Gesichtet

Naturschutz ist konservativ

Der Schütze hat sein Ziel direkt im Visier. Er atmet langsam aus, da sieht er den Greenpeace-Schriftzug. Die Entscheidung nicht abzudrücken fällt. Stattdessen zieht der mit einem Elektromotor angetriebene Gleitschirm seine Bahn. Kurz scheint der Gleitschirmpilot in der Luft festzustecken, dann trudelt er zu Boden.

Bei diesem Vorfall wurden mindestens zwei Zuschauer und der Pilot selbst verletzt. Laut eigener Aussage sollte lediglich ein Ball über dem Stadion abgeworfen werden. Doch durch technische Probleme verlor der Pilot an Höhe, streifte ein Stahlseil und setzte zur Notlandung an. Die Empörung ist groß. Beatrix von Storch (AfD) und Friedrich Merz (CDU) fordern, Greenpeace die Gemeinnützigkeit zu entziehen, da die Organisation gefährlich sei. Greenpeace, welches seit Langem durch riskante und aufsehenerregende Aktionen auffällt, hat das selbstgewählte Pech, dass der schief gelaufene Protest in den anlaufenden Wahlkampf des Superwahljahres fällt.

Zu allem Unglück des Piloten, ein Chirurg, welcher bereits mehrere durchaus schwierige Einsätze für Greenpeace geflogen hat, schießt sich auch die Bild-Zeitung in gewohnter Manier auf ihn ein. Unter dem Titel „Hier humpelt der Chaos-Pilot nach Hause“ wird sein Privatleben nach außen gekehrt und ein Versuch eines typischen Bild-Interviews unternommen.

Schutz unserer Erde unerlässlich

Auch mir ließ es das Herz schwer werden, als ich eine Aktion von Greenpeace an den Nazca-Linien, einem der bedeutendsten Kulturschätze unserer Welt sah, die laut peruanischer Regierung einigen Schaden angerichtet haben soll. Ich bin kein Freund von den Grünen, auch wenn es ein ganz nettes Bild von mir und Cem Özdemir gibt. Die Entwicklung von so mancher Umwelt- und Klimagruppe von engagierten Streitern für eine sauberere und gesündere Welt hin zu linken Durchschnittsaktivisten, welche dank des Kampfbegriffes der Intersektionalität nun häufig für wenig bis gar nicht unmittelbar mit Klima- und Umweltschutz verbundene Themen, wie beispielsweise die Aufnahme von Flüchtlingen oder Antinatalismus werben, bereitet mir Sorgen.

Aber der Dienst an der Natur ist richtig und wichtig. Jedem Rechten, der etwas Weitblick besitzt, sollte klar werden, dass der Schutz unserer Erde unerlässlich ist, um eine annehmbare Zukunft für unser Volk und unsere Kinder sicher zu stellen. Zudem wäre ein großes Artensterben eine nicht hinnehmbare Katastrophe. Je nach Sichtweise kann der Wunsch nach der Bewahrung der Umwelt gar als klassisch konservativ gesehen werden.

Wer aber liberal im Zweifel immer auf die Freiheit des Individuums blickt, dem muss ein Zurückstecken zu Gunsten von Naturschätzen, anderen Menschen und zukünftigen Generationen suspekt sein, heißt dies doch auf das eine oder andere im Hier und Jetzt zu verzichten. Wer sich nun in die Reihe derer einreiht, die die Ökos an den Pranger stellen, und ihnen vorwirft, mindestens Spaß- und Spielverderber, schlimmerenfalls verblendete Dummköpfe, die unser aller Wohlstand verzocken zu sein, der bläst in dasselbe Horn wie Wirtschaftsliberale, denen die Dollarzeichen im Auge stehen.  Natürlich wäre es unklug jede radikale Forderung sofort und ohne Kompromiss umzusetzen. Auch der Vorwurf, dass diverse Ökoorganisationen als Rekrutierungsbecken verschiedener linksextremer Organisation, die sicher nicht das Wohl unseres Volkes oder überhaupt den Erhalt des Bestehenden im Sinn haben, ist wahr.

Anti-Öko-Haltung verhärtet die politischen Fronten

Wer jedoch aus Prinzip dagegen anrennt, etwa weil er, etwas überspitzt formuliert, das Recht auf „SUV zum Supermarkt fahren“ und Billigfleisch aus osteuropäischer Massentierhaltung kaufen zu dürfen verteidigt, den hätte Aristoteles sicher als einen nicht zum politischen Handeln Fähigen bezeichnet. Jemand, der so handelt, vergisst, dass das Volk, dessen Bestandteil auch zukünftige Generationen sind und die Heimat, welche selbstverständlich die Natur einschließt, über den Befindlichkeiten des Einzelnen stehen. Eine solche prinzipielle Anti-Öko-Haltung befördert die Verhärtung politischer Fronten, wo es eigentlich gemeinsame Interessen der Lager gäbe, zugunsten derer, die um ihren auf klima- und umweltschädlicher Industrie aufgebauten Reichtum und Einfluss fürchten.

Klimabewegungen von rechts pauschal abzuurteilen und sich zu Herabwürdigungen hinreißen zu lassen, welche sonst dem woken Lager in ihren Schmähungen über Trump und die Querdenker vorbehalten zu sein scheinen, treibt jene Klimaaktivisten lediglich in die weit geöffneten Arme von Linksextremen, die an ganz andere Sachen als den Klimaschutz und die Umwelt denken und ist dem Eigenen, auch der Heimatregion, dem Heimatland nicht zuträglich.

Die Augen vor den Herausforderungen der Zukunft zu verschließen und nicht auf eine Vielzahl von renommierten Experten zu hören, schlimmer noch, zwielichtige Vereinigungen wie beispielsweise EIKE zu bemühen, hilft nicht weiter und führt lediglich zu einem viel härteren Aufprall. Wichtige Zeit, eine möglichst sanfte Energie- und Industriewende, die Rücksicht auf den Steuerzahler, den Verbraucher und den Arbeitnehmer nehmen könnte, wird vertan. Nötige Fördermittel zur Erforschung neuer Technologien viel zu spärlich verteilt und andere Maßnahmen nicht oder nur zögerlich eingeleitet.

Ob die erforderlichen Schritte mit dem bestehenden System überhaupt machbar sind und Alternativen vom linken Rand Abhilfe schaffen, ist fraglich. Umwelt- und Klimaschutz verkommen zu reinen Spielbällen der Politik. Menschen beider Lager schreien sich an, ohne das notwendige Fachwissen zu haben, das hierbei bitter nötig wäre. Gerade die parlamentarische und leider in zunehmendem Maß auch die außerparlamentarische Rechte verkommen zu Handlangern einer neoliberalen „Weiter so!“-Kaste.

Umwelt und Klima sollten in unserem Lager keineswegs Pfui- und Buhthemen sein, sondern wichtige Schwerpunkte unseres eigenen Handelns, denn es geht uns alle an. Besonders dann, wenn uns etwas an unserer Zukunft liegt.

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