Rezension

Luhmann und die Wirtschaft der Gesellschaft

Es herrscht noch immer die weitverbreitete Vorstellung, die Wirtschaft könne man nur mit staatlichen Interventionen verändern, wobei natürlich jeder davon ausgeht, daß seine Eingriffsidee eine Verbesserung und keine Verschlimmbesserung ist.

Niklas Luhmann hat diese Ansicht wunderschön zerpflückt. Vermutlich wird sein Satz „Die Wirtschaft selbst ändert sich infolge ihrer Beschreibung“ aber immer noch absolut unterschätzt. Ich verstehe diesen Satz dahingehend, daß auch die angeblich „unsichtbare Hand“ des Marktes kein Allheilmittel ist. Wer so denkt, glaubt an eine „göttliche Planwirtschaft“ (Sieferle).

Luhmanns Satz ist deshalb so genial, weil er verdichtet, was eine „verstehende Nationalökonomie“ (Werner Sombart) zu leisten hat. Sie sollte aufzeigen, wie wir mit unserem alltäglichen Handeln die Wirtschaft und damit unsere Arbeit einrichten können.

Konkret: Wir müssen darüber sprechen, wer Taktgeber sein soll. Die Maschine oder der Mensch?

Wir müssen darüber sprechen, ob wir ein globales Netz der gegenseitigen Abhängigkeiten anstreben oder uns eine Position erarbeiten wollen, die uns Selbstbestimmung erlaubt.

Wir müssen darüber sprechen, ob wir alles in die Hände von Großunternehmen legen wollen, die standardisierte Massenprodukte herstellen, oder eine Individualisierung wagen wollen, die nun wiederum Atomisierung oder Vergemeinschaftung im Kleinen sein kann.

Die Möglichkeiten der Einrichtung unserer Wirtschaft sind unendlich, weil unsere Beobachtungsperspektiven unendlich sind. Das Gezänk zwischen „Kapitalisten“ und „Sozialisten“ ist daher eine gefährliche Beschränkung der Sichtweisen auf angeblich nur zwei mögliche Varianten, wobei es viel mehr gibt.

Dies zu begreifen und trotzdem keinem Utopismus anzuhängen, ist die Voraussetzung dafür, eine alternative Wirtschaftsform beschreiben zu können, die sich mit dem Schutz unserer Heimat, Tradition und unseren Familien vereinbaren läßt, statt sie zu zerstören.

Beschreiben bedeutet einerseits, das Nicht-Veränderbare anzuerkennen. Die Wirtschaft läuft nun einmal über den binären Code „Zahlen/Nicht-Zahlen“ und damit das „symbolisch generalisierte Medium“ Geld. Andererseits bedeutet „beschreiben“ aber auch, seine Prioritäten zum Ausdruck bringen zu können. Insofern hat Luhmann absolut Recht: Mit dem Beschreiben beginnt die Veränderung.

Weil das so ist, haben wir dieses Zitat der zweiten Ausgabe von „Recherche D“ vorangestellt. Mehr dazu hier: https://recherche-dresden.de/

(Bild: SonntagCC BY-SA 3.0)

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