Anstoß

„Für meinen Präsidenten, hochachtungsvoll“.

Mit dem Bekenntnis aus der Überschrift überreichte Ilkay Gündogan (Manchester City) dem türkischen Präsidenten Erdogan sein Trikot. Zusammen mit Mesut Özil (Arsenal London) und Cenk Tosun (FC Everton) traf sich der (Noch-?)Nationalspieler des DFB mit dem türkischen Staatsoberhaupt im Londoner Hotel „Four Seasons“.

Die Fotos der freudigen Übergabe und des stolzen Stelldicheins sorgen seit Montag für Furore. Im Fokus der Kritik stehen vor allem Özil und Gündogan. Beide spielen nämlich für die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes und besitzen immerhin auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Warum das Bekenntnis zur Türkei und zum türkischen Sultan gerade jetzt kommt, schockt die Republik. Ausgerechnet „Die Mannschaft“, ausgerechnet Özil und Gündogan und ausgerechnet zum Wahlkampfauftakt der AKP um Recep Tayyip Erdogan.

Geste der Höflichkeit

Der mediale Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten. Bereits am Montagmittag konnte man die ersten heftigen Reaktionen auf allen Social Media-Kanälen vernehmen. Von Bestürzung und Verwunderung, klarer Ablehnung, bis hin zu stumpfen Kümmeltürken-Parolen war alles dabei.

Gündogan selbst äußerte gegenüber BILD: „Bei aller berechtigten Kritik haben wir uns aus Respekt vor dem Amt des Präsidenten und unseren türkischen Wurzeln – auch als deutsche Staatsbürger – für die Geste der Höflichkeit entschieden. Es war nicht unsere Absicht, mit diesem Bild ein politisches Statement abzugeben, geschweige denn Wahlkampf zu machen.“

Der fade Beigeschmack bleibt jedoch auch Hardcore-Multi-Kultis, wie dem Grünen Cem Özdemir. Dieser verurteilte ebenfalls diese Positionierung der sogenannten Deutschtürken. Doch warum eigentlich?

Politisierung aller Themenfelder

Für viele kam das Bekenntnis der Fußballprofis überraschend und unverhofft. Für einige jedoch nicht. Gerade Özil und Gündogan fielen in der Vergangenheit immer wieder negativ auf, weil sie die deutsche Nationalhymne nicht mitsingen und ein Torjubel im Trikot des DFB oft sehr verhalten ausfällt.

Gerüchte, nach denen die beiden wie viele andere Migrantenkicker lediglich auf Grund des Prestiges für Deutschland spielen, gab es bereits in der Vergangenheit genug. Das klare und stolze Bekenntnis der Fußballer zu ihrem Präsidenten Erdogan und eben nicht zu Frank-Walter Steinmeier schafft eine lange ersehnte Klarheit. Denn nun ist die Katze aus dem Sack.

Die Mär vom Sport als Integrationswundermittel ist nun für jeden offensichtlich und nicht zu leugnen. Da hilft es auch nicht, dass DFB-Präsident Reinhard Grindel zwar mahnende aber dann doch beschwichtigende Worte für die beiden Lausbuben findet. Zu glauben, dass die beiden aus reiner Höflichkeit oder Aufregung dieses moralische Fehlerchen begangen haben, ist schlicht naiv oder soll bewusst darüber hinweg täuschen, dass die Vorzeigeexemplare der bundesrepublikanischen Integrationsarbeit eine Lüge waren.

Der Wille zur Assimilation fehlt

Wenn die Integration bereits hier gescheitert ist, wie sieht es dann erst in Brennpunkten wie Kassel, Berlin, Hamburg, Duisburg oder München aus? Was viele längst ahnten, ist nun Realität. Integration braucht keine hundert Angebote, sondern lediglich den Willen zur Assimilation des Migranten. Erste Rufe nach einer Streichung aus dem DFB-Kader wurden laut. Damit erreicht das Politische ein weiteres wichtiges Themenfeld. Dieses Ereignis ist für die AfD und das konservativ-rechte Spektrum ein Segen. Denn endlich muss nicht der Deutsche die Frage nach dem Deutschsein beantworten, sondern die Migrantenprominenz nimmt ihnen diese unbequeme Antwort vorweg.

Damit eröffnet nicht die deutsche Opposition zum Establishment ein neues Kampfgebiet, sondern das Establishment fragmentiert unter dem Druck von rechts, links und in diesem Falle Ankara. Deswegen kann man den Kickern von der Insel diesbezüglich nur dankbar sein. Was nun folgen muss, ist ein Aufrechterhalten dieses Drucks. Die Leitkulturdebatte muss sich dem Sport und damit in viele private Haushalte aufdrängen und unumspielbar werden.

(Bild: Mesut Özil in Madame Tussauds Berlin, von: Luke Rauscher, flickr, CC BY 2.0)

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