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Eine Frage der Ehre

Skandale, Intrigen und Fehlverhalten aufzudecken, ist richtig und wichtig. Aber auch hier gibt es einen Anspruch an die Aufklärer.

Es ist einfach, jemanden zu beschuldigen. Besonders wenn man, gleich einem Heckenschützen, unerkannt aus der Deckung sein Ziel angreift. Vorwürfe abfeuern und abtauchen. Und wer seiner Offensive noch mehr Durchschlagskraft verleihen möchte, fährt mit genügend Beweisen, die seine Vorwürfe auch stichhaltig untermauern, richtig schwere Geschütze auf. Der Beschuldigte sollte besser in Deckung gehen.

Schlachtfeld Medien

Schwere Schlachten werden heute selten noch auf dem Schlachtfeld, sondern über die Medien ausgetragen. Derzeit sieht man einen kleinen, hinterhältigen Angriff auf den CDU-Politiker Norbert Lammert. Er soll vor knapp 40 Jahren bei seiner Dissertation unwissenschaftlich gearbeitet haben. Die Vorwürfe erhebt ein anonymer Plagiatsjäger. Dieser verwendet ein Pseudonym, um unerkannt zu bleiben. Denn er möchte Zeitungsberichten zufolge nicht in der Öffentlichkeit stehen.

Besonders ritterlich ist sie nicht, diese Taktik. Aber bequem. Schlägt der Angriff fehl, ist man fein raus, man muß sich nicht verantworten. Oder gar Strafen fürchten. Einen anderen Weg haben – ausgerechnet? – zwei Mitarbeiter amerikanischer Sicherheitsdienste beschritten.

Edward Snowden ist für viele mittlerweile ein Held. Weil er veröffentlicht hat, mit welchen Methoden die NSA die Welt ausspioniert. Seitdem ist er auf der Flucht und erhofft sich politisches Asyl in Rußland oder Südamerika. Die Vereinigten Staaten haben seinen Reisepaß für ungültig erklärt, sollte er US-amerikanischen Boden betreten, würde man ihn sofort verhaften. Er würde dann wegen Spionage angeklagt werden.

Den Kopf hinhalten

Gegen den Whistleblower Bradley Manning sprach ein US-Militärgericht nun sein Urteil aus: Wegen Spionage und der Weitergabe von geheimen Informationen (Diebstahls von Regierungseigentum) an die Internet-Plattform WikiLeaks (Computerkriminalität) wird er jetzt erst einmal viele Jahre hinter Gittern sitzen. Im Anklagepunkt „Unterstützung des Feindes“, der auch zur Todesstrafe führen kann, wurde er jedoch nicht schuldig gesprochen.

Die beiden Amerikaner haben Informationen verraten, die für den Staat von wesentlich wichtigerer Bedeutung sind als die Dissertation eines Bundestagspräsidenten. Und Snowden und Manning wußten, welche negativen Konsequenzen ihre Handlungen für ihr eigenes Leben haben würden. Dennoch haben sie den Mut aufgebracht. Andere sind selbst bei einer Kleinigkeit wie einer Doktor-Arbeit zu feige, öffentlich zu ihrem Angriff zu stehen. Geheimnisverrat und Denunziationen sind also auch eine Frage der Ehre und des Anspruches.

(Bild: Vincent Diamante/ Wikipedia / CC)

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