Gender ist überall. Soviel scheint sicher. Ob es sich nun um Talkshowrunden über Frauen- und Homosexuellendiskriminierung, diskriminierungsfreie Schulbücher, genderneutrale Ampelmännchen oder Toiletten für das ominöse dritte Geschlecht handelt. Man kann sich nicht mehr bewegen, ohne von allen Seiten mit der beschworenen Genderthematik konfrontiert zu werden.
Doch gibt es in jüngster Vergangenheit immer wieder Anzeichen dafür, dass Gender Mainstreaming – zumindest in seinen irrwitzigsten Auswüchsen – wieder vermehrt auf Widerstand stößt. Und zwar aus Ecken, von denen man das nicht unbedingt erwarten würde. So kündigte die Linkspartei unlängst an, auf die gendergerechte Sprache verzichten zu wollen. In einer Stellungnahme dazu heißt es: „Im Interesse des flüssigen Lesens und der Maschinenlesbarkeit ist auf eine gegenderte Sprache zu verzichten.“
Auch die Stadt Münster hatte vor einiger Zeit einen Verzicht auf gegenderte Schriftsprache beschlossen. Des Weiteren hat sich der Bürgermeister der Stadt Gevelsberg gegen die Verwendung von „Gendersternchen“, Binnen-I und Unterstrichen in städtischen Dokumenten ausgesprochen.
Gender ist nicht lesbar
Natürlich ist man hier noch weit davon entfernt, das Kind beim Namen zu nennen und die gendergerechte Sprache deshalb nicht zu verwenden, weil sie etwas impliziert, was schlicht nicht stimmt – nämlich die Behauptung, es gebe neben den zwei „klassischen“ Geschlechtern noch eine nicht genauer zu bestimmende Anzahl weiterer Geschlechter, die sich offenbar nur durch verschiedene sexuelle Vorlieben unterscheiden würden. Lieber begründet man den Schritt mit der Lesbarkeit. Das mag zwar stimmen, dennoch sollte das nicht der eigentliche Grund für die Ablehnung sein.
Nichtsdestotrotz boomt die Gender-Forschung in Deutschland. Ersichtlich unter anderem an den rund 200 Lehrstühlen, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Zum Vergleich: In Deutschland gibt es derzeit nur 120 Lehrstühle für alte Sprachen. Darüber hinaus gibt es mehrere Tausend Bachelor- oder Masterabsolventen der Genderforschung, die nun Arbeit und Lohn suchen – und teils schon gefunden haben. In den zahlreichen staatlich geförderten Projekten, welche die allgemeine Gleichheit in der Gesellschaft vorantreiben sollen.
Ein klassisches Arbeitsfeld der Genderforschung – auch Gender Studies genannt – ist die Frauenforschung und die damit einhergehende niemals zu erreichende Forderung nach Gleichstellung. Warum nicht zu erreichen? Eben weil es sich hier nicht um Gleichstellung handelt, sondern um eine Art positive Diskriminierung, also eine Bevorzugung von Frauen. Begründet wird das mit der vergangenen historischen Benachteiligung, die Frauen früher durch die Gesellschaft erfahren hätten. Damals, als diese noch durch und durch „patriarchalisch“ gewesen sei.
Queer Studies
Darüber hinaus haben die Gender Studies ihr Arbeitsfeld in den letzten Jahren deutlich erweitert. Beispielsweise um die sogenannten „Queer Studies“. Gleiches Konzept, gleiche Vorgehensweise – nur sind es hier die Homosexuellen, die von alten weißen Männern Wiedergutmachung fordern. Manchmal, so scheint es, haben die Verfechter dieses Konzepts zumindest in einem Punkt genau das Gegenteil davon erreicht, was eigentlich auf der Agenda stand. Durch ihr penetrantes Beharren auf dem Standpunkt, es gäbe keine Geschlechter, haben sie die Geschlechtlichkeit des Menschen zu einem nie dagewesenen gesellschaftlichen Gesprächsthema gemacht.
Neuerdings wird auch den ganzen Noch-nicht-so-lange-hier-Lebenden vermittelt, sie hätten ebenso ein Anrecht auf Wiedergutmachung. Immerhin gab es ja mal eine Zeit, in der es in der alten Welt als schick galt, sich ein paar Kolonien in Afrika zu halten – einen Platz an der Sonne sozusagen. Da macht es auch nichts aus, dass die Deutschen hier ausnahmsweise nicht ganz so viel Dreck am Stecken haben. Schließlich sind wir ja alle Europäer!
Letztlich wurde hier doch nur von einer kleinen, aber sehr gut vernetzten und positionierten Minderheit versucht, die eigenen Minderwertigkeitskomplexe dahingehend zu kompensieren, indem man sich den diversen (vermeintlichen) Opfergruppen zuwandte und stellvertretend für diese eine Gerechtigkeit einforderte, welche es auch immer sein möge. Andererseits scheint es vielen der Mehrheitsgesellschaft nicht sonderlich viel auszumachen. Offenbar hat man sich an die eigene Schuldhaftigkeit an allem und jedem so gewöhnt, dass man sie als Teil der eigenen Identität begreift und sie daher nicht mehr missen will.
Steuergeldverschwendung
Unterm Strich werden damit nur ein Haufen Steuergelder verbraten und ich wage zu bezweifeln, dass es diesen Gruppen, für die hier scheinbar eine Lanze gebrochen werden soll, am wenigsten nutzt, wenn man ihren scheinbaren Opferstatus im gesellschaftlichen Diskurs so lange breittritt, bis auch der letzte davon überzeugt ist, in einer Gesellschaft von Opfern zu leben.
(Bild: Alicia J. Rose, flickr, CC BY-NC-ND 2.0)