Gesichtet

„Es gibt Mädchen mit Penis und Jungen mit Vulva.“

In Spanien gibt es fast keinen Tag mehr, an dem die Medien keinen Bericht zum Thema „Transsexualität Minderjähriger“ bringen. Den Leuten soll eingebläut werden, dass die Kleinen ein Recht auf ihr Anderssein haben.

Einen Höhepunkt bildete im Januar eine Kampagne im Baskenland und Navarra: Mit finanzieller Unterstützung eines anonymen New Yorker Mäzens baskischer Herkunft hatte ein Verein von Familien minderjähriger Transsexueller 150 Plakate in Bus- und Bahnhaltestellen angebracht. Auf diesen war ein Quartett vergnügt hopsender nackter Kinder abgebildet. Zwei waren „normal“ aussehende Junge und Mädchen, die andern, zwei Kleinkinder, sahen jeweils wie Junge und Mädchen aus, nur waren die Genitale vertauscht: der „Junge“ hatte Vulva und das „Mädchen“ einen Penis.

Darunter war sowohl auf Spanisch als auch auf Baskisch tatsächlich zu lesen: „Es gibt Mädchen mit Penis und Jungen mit Vulva.“ Abgesehen von der Absicht der hinter dieser Kampagne stehenden Vereinigung – „der Gesellschaft die Transsexualität unter Minderjährigen bewusst machen und dafür Sorge tragen, dass die Kinder sich vertreten fühlen“ – war das Ganze eine Geschmacklosigkeit bereits im Übergang zur Kinderpornographie. Auf Facebook wurde die Darstellung erst nach Protesten einschlägiger Kollektive und Aktivisten freigegeben.

Der orangefarbene Bus der Zwietracht

Ende Februar kam die Antwort auf die baskischen Penismädchen und Vulvajungen, diesmal von einer Madrider katholischen Familienvereinigung. Diese hatte einen orangenfarbenen Bus gechartert, auf dem zu lesen war: „Jungen haben einen Penis. Mädchen haben eine Vulva. Lass dich nicht hinters Licht führen.“ Kleiner war darunter zu lesen: „Wenn du als Mann zur Welt kommst, bist du ein Mann. Wenn du eine Frau bist, wirst du auch weiterhin eine Frau bleiben.“

Der Rest der Botschaft war eine sehr schematische Darstellung eines Jungen sowie eines Mädchens die gegenseitig Händchen zu halten schienen – der Genauigkeit halber muss gesagt werden, dass beim Schematismus der Darstellung die Hände ganz weggefallen waren. Im Gegensatz zu der baskischen Plakataktion fand der Bus der Katholiken keine freundliche Aufnahme bei den Medien. Allgemein stieß die Intoleranz, konkret: die Homophobie dieser Katholiken, auf Ablehnung.

Groß war die Empörung, nicht nur bei den LGBT-Kollekiven, vor allem den Transsexuellen sowie den Familienangehörigen transsexueller Minderjähriger. Leute, die auf den ersten Blick nichts mit derartigem zu tun hatten, verurteilten den Bus sowie den dahinter stehenden katholischen Verein. Ihnen zufolge schüre der Bus den Hass und seine Botschaft sei eine Verhöhnung der Kinder. Die von Podemos gestellte Madrider Oberbürgermeisterin Manuela Carmena brauchte nicht lange, um gerichtlich die Stilllegung des Busses durchzusetzen.

Sexuelle Befreiung – Übersexualisierung – Recht auf Transsexualität

Wenn man nicht weiß, dass Spanien sich in den letzten Jahrzehnten zum tolerantesten Land der Welt noch vor Deutschland in Sachen Homo-, Bi-, Trans- und Homosexualität hochgemausert hat, wirken diese Vorkommnisse leicht befremdlich. Im Fahrwasser der sexuellen Befreiung, die der Demokratisierung auf den Fuß folgte, vollzog sich auch die Emanzipation der bis dahin unterdrückten alternativen sexuellen Orientierungen.

Unterdrückt wurden sie, ja klar, vom Franquismus, von der katholischen Kirche sowie vom traditionellen spanischen Machismo und überhaupt vom „zurückgebliebenen“ ländlichen Spanien. Der Befreiungszwang – d.h. der Zwang, sich so von allem möglichen befreien zu müssen – nach vier Jahrzehnten Diktatur sowie das auf Konsum und individuelle Selbstverwirklichung basierende Demokratieverständnis taten ihr übriges, die unterdrückten Sexualitäten im Zuge eines allgemeinen Trends zur (Über-)Sexualisierung der Gesellschaft binnen kürzester Zeit der „normalen“ Sexualität gleichzustellen.

Die Subkultur von einst ist inzwischen zum festen Bestandteil der spanischen Öffentlichkeit geworden. Längst werden die alternativen sexuellen Orientierungen als völlig normal akzeptiert. Damit hat sich der Befreiungs- und Selbstverwirklichungszwang aber nicht zufrieden gegeben. Gerade was die Sexualität betrifft, hat er sich zum Wahn gesteigert. Und im Banne gerade dieses Wahnes ist einer der letzten Bastionen unschuldigen Menschentums, der Kindheit, die Unschuld genommen worden, nur um ihr dann eine neue anzudichten: das angebliche Recht des Kindes auf seine Transsexualität.

Viele Spanier sind von der Normalität und Richtigkeit der Transsexualität überzeugt

Die Argumente der Befürworter dieser Kampagnen sind schnell gesagt. Zum einen wird darauf hingewiesen, dass es sie eben gibt, die Transsexuellen, und dass man an dieser Tatsache nicht vorübergehen dürfe. Richtig. Aber, die Tatsache, dass es etwas gibt, sagt noch lange nichts darüber aus, ob es auch wirklich sein soll bzw. muss. Dass ich Menschen anderer sexueller Orientierung als Menschen achte, ihnen das Leben nicht schwer mache und zu ihrer Beurteilung nicht zum Sexuellen als einzigen Maßstab greife, gebietet der gesunde Menschenverstand.

Von ihrer unwiderlegbaren Existenz und der unwiderlegbaren Würde ihres Menschentums aber auf die Normalität und Richtigkeit ihrer sexuellen Orientierung zu schließen, ist eine schwere Verirrung. Genau diese ist aber in Spanien an der Tagesordnung und wird sogar noch seitens der Politik gefördert. Wie zersetzt die Gesellschaft, betäubt und verblödet viele Leute in Spanien sind, zeigen die Reaktionen, sowohl auf die Plakatkampagne im Baskenland wie auch auf den Bus von Madrid.

Eine Errungenschaft der techno-szientistischen, postmodernen Zivilisation

Ein weiteres Argument für die Transsexualität Minderjähriger hat mit der „Vielfalt“ zu tun. In diesem Zusammenhang erklärte die Sprecherin des baskischen Vereins von Familien transsexueller Minderjähriger, die Natur sei kein Fotokopierer. Auch richtig. Nur kennt die Natur so keine Wahlfreiheit – am wenigsten bezüglich der eigenen Sexualität –, keinen die Gattung, das Geschlecht oder ganz einfach das aus Anlage und Umwelteinflüsse hervorgegangene Erscheinungsbild des Individuums ummodelnden techno-szientistischen Liberalismus, Anarchismus und Demokratismus.

Ganz zu schweigen von der nicht ganz zufälligen ungeheuren Explosion der Transsexualität in der „Postmoderne“.  Auch gibt es in der Natur keine Freiheit in diesem spezifisch menschlichen Sinn. Eine Wahl in ihr soll jedoch schon beobachtet worden sein. Das Kriterium dieser Wahl ist, dass das, was aus der Art schlägt, den Kampf ums Dasein nicht bestehen kann. Dazu gehören vor allem die Zwitterwesen, wenn das Zwittertum eben nicht wesensgemäß zur ganzen Gattung gehört. Menschen sind keine Zwitter. Von seiner Anlage ist der Mensch nicht dazu auserkoren, sich umoperieren zu lassen. Dementsprechend fallen die Resultate dieser vermeintlichen Geschlechtsumwandlungen aus.

Zerstörung der Chancengleichheit durch Gleichmacherei des Ungleichen

Aber, lassen wir die Natur einmal beiseite, schließlich haben wir Menschen uns von ihr frei gemacht, getrennt, erst durch Kultur, dann in der Zivilisation. Wenn die Menschheit Millionen von Jahre auf Liberalismus, Anarchismus und Demokratismus gewartet hat, damit bestimmte Individuen und Kollektive eines Tages zu ihrem Recht kommen, d.h. sich frei entfalten zu dürfen, so beträfe das nur diese bestimmten Individuen und Kollektive, und auch das nur vorübergehend!

Die Entwicklung geht ja immer weiter und nimmt vor allen Dingen gar kein Ende! Dieses Recht, das den Urmenschen von Atapuerca vor einer Million Jahren vorenthalten blieb, wird aber, solange es in kraft ist, nur von einer Minderheit – in Wahrheit nur von Einzelnen – in Anspruch genommen. Die Menschheit als Ganzes bedarf dieses besonderen Rechts für besondere Menschen in keinem Punkte ihrer Entwicklung. Es reicht für sie vollkommen aus, dass Männer Männer, und Frauen Frauen sind, ohne Zwischenstufen, Übergänge, Androgynie oder Hermaphroditismus.

Ausnahmen bestätigen die Regel, d.h. zum Aufstellen der Regel taugen Ausnahmen nicht – ein Grundsatz, der gerade in der Rechtssprechung verstanden werden müsste. Die Schaffung eines besonderen Rechts für besondere Menschen schafft Privilegien, die mit unseren die Chancengleichheit auf ihre Fahnen schreibenden demokratischen Gemeinwesen unvereinbar sind. Gleichmachung des Ungleichen, d.h. willkürliche Gleichberechtigung, führt zu einer Privilegierung und zerstört somit die Chancengleichheit, indem sie den einen ein Recht zuspricht, das sie nicht verdienen, den anderen aber ein Recht nimmt, das ihnen von Natur aus zusteht.

Extremster Subjektivismus unter dem Deckmantel kindlicher Eigensinnigkeit

Was der pfiffige Gynäkologenfilius aus „Kindergartencop“ vor bald dreißig Jahren so lustig fand – „die Jungen haben einen Penis, die Mädchen eine Vagina“, wird wohl demnächst zensiert werden. Das sollte zu denken geben. Aber auch die Aktion der Katholiken gibt zu denken. Die Behauptung, Jungen könnten auch eine Vulva haben oder Mädchen einen Penis, ist Irrsinn. Niemand, der normal im Kopfe ist, nicht halluziniert und auch nicht unter Suggestion steht, wie die armen Trottel, Heuchler und Angsthasen aus Andersons Märchen „Des Kaisers neue Kleider“, kann so etwas ernsthaft behaupten.

Allein die Tatsache, dass dieser irrsinnigen Behauptung ernsthaft entgegen getreten worden ist, zeigt, dass viele Leute in Spanien ein Problem haben mit den natürlichsten Realitäten. Es ist viel schöner für sie, seinen eigenen Willen zu haben, aus der bunten Vielfalt frei wählen zu dürfen und „für sich“ zu entscheiden. Dazu gehört auch, frei nach Belieben die Wirklichkeit zu malträtieren oder zu negieren und mit behördlicher Erlaubnis die Wahrheit zu überfahren, die einem nicht gefällt. Das ist die negative Seite von Pippi Langstrumpfs gar nicht so unschuldigem eitlem Lobgesang kindlicher Widerspenstigkeit.

(Bild – links: Pixabay / rechts: Christmas Junkie, flickr, CC BY-NC-ND 2.0)

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