Anstoß

Die Mär von der „modernen Frau“

Was ist das eigentlich mit dem „Mein Bauch gehört mir“? Dieser Satz ist wohl einer der unsterblichen in der Frauenbewegung.

Begonnen 1972 mit dem ersten sogenannten „Bundesfrauenkongress“ ist er auch heute noch in Gebrauch. Es vergeht wohl keine Demonstration gegen Abtreibung, keine Debatte in irgendeinem Schmierenblatt dieser Nation, wo nicht auch dieser Satz vorwurfsvoll jenen vor die Füße geschmissen wird, die im Verdacht stehen, in irgendeiner Weise gegen dieses Diktum zu verstoßen.

Selbstbestimmung über eigenen Körper

Dieser Satz, so scheint es, ist eng mit der Frauenbewegung in Deutschland und der ganzen Welt verbunden. Die Aussage, Herr (oder Frau) über den eigenen Bauch (besser: über die Fähigkeit, Kinder austragen zu können) zu sein, als Kernaussage der Frauenemanzipation? So sagte bereits Margaret Sanger (1873-1966) – wohl die Ahnfrau des Feminismus – die Frau sei „the absolute mistress of her own body“. Soll heißen, auch wenn der böse Mann der unterdrückten Frau alles verweigern sollte: die Selbstbestimmung der Frau setzt mit der Selbstbestimmung über ihren eigenen Körper an. Dabei ist die konkret sexuelle Komponente dieser Aussage nicht zu übersehen.

Das Recht auf die Entscheidung, schwanger, beziehungsweise Mutter zu werden, ist demnach der Kern weiblicher Selbstbestimmung. Daraus folgt aber laut Sanger auch, dass eine Frau das Recht habe, jederzeit diese Schwangerschaft zu beenden. Diese Ansicht hat sich auch heute, rund ein Jahrhundert später, nicht geändert.

So kann eine Alice Schwarzer nach wie vor behaupten, die Debatte um die Präimplantationsdiagnostik (PID) im Jahre 2011 sei frauenfeindlich aufgeladen, da Abgeordnete aller Parteien „doch allen Ernstes dafür (sind), dass der Bruchteil eines Millimeter kleinen Zellhaufens eines befruchteten Eis nicht vor der Einpflanzung in den Mutterleib auf schwere, vererbbare Krankheiten untersucht werden darf, da es sich dabei um ‚werdendes Leben‘ handele.“ Dass dieser Eingriff aber nur deshalb durchgeführt wird, damit man gegebenenfalls früh genug abtreiben kann, liegt dem implizit zugrunde. Und das, obwohl nach naturwissenschaftlichen Kriterien dieser „Zellhaufen“ zweifelsfrei ein Mensch ist. Eine moralische Umwertung grundlegender Werte und Sitten.

Die Lücke zwischen Recht und öffentlichem Rechtsempfinden

Diese Umwertung ist aber nicht neu. Sie scheint schon Ende der 60er Jahre weitestgehend abgeschlossen gewesen zu sein. 1969 stand auf Abtreibung noch fünf Jahre Gefängnis. In diesem Jahr wurden aber lediglich 276 Frauen aufgrund illegaler Abtreibung verurteilt. Zwischen Recht und Rechtsempfinden klaffte damals schon eine nicht unwesentliche Lücke. Heute ist es umso deutlicher, wenn man sich zu Gemüte führt, was diverse Abgeordnete in Berlin zu diesem Thema von sich geben.

So zum Beispiel der ehemalige CDU-Abgeordnete Peter Hintze: „Selbstbestimmung ist Kern der Menschenwürde“. Demzufolge hätten aber auch bewusstlose oder schlafende Menschen keine Selbstbestimmung, ebensowenig hätten dies Kleinkinder. Aber die Potenz auf Selbstbestimmung zählt ja anscheinend nicht. Denn Embryos besitzen diese Potenz ebenfalls.

UNO: Frauen allein verantwortlich für Reproduktion

Selbstbestimmung der Frau ist also primär eine Freiheit in sexueller und in familienplanerischer Hinsicht. Ist der Umstand, dass man weibliche Selbstbestimmung auf diese zwei Aspekte im Wesentlichen eindampft nicht schon Fremdbestimmung, also keine Selbstbestimmung mehr? Für diese Eindampfung zumindest sprechen diverse Verlautbarungen der UNO. 1968 wurden in Teheran die „reproductive Rights“ verabschiedet. Frauen seien alleinig verantwortlich für die Planung und Gestaltung von Reproduktion. Einige Jahre später wurde man in Kairo noch deutlicher.

1994 bestimmte man, sexuelle Selbstbestimmung von Frauen sei ein Menschenrecht und daher mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen, auch wenn es auf Kosten anderer gegen sollte. Der Zweck heiligt nun mal die Mittel.

Problem: Überbevölkerung

Die Familienplanung obliegt also der Frau. Wenn dies doch aber ein Akt der Selbstbestimmung sein soll, warum wird dann immer wieder das Argument der „Überbevölkerung“ angestrengt? Frauen werden stets angehalten, an diesen Aspekt zu denken, wenn sie ihre Familie zu planen beginnen. Alles andere wäre schließlich unverantwortlich. Oft genug müssen sich Frauen anhören, sie würden unverantwortlich handeln, wenn sie viele Kinder bekommen würden.

Wenn die sexuelle Selbstbestimmung aber ein Menschenrecht sein soll, warum versucht man Frauen dann Vorschriften diesbezüglich zu machen? Man entscheidet schließlich auch nicht, willkürlich eine Milliarde Menschen auszuwählen und diese zu erschießen, da: Überbevölkerung. Schließlich gibt es ja ein unbedingtes Recht auf Würde und damit auf Leben. Dann sollte man sich gefälligst auch entscheiden, ob sexuelle Selbstbestimmung nun ein Menschenrecht ist und den Frauen nicht mehr reinreden oder man bevormundet sie weiterhin und gibt aber zu, dass dieses Menschenrechtsgedöns nichts als Schall und Rauch ist. Oft genug hat man ohnehin das Gefühl, dass dieses „Menschenrecht“ nur partiell für die Frauen gilt, die keine Kinder bekommen wollen und nicht für die, die sich eine große Familie vorstellen können.

Kinder als reinster Horror

In die gleiche Richtung geht dieses ganze Geschwätz davon, dass Frauen unbedingt Karriere machen sollten, bevor sie dann irgendwann einmal vielleicht an Kinder denken. Kinder bekommen, wird heute vermittelt, sei der reinste Horror. Es ist anstrengend, man hat keinen Urlaub und es kostet unendlich viel Geld. Eine Kariere hingegen, ja die wertet eine Frau auf. Die macht sie selbstständig und unabhängig von den Männern. Nur mit einer Karriere könne eine Frau sich selbstverwirklichen.

Und falls es doch zu einem Kind kommen sollte, kann man dieses ja schließlich direkt nach dem Wochenbett in die Kita stecken. Hauptsache die Selbstverwirklichung leidet nicht darunter. Frauen, die hingegen zu Hause bleiben wollen, werden abschätzig als „Cappuccino-Mütter“ oder „Heimchen am Herd“ betitelt. Man wirft ihnen vor, den großen Traum der weiblichen Emanzipation zu unterminieren, da sie sich mit diesem Verhalten freiwillig in patriarchale Strukturen pressen lassen und ihre Geschlechtsgenossinnen im Business-Life damit in den Rücken fallen.

Wie kann das sein? Ist es nicht Menschenrecht, also gutes Recht der Frau, auch so zu entscheiden? Offenbar nicht! Ganz davon abgesehen, dass diese Mütter den wohl wichtigsten Job machen, nämlich für die Zukunft dieses Landes Sorge zu tragen. Also mehr „Karriere“ geht wohl kaum!

„Selbstbestimmung“ schadet der Selbstbestimmung

Die ganze Rhetorik von sexueller Selbstbestimmung der Frau als Menschenrecht will – wenn man es genauer betrachtet – Frauen keinesfalls in einer wie auch immer gearteten Weise befreien, sondern vielmehr genau das Gegenteil bewirken. Denn hinter diesem ganzen Menschenrechts-Gerede stehen knallharte ökonomische Berechnungen.

Seit es die Industrialisierung hergibt, dass Frauen nicht mehr notwendigerweise arbeiten mussten und stattdessen zu Hause bei den Kindern bleiben konnten – ja, dieser Umstand der Arbeitsteilung war mal eine große Errungenschaft des Fortschritts – ist dem Arbeitsmarkt die Hälfte des potenziellen Humankapitals verloren gegangen. Dieser Umstand geriet in den 70er Jahren wieder in den Fokus der Wirtschaft. Auch der Staat konnte sich mit der Idee der arbeitenden Frau zunehmend anfreunden, denn mehr Arbeitskräfte bedeuteten mehr Steuerzahler, also höhere Staatseinnahmen.

Somit bekam die Frau einen ökonomisch messbaren Mehrwert für die Gesellschaft. Es etablierte sich die Ansicht: Erst Karriere, dann Kinder. Das sagt aber nichts anderes, dass die Frau ihre besten Jahre der Wirtschaft und dem Staat opfern soll und dann, wenn sie nicht mehr gebraucht wird, kann sie ja Kinder bekommen, so als Beschäftigung im Alter.

Künstliche Befruchtung auf Kosten des Arbeitgebers

Nichts anderes steht auch hinter der Idee des Egg Freezing. Radikalkapitalistische Firmen wie Google oder Apple bieten ihren weiblichen Mitarbeitern sogar an, die Kosten dafür zu übernehmen. Nur damit die Frau als Arbeitskraft nicht ausfällt. Hier wird eine nüchterne Kosten-Nutzen-Rechnung aufgestellt und was soll man sagen? Die Kinder verlieren. Und auch die Frauen. Denn eine künstliche Befruchtung mit eingefrorenen Eizellen funktioniert nur in rund zehn Prozent der Fälle.

Auch die ständige Forderung, Frauen sollten ihre ungeborenen Kinder auf Erbkrankheiten und Behinderungen untersuchen lassen, resultiert aus einer ökonomischen Kosten-Nutzen-Rechnung. Wenn nämlich bei einer schwangeren Frau festgestellt werden sollte, dass ihr Kind behindert ist, wird sie oft dazu gedrängt, abzutreiben. Schließlich sie es ja niemandem zuzumuten, ein behindertes Kind großzuziehen. Viel zu anstrengend. Auch wäre es dem Kind gegenüber nicht fair, es am Leben zu lassen. Schließlich könne es aufgrund der Behinderung das Leben nicht wirklich genießen.

Bis auf den Umstand, dass diese Art zu denken absolut widerlich und menschenverachtend ist (denn wer hat bitteschön das Recht zu entscheiden, welches Leben lebenswert ist?), entbehrt es nicht einer gewissen ökonomischen Logik. Schließlich kostet ein behindertes Kind den Staat und die Krankenkassen viel mehr als ein gesundes. Außerdem wird es später mal nicht so viele Steuern zahlen können, also doppelt schlecht. Und wenn sich einer der Eltern auch noch dazu entschließen sollte, seinen Job an den Nagel zu hängen, um das pflegebedürftige Kind zu versorgen, fällt auch noch eine ganze Arbeitskraft weg. Na toll!

Die Frau als Arbeitskraft und Melkkuh des Steuerstaates

Das Bild der modernen, selbstständigen Frau ist also weder modern, noch selbstständig, noch besonders attraktiv. Sie trägt nicht nur die Verantwortung für die Gesundheit ihres Kindes (PID, Abtreibung), für die Familienplanung (Egg Freezing, Sterilisation, Abtreibung) und gegenüber dem Arbeitgeber (potenzielles Ausscheiden bei Kindern), sondern auch gegenüber Staat und Gesellschaft mit der Aufforderung durch die Blume, gefälligst möglichst lang Steuern zu zahlen.

Und schon hat das Ideal der modernen Frau erheblich an Gefunkel eingebüßt. Und selbstbestimmt kann man das ja wohl kaum nennen. Schließlich wird heute an der Frau von allen Seiten gezerrt. Es wird gefordert, gefordert und nochmals gefordert, aber geben will man nichts. Die Person bleibt dabei völlig auf der Strecke.

(Bild: Pixabay)

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