Studie, dass homosexuelle Eltern genauso liebevoll zu ihren Kindern wären wie heterosexuelle Eltern. Die bestehenden Unterschiede seien dadurch aber nicht nennenswert beeinflusst.

Homo-Ehe: Schritt in die falsche Richtung

Für die Homo-Ehe gilt daher: Sind Kinder unter dem Aspekt Kindeswohl schon bei unverheirateten homosexuellen Eltern benachteiligt, so erst recht bei verheirateten homosexuellen Eltern. Die Legalisierung der Homo-Ehe war also ein Schritt genau in die falsche Richtung. Dieser Aspekt ist auch darum so interessant, weil er anzeigt, dass die Maßstäbe, die für heterosexuelle Paare gelten, also nicht notwendig auf homosexuelle Paare übertragbar sind. Demnach sollte man in Zukunft tunlichst darauf verzichten eine Angleichung vorzunehmen.

Für die Familienministerin bedeutet das allerdings, dass sie sich ihre Politik der ewigen Egalisierung aus dem Kopf schlagen kann. Schließlich weisen gerade die Studien, auf die sie sich offenbar bezieht, erhebliche methodische Mängel auf, wohingegen Studien mit wissenschaftlicher Methodik zu gänzlich anderen Ergebnissen kommen. Und wenn die Bildungsministerin lediglich ein Problem damit hat, dass Kinder aus homosexuellen Haushalten „diskriminiert“ würden und daraus die Nachteile für diese entstünden, kann man ihre Kritik an dem politischen Umgang mit der Ehe für alle auch nur als scheinkonservative Nebelkerze verbuchen.

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