Anstoß

Reißt euch am Riemen!

Erst ist jeder sauer auf den anderen. Dann zeigt man wieder Geschlossenheit. Dann ist man sich wieder spinnefeind. Die Rede ist vom Vorstand der AfD.

Die Situation ist mehr als verwirrend. Petry kann nicht mit Höcke. Höcke nicht mit Pretzell und damit auch nicht mit Petry. Meuthen kann auch nicht mit Petry und paktiert deshalb mit Höcke. Gauland mag Petry und Pretzell nicht und erntet von ihnen auch keine großen Sympathien.

Grabenkämpfe im Vorstand

Alles verquer, alles nicht im Grünen. Wenn man eines vom Vorstand der AfD sagen kann, dann dieses: Er kann sich nicht ab. Keiner weiß mehr genau, wer eigentlich mit wem kann und mit wem nicht. Letzten Endes läuft es immer wieder auf das gleiche hinaus: Es gibt einen Aufhänger und daran entzündet sich dann in der Folge ein neuer Machtkampf im Vorstand.

Denn das ist es definitiv: ein Machtkampf. Man konnte noch mit Fug und Recht behaupten, dass es um eine wesentliche Meinungsdifferenz ging, als die große Spaltung und der Abschied des ehemaligen Parteichefs Bernd Lucke anstand. In den in der Folgezeit immer wieder ausbrechenden Grabenkämpfen geht es nicht mehr um grundsätzliche Meinungsunterschiede, sondern wer wem ans Bein gepinkelt hat.

Steht die AfD vor der Spaltung?

Der neuste Akt in diesem Trauerspiel wurde durch die – zugegeben: unglückliche – Rede des thüringischen Landeschefs Björn Höcke eingeleitet. Daraufhin ließ Petry verlauten, dass man das nicht hinnehmen werde. Und wieder mal nicht parteiintern, sondern öffentlich. Die Medien griffen dies natürlich sofort auf und prophezeiten eine neue Spaltung der Alternative für Deutschland.

Und es bildeten sich wieder zwei Lager. Die einen warfen Höcke vor, ein gefährliches Spiel zu treiben und am rechten Rand zu fischen. Die anderen, wie Alexander Gauland, kritisierten wiederum Frauke Petry, die mit ihrem Angriff auf Höcke dem Ansehen der Partei schaden würde. Parteischädigend seien aber vor allem die Auftritte Höckes, so die Petry-Fraktion. Jedoch ist die Position Höckes nicht das eigentliche Problem des Vorstandes. Die AfD lebt ein Stück weit von ungemein präsenten Einzelpersönlichkeiten. Das soll jedoch nicht heißen, diesen einen Freifahrtschein für alles geben zu können. Mäßigung heißt hier das Zauberwort.

Wenn eigene Befindlichkeiten wichtiger sind als die Sache

Das Problem der Parteispitze liegt also vielmehr darin, dass, wenn es um Macht und Einfluss geht, die Ellenbogen ausgefahren werden und der Blick für die Sache dann oft der eigenen Person und den eigenen Befindlichkeiten nachsteht. Denn der Vorstand bekennt sich geschlossen zum Programm der AfD und liegt auch inhaltlich nicht so weit auseinander, wie es manchmal den Eindruck hat. Hierin unterscheidet sich die Alternative für Deutschland in keinster Weise von den übrigen Neugründungen in der Parteienlandschaft der Geschichte der Bundesrepublik.

Das entzweiende Element ist vielmehr der Umstand, dass Frauke Petry sich in ihrer Position vom Landeschef aus Thüringen und seinen Sympathisanten im Bundesvorstand bedroht fühlt. Der Umstand, dass eine Rundmail von Gauland und Meuthen auf Betreiben des Petry-Lagers nicht an die Mitglieder versendet wurde, deutet zumindest darauf hin. Denn der sogenannte „national-konservative Flügel“ im Vorstand hat erheblichen Einfluss in der Partei, vor allem an der Basis. Schließlich genießt Alexander Gauland als Parteivize bei vielen Mitgliedern einen guten Ruf. Und Björn Höcke ist vor allem im Osten der Republik beliebt. Und mit Jörg Meuthen werden die Kritiker der Parteichefin durch einen beliebten AfD-Politiker im Westen verstärkt, der früher als betont liberal galt.

Die Deutschen setzen auf Sicherheit, Einigkeit und Stärke

Diese Konstellation ist Petry und Pretzell anscheinend ein Dorn im Auge. Der national-konservative Flügel wiederum sieht in Frauke Petry als Parteichefin nur eine Zwischenlösung, die auf keinen Fall endgültig sein dürfe. Direkte Konkurrenten im Rennen um die Parteiführung sehen daher in diesem Dauerschwelbrand die Möglichkeit, sich gegen Petry in Stellung zu bringen.

Dieses Verhalten des Bundesvorstandes ist dasjenige, das dem Ruf der Partei am meisten und nachhaltig schadet. Die Umfragewerte zeigen es. Denn einer Partei, die eine Spitze hat, die nicht geschlossen auftritt und die ganze Zeit streitet, vertraut der deutsche Bürger seine Stimme nur ungern an, auch wenn die Alternativen denkbar schlecht sind. In Deutschland setzt man mit Vorliebe auf Sicherheit, Einigkeit und Stärke. Der Bundesvorstand ist aber momentan weit davon entfernt, diese Kriterien auch nur annähernd zu erfüllen.

Die Rettung der Heimat muß das gemeinsame Ziel sein

Wenn die Alternative für Deutschland wirklich eine Alternative sein will und das trübe Schicksal dieses Landes verbessern möchte, ist Einigkeit in der Parteispitze gefragt. Mit ihr steht und fällt das Vorhaben, das die AfD hat und ihre Mitglieder beseelt: die Rettung ihrer Heimat. Sich als ein zerstrittener Haufen zu präsentieren, der nicht miteinander redet, sondern viel lieber in der Presse übereinander herzieht, macht diese Hoffnung zunichte.

Deshalb: Persönliche Befindlichkeiten runterschlucken, das Ziel im Blick haben und die Ellenbogen einfahren. Die Veränderung Deutschlands hin zum Guten kann nur gelingen, wenn sich jeder Funktionär vor jedem öffentlichen Auftritt und vor jeder Entscheidung, die er für die AfD trifft, fragt, was das Beste für die Partei und nicht für das eigene Fortkommen in der Politik ist. Das gilt für alle. Sowohl in Thüringen, als auch im Bundesvorstand.

[Bild: Armin Paul Hampel (links) und Frauke Petry (rechts), von: opposition24.de, flickr, CC BY 2.0]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Datenschutzinfo