Gesichtet

Erneuerbare Energie (I): Sie verspricht so viel und hält so wenig

Erneuerbare Energie. Eigentlich ein hoffnungsschwangeres Wort. Es verspricht Energie im Überfluss, so viel und so oft man will. Freilich sieht die Realität gänzlich anders aus.

Dabei kommt es durchaus ab und an vor, dass der tagesaktuelle Energiemix, der aus der Steckdose kommt, zum Großteil „grün“ ist. So überschlug sich die WELT in einer Meldung vom 11. Mai 2016: „Noch nie ist in Deutschland so viel Energie aus Wind und Sonne genutzt worden, wie am sehr sommerlichen Muttertag.“ Insgesamt 87,6 Prozent sollen es gewesen sein.

Wenn keine Sonne scheint und der Wind nicht bläst …

Dennoch ist das kein Grund zum Feiern. Schließlich gibt es auch Tage, in welchen unsere Windparks und Photovoltaik-Anlagen schlicht untätig sein müssen, nämlich immer dann, wenn keine Sonne scheint oder kein Wind bläst. Ein Beispiel ist der 10. Januar 2019. Um 14 Uhr mittags waren es gerade einmal 12,3 Prozent.

Dennoch scheint das aus Sicht des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie nicht allzu schlimm zu sein. Schließlich hätten wir ja das sogenannte EEG: „Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das im Jahr 2000 in Kraft getreten ist, ist der Motor für den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland. Mit der Reform des EEG im Jahr 2014 folgte ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer erfolgreichen Energiewende.“ Vom Ausbau der kostengünstigen Wind- und Solarenergie ist hier die Rede.

So soll bis 2050 mindestens 80 Prozent des deutschen Stroms aus grüner Energie gewonnen werden und die gesamte verbrauchte Energie aus mindestens 60 Prozent. Im Jahre 2017 soll es immerhin schon ein Anteil von rund 38 Prozent des Nettostroms (Bruttostrom: 35 Prozent) gewesen sein. Gründe dafür werden auch genannt: durch den Ausbau der erneuerbaren Energie werden die fossilen Energievorräte und das Klima durch reduzierten CO2-Ausstoß geschont – so zumindest die offizielle Linie.

Wasserkraft und Biogas

Nimmt man an dieser Stelle einmal an, die angeführten Argumente für den Ausbau der „Erneuerbaren“ stimmen, so steht die Energiewende dennoch vor einigen nicht oder nur schwer zu lösenden Aufgaben, die wohl am besten als Strukturprobleme beschrieben werden können. Denn den Hauptteil dieser 80 Prozent werden Wind und Sonne liefern müssen. Alternativen wären Wasserkraft und Biogasanlagen.

Ersteres ist in Deutschland jedoch schon mehr oder weniger ausgereizt und bei Biogasanlagen muss man sich nicht nur die Frage der Klimaneutralität, der Effizienz und der Umweltfreundlichkeit stellen, sondern auch die der ethischen Vertretbarkeit. Wasserkraft und Biogas sind derzeit mit rund 13 GW installierter Leistung vertreten und viel mehr wird es wohl auch nicht werden.

Das Stromnetz verzeiht keine Fehler

Zunächst einmal muss jedoch allen Beteiligten klar sein, dass Strom an sich nicht speicherbar ist, daher muss immer genauso viel erzeugt werden, wie tatsächlich verbraucht wird. Dabei ist zu beachten: Das deutsche Stromnetz wird bei einer Frequenz von 50 Hz betrieben und sollte auch bei dieser „Soll-Frequenz“ gehalten werden, da es andernfalls zu massiven Störungen und Ausfällen – gar Zusammenbrüchen – kommen kann. Das Stromnetz ist ein äußerst sensibles Ding und verzeiht keine Fehler.

Nun ist derzeit bereits genug Leistung in Form von Wind- und Solarkraftwerken installiert, dass zumindest theoretisch der Energieverbrauch des Landes zu 100 Prozent mit grüner Energie gedeckt werden könnte. So liegt die benötigte Leistung hierzulande in der Regel zwischen 40 und 80 Gigawatt (abhängig davon, ob es Tag oder Nacht, Werktag oder Feiertag, Sommer oder Winter ist).

Die installierte Leistung der Photovoltaikanlagen in Deutschland betrug 2107 42,3 GW, die der Windanlagen 55,7 GW. Rechnet man das gegen, so hat man sogar einen installierten Überschuss, nämlich insgesamt 98 GW installierte Leistung. Bereits 2013 war es genug installierte Leistung, dennoch wurde und wird weiterhin kräftig ausgebaut.

Nun wird es aber immer bei einer „theoretischen“ Leistung bleiben, denn weder scheint immer die Sonne, noch bläst ständig der Wind. Tatsächlich ist die „Ausbeute“ aus Wind und Sonne in Deutschland nicht besonders gut. So bringt in Deutschland von den theoretischen 8760 Stunden im Jahr die Sonne in nur 850 Stunden (man spricht von äquivalenten Volllaststunden) die volle Leistung.

Das bedeutet: auch wenn man allein die PV-Anlagen so ausbauen würde, damit die installierte Leistung ausreichen würde, um den deutschen Energiebedarf zu decken, könnte man dennoch nur rund 10 Prozent des deutschen Stroms mithilfe der Solarenergie produzieren. Dann ist Schluss.

Mit Windkraft sind maximal 20 Prozent des Strombedarfs zu schaffen

Der Wind bringt es immerhin auf rund 1700 äquivalente Volllaststunden. Daher könnte die Windkraft maximal 20 Prozent des deutschen Strombedarfs decken. Offshore-Windparks könnten dies auf bis zu 4000 äquivalente Volllaststunden steigern, was rund 45 Prozent wären. Natürlich kann man die Beiträge nicht einfach addieren, da sich Sonnenschein und Wind häufig überlappen.

Das heißt aber auch im Umkehrschluss, wenn Wind- und Solaranlagen immer weiter ausgebaut werden, wird es alsbald immer mehr Tage geben, in denen das Vielfache der eigentlich benötigten Energie produziert wird. Weiterhin wird es aber auch Tage geben, an welchen kein Wind weht und die Sonne nicht scheint.

Kohlekraftwerke im Leerlauf

Strom aus Wind und Sonne ist also eine unstete Angelegenheit. Da jedoch die Netzfrequenz bei 50 Hz gehalten werden muss, müssen konventionelle Kraftwerke weiterhin betrieben werden, da diese regelfähig sind, sprich bei einem Kohle- oder Gaskraftwerk kann man nach Bedarf die Produktion drosseln und intensivieren. So werden diese jedes Mal reihenweise vom Netz genommen, wenn die Sonne ausreichend scheint oder der Wind weht.

Jedoch kann man jene vom Netz genommenen Kraftwerke dann nicht herunterfahren, sondern muss sie im „Leerlauf“ weiterbetreiben, da sie andernfalls nicht schnell genug wieder in Betrieb genommen werden können, falls der Wind abflaut oder Wolken aufziehen. Auch ist es wirtschaftlich noch unrentabler, die Kraftwerke die ganze Zeit an- und auszuschalten, weil das hoch- und herunterfahren dieser im Stundentakt mehr kostet, als sie im Leerlauf weiterlaufen zu lassen.

Also müssen die konventionellen Kraftwerke trotz weiterem Ausbau der erneuerbaren Energien als „drehende Reserve“ weiterbetrieben werden. Man stelle sich das so vor: Es scheint die Sonne und liefert damit genug Strom, dass einige Gas- und Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden können. Nun ziehen aber überraschenderweise Wolken auf und beenden somit die hohe Solarstromproduktion.

Die Folge wäre ein rapider Abfall in der Netzfrequenz. Um diesen zu verhindern, koppelt man die vorher vom Netz genommenen Kraftwerke einfach wieder an selbiges. Die Masse der sich drehenden Turbinen übernimmt hierbei die Funktion einer ersten Stabilisierung. Nun werden die Kraftwerke wieder zu voller Leistung hochgefahren und übernehmen so lang die Energieversorgung, bis wieder die Sonne scheint.

Die Priorisierung des grünen Stroms

Nimmt man diese Faktoren zusammen, muss man feststellen: nach jetzigem Stand kann der Strom in Deutschland nur zu rund einem Drittel aus erneuerbaren Energien geliefert werden, vorausgesetzt man will nicht auch noch den letzten Rest an Wirtschaftlichkeit in der deutschen Energieindustrie in den Wind schlagen. Wie kann es daher sein, dass Wind und Sonne teilweise über drei Viertel der benötigten Energie liefern und im Schnitt jetzt schon mehr als ein Drittel des deutschen Strommix ausmachen?

Das liegt daran, dass das EEG eine Priorisierung des grünen Stroms vorschreibt. Also immer, wenn Solar- oder Windstrom verfügbar ist, muss dieser auch ins Netz eingespeist werden – zulasten der konventionellen Kraftwerke, die zusehends wirtschaftlich ineffizienter werden, weil sie ständig vom Netz gehen müssen und somit einen immer größer werdenden Teil ihrer Zeit im Leerlauf verbringen und in dieser Zeit selbstverständlich auch keine Gewinne erwirtschaften können, sondern nur Kosten verursachen.

Erschwerend kommt hinzu, dass konventionelle Kraftwerke nur bis zu einem gewissen Punkt ihre Leistung herunterfahren können. Danach muss man aus technischen Gründen diese komplett ausschalten. Was aber dazu führt, dass bei einer überraschenden Flaute oder aufziehenden Wolken nicht mehr genug Kraftwerke in Reserve drehen, um den Abfall der Netzfrequenz zu verhindern.

Die Lösung wäre das Abschalten von Windrädern oder Solarparks, was eigentlich kein Problem darstellt, weil diese innerhalb kürzester Zeit wieder betriebsbereit wären. Jedoch verbietet das EEG solch ein Vorgehen, da es vorsieht alle Wind- und Solaranlagen nur dann abzuschalten, wenn es aus physikalischen Gründen notwendig wird – aber keine Sekunde früher.

Das Speicherproblem

Gänzlich anders würde sich die Sache verhalten, wenn man das Speicherproblem lösen könnte – die große Hoffnung jedes Befürworters einer „Energiewende“. Da Wind und Sonne sehr unbeständige Energielieferanten sind, muss hier für ausreichend Speicherkapazität gesorgt werden, damit energetische Engpässe vermieden und die Netzstabilität durch Glättung der fluktuierenden Energieerzeugung garantiert werden kann.

Beide Aufgaben müssen gesondert behandelt werden. Denn die Speicher für die Überbrückung von Engpässen müssen immer voll sein, weil man sie auch sehr überraschend benötigen kann. Die Speichermöglichkeit zur Glättung der unsteten Energieerzeugung hingegen muss ein ausreichendes Volumen haben.

Flauten können unter Umständen längere Zeit andauern. So beispielsweise, als nach dem Sturmtief „Xaver“ im Dezember 2013 fünf Tage lang weder die Sonne schien, noch der Wind wehte. Oder die sogenannte Dunkelflaute im Januar 2017, in welcher wochenlang rund 26.000 Windkraftanlagen und über 1,2 Millionen Solaranlagen ihren Betrieb einstellen mussten. So kann als Minimalanforderung ein Überbrückungszeitraum von zwei Wochen angesetzt werden.

Deutschland verbraucht rund 636 TWh pro Jahr, also 24 TWh in zwei Wochen. Bei einer EEG-Quote von 80 Prozent – wobei rund 15 Prozent von den weitestgehend regelfähigen Wasserkraft- und Biogasanlagen beigesteuert werden können – verbleiben 65 Prozent bei Wind und Sonne. Damit benötigt man hier ein Speichervolumen von mindestens 16 TWh. Diesem Volumen kann man noch mindestens 4TWh für die Stabilisierung der Netzfrequenz hinzuzählen – wobei das sehr schwer abzuschätzen ist und eher als Minimum angesehen werden kann – und muss daher mit einem Mindestspeichervolumen von rund 20 TWh rechnen.

Pumpspeicherkraftwerke um Faktor 500 ausbauen?

Nun sind derzeit Pumpspeicherkraftwerke die einzigen „Stromspeicher“, die einigermaßen rentabel sind. Andere Speichermethoden, wie Batterien und Wasserstoffgewinnung durch Elektrolyse, kommen aus quantitativen und qualitativen Gründen nicht infrage. Deutschland betreibt derzeit 35 mittelgroße Pumpspeicherkraftwerke mit einem Gesamtvolumen von 0,04 TWh. Man müsste diese also um den Faktor 500 ausbauen oder anders gesagt: der Bau von rund 20.000 neuen Pumpspeicherkraftwerken wäre für das strukturelle Gelingen der Energiewende erforderlich. Schlicht gesagt: eine finanzielle und geographische Unmöglichkeit.

Hinzu kommt noch der Umstand, dass rund 3.000 Kilometer neue Hochspannungsleitungen und 200.000 km Mittel- und Niederspannungsleitungen gebaut werden müssten. Dagegen sträuben sich jedoch alle Parteien – inklusive der Grünen –, weil das erstens beim Wähler nicht gut ankommt, zweitens sehr viel kostet und drittens nur zulasten der Natur geschehen könnte. So müssten Hochspannungsleitungen beispielsweise durch das Naturschutzgebiet des Wattenmeers gelegt werden.

Die Energiewende ist aus vielerlei Gründen nicht möglich – zumindest nicht im derzeit betriebenen Stil. Das liegt nicht primär an der Unbeständigkeit von Wind und Sonne oder der geringeren Energiedichte dieser Energieformen, sondern schlicht an dem Fehlen einer geeigneten Speichertechnik. So werden trotz des weiteren, offensiv betriebenen Ausbaus von Windparks und Photovoltaikanlagen konventionelle Kraftwerke nicht ausgeschaltet werden können.

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass die Energiewende ein rein ideologisches Projekt war, ist und bleibt. Denn hier wird nicht weniger aufs Spiel gesetzt als der Erhalt unserer Zivilisation. Es wird in Kauf genommen, dass das ehemals krisensichere deutsche Stromnetz immer störanfälliger wird. Das Risiko eines totalen Zusammenbruchs des Stromnetzes, also eines Blackouts steigt immer weiter an.

So musste früher außerhalb der automatischen Regelungssysteme rund zweimal im Jahr zur Aufrechterhaltung der Sollfrequenz in das Stromnetz eingegriffen werden. Heute sind es über eintausend Eingriffe pro Jahr. Das sind mehrere Eingriffe am Tag. Was die Ausnahme bleiben sollte, wurde zur Regel, indes die Frequenzschwankungen zugenommen haben. Und wenn hier erst einmal die Lichter ausgehen, wird es auch in zivilisatorischer Hinsicht dunkel.

(Bild: Pixabay)

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