Gesichtet

Ich distanziere mich nicht von Dollfuß

Warum es metapolitisch unsinnig von der FPÖ ist, die linken Geschichtslügen zu übernehmen, um damit die ÖVP anzupatzen.

Bei der FPÖ ist es auf Grund eines durch die staatlich finanzierten Medien befördernden Personenkultes seit einer Weile beliebt, Bundeskanzler Sebastian Kurz mit dem konservativen Staatsmann Engelbert Dollfuß zu vergleichen, obwohl diese inhaltlich nichts gemeinsam haben. Dollfuß war ein erzkonservativer Patriot. Kurz hingegen biedert sich an den globalistischen Zeitgeist an und ist so politisch korrekt, wie es nur geht. Der Vergleich wird nur deshalb gemacht, weil die Österreichische Volkspartei (ÖVP), der Kurz angehört, allgemein als Erbe des traditionellen christlich-konservativen Lagers in Österreich gesehen wird. Diese Kontinuität ist zwar historisch gegeben, die aktuelle Parteigeneration hat jedoch mit der Ideologie ihrer geschichtlichen Vorgänger überhaupt nichts mehr zu tun.

Man hat sich auch schon längst von Dollfuß und allen genuin konservativen Inhalten eindeutig distanziert. Nichteinmal die harmlosesten christlichen Lehrinhalte, wie beispielsweise, dass es zwei Geschlechter gibt oder die Ehe die Verbindung von Mann und Frau ist, traut man sich noch zu verteidigen. Genau das müsste die FPÖ anprangern. Stattdessen versucht man immer wieder die Rhetorik der Linken nachzuahmen und die ÖVP mit ihrer „bösen“ Vergangenheit in Verbindung zu bringen und sie so zu einer neuerlichen „Distanzierung“ zu zwingen.

Aktuell wird versucht den langweiligen Finanzminister Gernot Blümel, weil dieser in einer belanglosen akademischen Arbeit über die christliche Soziallehre ein paar konservative Denker von damals zitiert hat, in die Nähe von Dollfuß zu rücken und daraus einen Skandal zu machen.

Es ist gut, wenn man richtig rechts ist

Man möchte also der ÖVP vorwerfen, dass sie rechts sei, was sie aber gar nicht ist. Dies zeugt vom absoluten Unverständnis der FPÖ, Metapolitik zu betreiben. Solche Aktionen sind immer ein Schuss ins Knie. Es wäre doch toll für Österreich, wenn die ÖVP genuin rechts wäre, doch sie ist es eben nicht und genau das ist das Problem. Man stimmt durch den saudummen Dollfuß-Vorwurf der linken Geschichtsklitterung zu und akzeptiert ihre Deutungshoheit über den Diskurs. Damit kann man niemals metapolitisch Raum gewinnen.

Was der bundesrepublikanische Leser nicht wissen wird: In Österreich wurde das christlich-soziale Lager der Zwischenkriegszeit seit Jahrzehnten durch Dauerpropaganda in den Schulen und den staatsnahen Medien zum abgrundtief Bösen stilisiert. Zahlreiche Lügen, Verdrehungen und Auslassungen haben sich deshalb fest in die Köpfe gefressen. Es wird in Bezug auf diese Zeit immer nur gleichermaßen diffamierend, wie ahistorisch vom „Austrofaschismus“ gesprochen. Die ÖVP selbst hat diesen Kampfbegriff des Gegners längst übernommen und 2017 reumütig das Dollfuß-Portrait, das bis dahin ihren Parlamentsclub zierte, abgehängt.

Die historische Sicht der Linken ist ungefähr so: „Nachdem endlich die schreckliche Monarchie untergegangen war, entstand eine tolle Demokratie. Am aller anständigsten und demokratischsten waren die Sozialdemokraten. Alles wäre super gelaufen, hätte man diese Unschuldslämmer nur machen lassen. Doch dann kam der dämonische Dollfuß und schaltete aus purer Bosheit die Demokratie aus und errichtete eine Schreckensherrschaft. Die unfehlbaren Sozialdemokraten waren unschuldige Opfer von grausamen Unmenschen, deshalb müssen sich jetzt alle konservativen Österreicher bis in alle Ewigkeit ob ihrer großen Schuld selbst geißeln.“

Niemand traut sich linke Geschichtslügen klarzustellen

Die Wirklichkeit war natürlich ganz anders. Nachdem 1918 die Monarchie von den Siegermächten des Ersten Weltkriegs zerschlagen wurde, erklärte sich die neue Republik Deutschösterreich als Teil der deutschen Republik, was aber zusammen mit dem Namen Deutschösterreich ebenso verboten wurde. Die nunmehrige Republik Österreich war im höchsten Grade instabil und von ständiger politischer Gewalt und diversen Putschversuchen gebeutelt.

Trotz ihres Namens war die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) gar nicht so demokratisch. Im Jahr 1919 war die SDAP noch die stärkste Fraktion im Parlament und konnte ihren Einfluss entsprechend geltend machen. Bald schon fand sie sich jedoch in der Oppositionsrolle wieder. Durch ihre immer radikalere Agitation lehnte sie auch die Teilnahme an einer Koalition mit den Konservativen ab.

Außerdem stellte sie mit dem „Republikanischen Schutzbund“ eine paramilitärische Truppe auf, die zunehmend die Demokratie gefährdete und die Gegenseite natürlich zu entsprechenden Reaktionen nötigte. Immer wieder kam es zu Gewaltexzessen des roten Mobs. Beispielsweise wurde 1927 im Rahmen eines blutigen Aufstands der Justizpalast angezündet. Polizeipräsident Johann Schober musste schießen lassen, um eine Ausweitung der Unruhen zu verhindern. Zunehmend machte die SDAP in ihrer Rhetorik deutlich, dass sie notfalls auch, so wie ihre Schwesterparteien im Ausland, mit Gewalt an die Macht kommen wolle, um eine „Diktatur des Proletariats“ zu errichten.

Dollfuß wollt für Ruhe und Ordnung sorgen

Die Rechten waren damals in viele Fraktionen gespalten. Sowohl das christlich-konservative Lager, als auch die Deutschnationalen waren in unzählige Fraktionen zerstreut. Außerdem gab es noch die immer stärker und immer radikaler werdenden Nationalsozialisten. Engelbert Dollfuß war seit 1932 regulär gewählter Bundeskanzler. Im nächsten Jahr kam es durch parteitaktische Rücktritte und mangelhafte Regelungen in der Verfassung zu einer Geschäftsordnungskrise des Parlaments.

Dollfuß nutzte die Gunst der Stunde, um mit Notgesetzen zu regieren, das Land zu befrieden und Ordnung herzustellen. Die Sozis hatten zu dieser Zeit durch Massenstreiks und andere Maßnahmen Chaos erzeugt. Dollfuß fand für diesen Vorgang passende Worte: „Das Parlament hat sich selbst ausgeschaltet, ist an seiner eigenen Demagogie und Formalistik zugrunde gegangen.“

Die Sozialisten, die Kommunisten und die Nationalsozialisten wurden verboten. Die restlichen rechten und konservativen Kräfte wurden in der Vaterländischen Front zusammengefasst. Damit kam Dollfuß einem von den Roten geplanten Staatsstreich zuvor. Man bedenke, schon bevor Dollfuß Bundeskanzler wurde, war in Russland längst der kommunistische Massenmord losgegangen. Politische Gegner oder sogenannte „Kulaken“ wurden erschossen und millionenfach nach Sibirien verschleppt oder ins Gulag geschickt. Die bis dahin einzigartige Kaltblütigkeit dieses ideologischen Terrors verbreitete natürlich Angst und Schrecken in ganz Europa.

Schon im Februar 1934 versuchte die SDAP trotzdem einen Umsturz und hetzte ihre Leute zum Bürgerkrieg auf. Doch schon bald konnten die Regierungstruppen siegen. Es ist klar, dass die Roten schon vorsorglich Waffen gehortet haben mussten. Hätten sie noch mehr Zeit zur Vorbereitung gehabt und die volle Kraft, die sie vor dem Verbot hatte, entfalten können, hätten sie womöglich gewonnen.

Was dann passiert wäre, konnte man später in Spanien sehen, wo die Sozialisten nach ihrer Regierungsübernahme sofort damit begannen, Oppositionelle zu ermorden und einen allgemeinen Terror gegen Kirchenangehörige auszuüben. Durch die geopolitische Lage wäre Österreich schon bald zu einer Filiale der Sowjetunion geworden.

Die Linken waren historisch betrachtet viel brutaler

Es ist also völlig absurd, wenn die Sozis sich als Opfer inszenieren, denn demokratisch waren sie selber auch überhaupt nicht. Man kann das Verhalten von Dollfuß nur aus seiner Zeit heraus verstehen. Er musste in einer schwierigen Ausnahmesituation eine Entscheidung zum Wohle von Volk und Vaterland treffen. Das ist mit dem heutigen Parlamentsbetrieb einfach nicht vergleichbar. Ihn zu einem blutrünstigen Diktator zu erklären ist lächerlich und angesichts des Unheils, dass die sozialistische Ideologie über die Welt gebracht hat, heuchlerisch. Dollfuß war schon bald nach dem Bürgerkrieg um Versöhnung und Ausgleich bemüht.

Mir geht es nicht darum, ihn heilig zu sprechen und ich kann auch nicht alles von damals gut heißen. So war beispielsweise der mit Dollfuß zur Staatsideologie erhobene Katholizismus schon damals nicht mehr mehrheitsfähig und anachronistisch. Insgesamt wirken die ach so bösen „Austrofaschisten“ neben den ideologischen Kontrahenten ihrer Zeit aber ziemlich harmlos. Bei einem nationalsozialistischen Putschversuch im Juli 1934 wurde Dollfuß schließlich erschossen. Trotzdem gelang die von ihm geplante Stabilisierung des Landes.

Dollfuß war ein Ehrenmann

Wenn auch die Christlich-Konservativen Dollfuß verstoßen haben, sehe ich, der ich im Dritten Lager verwurzelt und weder christlich noch konservativ bin, keinen Grund mich von Dollfuß zu distanzieren. Zuerst einmal ist es generell unsinnig, sich von historischen Persönlichkeiten, die man persönlich nie kennengelernt hat, zu distanzieren. Zu diesem demütigenden Ritual fühlen sich auch nur Rechte genötigt. Der gewünschte Hurenlohn, dann vom Gegner akzeptiert zu werden, tritt zudem niemals ein. Außerdem sollen sich zuerst einmal die Linken von all den Verbrechern ihrer Geschichte lossagen.

Ich kann zudem auch nicht umhin, einzuräumen, dass mir dieser Dollfuß einfach sympathisch ist. Seine Lebensgeschichte ist beeindruckend. Der uneheliche Sohn eines Müllergehilfen schaffte es, sich hochzuarbeiten. Im Jahr 1914 hatte er sich freiwillig zum Militärdienst gemeldet, wurde aber wegen seiner geringen Körpergröße von 1,51m abgelehnt. Deshalb versuchte er es noch einmal in einer anderen Stadt, was gelang. Der mehrfach ausgezeichnete Kriegsheld wurde schon bald durch seine rhetorische Begabung und seine geradlinige Art auch bei den alten Eliten akzeptiert.

Seine persönliche Bescheidenheit und Aufrichtigkeit war in seiner Stimme und an seinem Habitus erkennbar. Er blieb immer am Boden und war eben das Gegenteil von einem aufbrausenden Gewaltmenschen. Ihm ging es wirklich um Österreich und nicht darum, einen schönen Posten zu haben oder darum, mit leichten Mädchen Partys zu feiern. Er war ein auf seine Art typisch österreichischer, redlicher Charakter. Dollfuß ist die einzige Figur der genuin österreichischen Geschichte seit dem Ende der Monarchie, die für mich wirklichen Identifikationscharakter hat.

Georg Immanuel Nagel: Ruf der Geschichte. Zur Erneuerung von Österreichs Identität. Eckartschrift 230, zahlreiche Farb-Abbildungen, 112 Seiten, ISBN: 978-3-902350-67-1, 9,20 Euro.

Jahrgang 1986, aus Wien, Studium der Philosophie, begreift sich als Vertreter der deutschen Alt-Right (Alternative Rechte) und ist seit 2014 als Journalist bei diversen Medien tätig und veröffentlichte mehrere Bücher. Maßgeblich war er beteiligt an PEGIDA in Österreich. Zudem ist er Gründer und Obmann von "OKZIDENT - Verein zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit". - www.georgimmanuelnagel.at

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Datenschutzinfo