Anstoß

Tobias Rathjen und eine ungeheuerliche Instrumentalisierung

Die Tat des Massenmörders Tobias Rathjen beschäftigt die Republik. Bereits wenige Stunden nach der Tat bemüßigte sich Konstantin von Notz (Grüne) einen Zusammenhang mit der AfD herzustellen.

Mittlerweile reihte sich erwartungsgemäß die gesamte Politikprominenz dieser Republik ein. Anknüpfungspunkt? Ausschließlich der Umstand, dass sowohl die AfD als auch Tobias Rathjen – bei letzterem vorsichtig ausgedrückt – Migration kritisch bewerten. Doch während die AfD für weniger Zuwanderung steht, fordert Rathjen in seinem 24-seitigen Dokument die Auslöschung ganzer Rassen.

Gleichzeitig nimmt der Bereich Migrationspolitik nur einen verhältnismäßig kleinen Teil seines Pamphlets ein, in welchem er sich für zahlreiche Ereignisse der Weltgeschichte für verantwortlich hält. Er behauptet, seit seiner Kindheit von einem Super-Geheimdienst per Gedankenkontrolle überwacht zu werden und gibt dem DFB und der Bundeswehr Tipps mit auf den Weg. Übrigens hat der DFB auch Klinsmann und Bierhoff berufen, weil er das gedacht und der Super-Geheimdienst es weitergegeben hat. Muss man wissen.

Seit zwanzig Jahren irre: Legale Waffen hatte er trotzdem

Schon im Jahr 2002 erstattete Rathjen das erste Mal Strafanzeige wegen der „illegalen Überwachung“ durch den „Super-Geheimdienst“. Im Jahr 2019 unternahm er den dritten und letzten Anlauf und wandte sich auch an den Generalbundesanwalt, der sich jetzt „zutiefst schockiert“ über seine rassistische Gesinnung zeigt. Gleichzeitig war Rathjen über all die Jahre hinweg Inhaber einer Waffenbesitzkarte und mehrerer darauf eingetragener großkalibriger Schusswaffen.

All das hat mit der AfD rein gar nichts zu tun. Sehr wohl zu tun hat es mit Behördenversagen und einem offenbar psychisch kranken Menschen, der in seinem Umfeld von niemandem ernst genommen wurde. Sicherlich kann hier sein Vater, ein Kommunalpolitiker der Grünen, im Laufe der Ermittlungen noch Licht ins Dunkle bringen.

Von Medien bewusst verschwiegen: Rathjens Erfahrungen mit „Südländern“

Auch das Narrativ, die AfD (sie kommt in dem Manifest gar nicht vor) habe durch ihre „Hetze“, mit der mittlerweile jegliche Kritik an Migration gemeint zu sein scheint, den Täter zur Tat motiviert, ist an den Haaren herbeigezogen. Vielmehr beschreibt Rathjen in seinem Manifest umfangreich ein Gespräch mit einem ehemaligen Berufskollegen im völlig AfD-freien Jahr 1999 über Türken, Araber und Nordafrikaner.

Er berichtet von dem „schlechten Verhalten“ dieser Bevölkerungsgruppen und den Erfahrungen mit ihren Belästigungen und ihrer Gewalt auf dem Schulweg und in der Disco. Erfahrungen, die komischerweise selten mit asiatischen Migranten gemacht werden, sondern immer wieder mit genau diesen Bevölkerungsgruppen geschildert werden. Auf Grund dieser Erfahrungen habe er dann sein rassistisches Weltbild entwickelt. Damit waren also genau die Aspekte für den Tatentschluss verantwortlich, die die Spezialdemokraten jeglicher Couleur gerne unter den Tisch fallen lassen, wenn es um ihre schöne neue Welt der Afrikanisierung und Islamisierung geht.

Die Entwicklung, dass die zahllosen inländerfeindlichen Übergriffe nicht folgenlos bleiben und auch einen einheimischen Terrorismus hervorrufen, hat der britische Aktivist Tommy Robinson bereits vor einigen Jahren vorausgesehen und eindringlich vor ihr gewarnt. Es seien gerade Gruppen wie seine English Defence League oder eben auch die rechten Parteien, die Veränderungen auf demokratischem Wege erreichen wollen und explizit zum Gewaltverzicht aufrufen, die ein Abgleiten von Teilen der einheimischen Bevölkerung in den Rechtsterrorismus verhindern könnten.

Terror von atypischen Rechtsextremen wird uns in den nächsten Jahren begleiten

Seit Breiviks Bluttat auf Utoya scheint diese Bewegung hin zum nicht klassisch-rechtsextremen, aber dennoch im weitesten Sinne ausländerfeindlichen Terrorismus von Einzeltätern begonnen zu haben. Auch die AfD tut gut daran, nichts zu beschönigen und die Motivlage nicht nur mit psychischen Erkrankungen zu erklären. Vielleicht sollte vielmehr offen die Gefahr dieser Entwicklung benannt werden. Denn es muss damit gerechnet werden, dass wir auch in den nächsten Jahren von derartigen Gewalttaten nicht verschont bleiben.

Dabei sind diese neben den entsetzlichen Auswirkungen auf Menschen und ihre Familien auch politisch toxisch, denn sie behindern eine seriöse Auseinandersetzung mit dem Problem Migration. Und selbiges muss als Kernursache endlich gelöst werden, um sowohl rechtsextremen Menschenhass als auch islamistischen Terrorismus endgültig zu stoppen.

(Bild: Pixabay)

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