Gesichtet

Im Rausch von Wien

Georg Immanuel Nagel beschreibt das Gefühl der majestätischen Erbauung an den Prachtorten seiner Heimatstadt und beklagt gleichzeitig deren systematische Zerstörung.

Morgens um neun in Wien. Auf dem Weg zu einem Termin in der Innenstadt nehme ich bewusst einen kleinen Umweg durch den Volksgarten. Um diese Zeit sind nur vergleichsweise wenige Menschen unterwegs. Die einzigen Fremden, die man wahrnimmt, sind chinesische Touristen, die sich nicht unangenehm aufführen und unseren Kulturgütern Wertschätzung entgegenbringen. Zur Abendstunde schaut das meist ganz anders aus, denn dann kriecht das Tschandala aus seinen Löchern.

Auf halber Strecke hindurch verharre ich im Park und drehe mich auf wenigen Quadratmetern herum, berauscht von der Majestät des Augenblicks, von der Größe der auf einen gedrängt einwirkenden Kunst, vermischt mit der Lieblichkeit der Natur, die hier überwiegend in der gezähmten, barocken Form auftritt, wenngleich ein Teil der Grünanlage auch im englischen Stil gehalten ist. Die sommerliche Sonne erstrahlt, steht aber noch nicht im erdrückenden Zenit. Ein leichter Wind spendet Erfrischung und verweht den Duft der Blüten.

Eine Darstellung imperialer Geschichte

Man befindet sich im Zentrum der kaiserlich und königlichen Reichshaupt- und Residenzstadt, in der einst auch die römisch-deutschen Kaiser thronten. Auf der einen Seite erhebt sich über den abschließenden Hecken die mächtige Hofburg am Heldenplatz, wo auch das Reiterstandbild des Prinzen Eugen steht, das vom Schlachtenruhm wehrhafterer Zeiten kündet, in denen man islamische Invasoren mit Feuer und Schwert aus Europa zu vertreiben pflegte. Hier lugt der Fries des im griechischen Stile vom Meister Theophil Hansen erbauten Reichsrates zwischen den Wipfeln hervor. Dort erblickt man in naher Ferne die Spitze der Minoritenkirche. Woanders ragen die Türme des neugotischen Rathauses in die Höhe.

Nebst diverser Standbilder und Brunnen ist das größte Kleinod des Gartens selbst der sich in seiner Mitte befindende Theseustempel, der dem Athener Tempel des Hephaistos nachempfunden ist. Doch weder dem Helden noch der Gottheit ist darin ein Altar errichtet worden, um den Unsterblichen zu geben, was ihnen zusteht. Zu schade. Dessen ungeachtet strahlt der leere Kultraum, mit der sich davor befindenden Statue des „Jungen Athleten“, perfekt jene Reinheit der Form und des Stils aus, wie sie die Kunst des Altertums auszeichnete. Die Haltung und die Gesichtszüge des Mannes verkörpern den heroischen Menschen, also jenen Typus, ohne den all diese Pracht, diese Höhe der menschlichen Entwicklung, gar nicht erst möglich gewesen wäre.

Der Liberalismus bedeutet Zerfall

Alles, was an diesem Platze zu sehen ist, strahlt Ruhm, Pracht, Macht und den selbstbewussten Anspruch auf Weltgeltung aus. Aus unmännlicher Weichlichkeit, aus gefühlsduseliger Nachsicht, aus Handreichung zum Minderwertigen kann dagegen nichts Großes und Würdevolles entstehen. Die Hand, welche die Rosen pflegt, muss auch wissen, wie man ein Schwert führt.

Auffallend ist, dass das Wenige, was in jüngerer Vergangenheit in das beschriebene Ensemble eingefügt wurde, wie z.B. das Denkmal für den konservativen Bundeskanzler Julius Raab, von ausgesuchter Hässlichkeit ist. Aber das gilt eigentlich für fast alles, was im roten Nachkriegs-Wien neu erbaut wurde. Auch in die herrlichsten Altstadtviertel setzte man ausschließlich die abstoßendsten Plattenbauten und jedes neue „Kunstwerk“, das den Steuerzahler Unsummen kostet, stellt nur noch eine Verschandelung dar.

Die moderne Hässlichkeit zerfrisst die Stadt

Parasitär zehrt das rote Wien von den Schätzen der Vergangenheit, die von den Sozialisten und Liberalisten jeglicher Couleur aber eigentlich verachtet wird. Trotzdem rühmt sich jeder rote Bonze dieser Stadt voll selbstgerechter Eitelkeit, dass sie solche Touristenströme anzieht und so schön ist, als ob er oder seine Partei damit auch nur das Allergeringste zu tun hätten.

Während die Innenstadt zum Museum für Touristen verkommt, bzw. zur Partymeile für die Bobo-Gesellschaft, frisst sich die betonierte Hässlichkeit der Moderne in die Metropole hinein und wuchert wie ein Krebsgeschwür durch die ethnisch immer orientalischer werdenden Flächenbezirke, die Ghettos und Trabantenstädte, die völlig einer internationalistischen Ortlosigkeit gewichen sind.

Alle wollen sie weg, fliehen, wenn sie es sich leisten können aufs Land, in die Pendlerdörfer und Schlafstädte. Über bleibt die von überall hereinströmende Klientel der Sozis und die Schar an Kosmopoliten, die jede westliche Metropole zunehmend als bessere Arbeitsnomaden und Füllmaterial des globalen Kapitalismus bevölkern. Doch ich kann und will es nicht aufgeben – dieses, mein Wien, das deutsche Wien. Zumindest nicht um neun Uhr morgens, im Volksgarten.

(Bild: Theseustempel im Wiener Volksgarten)

Jahrgang 1986, aus Wien, Studium der Philosophie, begreift sich als Vertreter der deutschen Alt-Right (Alternative Rechte) und ist seit 2014 als Journalist bei diversen Medien tätig und veröffentlichte mehrere Bücher. Maßgeblich war er beteiligt an PEGIDA in Österreich. Zudem ist er Gründer und Obmann von "OKZIDENT - Verein zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit". - www.georgimmanuelnagel.at

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