Anstoß

Warum den Sozialdemokraten die Wähler davonrennen

Die Sozialdemokratie hat es schwer dieser Tage. Die kürzlich erfolgte Wahl in Schweden hat einen Trend bestätigt, der sich seit Jahren in den meisten europäischen Ländern abzeichnet.

Sozialdemokratische Parteien verlieren und verlieren und kommen auf keinen grünen Zweig mehr. So haben in Schweden die Sozialdemokraten mit 28,4 Prozent das schlechteste Ergebnis eingefahren seit über 100 Jahren. 2002 waren es noch 39,9 Prozent. Auf tagesschau.de war kurz nach der Wahl zu lesen: „Die Polarisierung nimmt (…) zu.“

Drittrangige Zwergpartei

Ein Blick auf die europäische Landkarte zeugt von dem Ausverkauf „einer der ältesten politischen Ideen“ (Spiegel Online) Europas. Vergleicht man die Wahlergebnisse seit der Jahrtausendwende mit heute, so wird man feststellen, dass in einigen Ländern die Sozialdemokratie bereits auf die Größe einer drittrangigen Zwergpartei geschrumpft ist. In Großbritannien waren es 2001 stolze 40,7 Prozent. Bei der letzten Wahl 2015 hingegen noch 30,5 Prozent. In Frankreich sind die Sozialdemokraten innerhalb von 15 Jahren von 23,8 Prozent (2002) auf 7,4 Prozent (2017) abgestürzt. Der letzte sozialdemokratische Präsident war der unbeliebteste in der Geschichte der 5. Republik.

In Italien sieht es ähnlich aus. Von 43,2 Prozent (2001) auf 18,7 Prozent (2018). Auch die SPÖ, ehemals „Staatspartei und dominierende Kraft der Alpenrepublik“ (Focus), ist abgekanzelt worden. Auf nun 27 Prozent. Und in Deutschland? Kaum zu glauben, dass eine Partei, die 1998 unter Kanzler Gerhard Schröder noch 41 Prozent einfuhr, bei der letzten Bundestagswahl nur noch auf 20,5 Prozent kam; das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der SPD.

Wanderungen an den Rand

Als eine „Existenzkrise“ bezeichnete es unlängst der Focus. Ein „beispielloser Niedergang, der die europäische Sozialdemokratie erfasst“ habe, wäre nun überdeutlich zu erkennen. Im Allgemeinen ist ein Trend zu erkennen, der die politische Landschaft in Europa erheblich umkrempelt. So sind Wählerwanderungen von der politischen Mitte – zu der auch die Sozialdemokratie gezählt wird – hin zu den Rändern des politischen Spektrums zu beobachten. In beide Richtungen wohlgemerkt. So konnte die sozialistische Syriza in Griechenland auf Kosten der Parteien der Mitte Erfolge einfahren. In Deutschland war es vor allem die Alternative für Deutschland, die in der Wählerschaft der SPD wilderte. Gleiches gilt für die FPÖ in Österreich, aber auch für die Schwedendemokraten.

Was sind also die Gründe für diese Entwicklung? Einer der am häufigsten angeführten Gründe ist das Aussterben der ehemals klassischen Wählerschicht der Sozialdemokraten: die Arbeiter. Diese, in der Industrialisierung entstandene Schicht ist seit dem 2. Weltkrieg stark geschrumpft. In Deutschland beispielsweise machte sie vor 50 Jahren noch rund die Hälfte der Erwerbstätigen aus. Nun sind es kaum mehr als ein Viertel. Auch wählt dieses Viertel nicht mehr ausschließlich die SPD. Vielmehr ist das ehemals relativ homogene Lager der Arbeiter politisch fragmentiert. Wobei auch hier die Tendenz weg von der politischen Mitte zu beobachten ist.

Vertrauensverlust in Volksparteien

Ein weiterer Grund soll der „allgemeine Vertrauensverlust“ (Spiegel Online) in die Volksparteien sein. Der Wähler, wie es so oft heißt, traue den Volksparteien nicht mehr zu, die Probleme dieser Zeit lösen zu können. Daher verfällt man auf alternative Angebote. Zumeist wird hier nachgeschoben, dass zumindest die Konzepte der AfD nichts taugen oder gar nicht vorhanden seien. Und obzwar diese Polemik eine ideologische Voreingenommenheit jener Analysten offenbart, haben sie zumindest in einem Punkt recht: der Wähler, vor allem der Arbeiter, hat das Vertrauen in die ehemaligen Volksparteien verloren.

Und das ist auch nicht verwunderlich. Es wirkt schließlich nicht besonders überzeugend, wenn man einerseits bessere Löhne durch mehr Bildung propagiert, aber auf der anderen Seite das deutsche Schulsystem, getrieben von dem Wunsch nach allumfassender Gleichheit, zu einem System umbaut, das nur noch Durchschnitt fabriziert.

Es wirkt verlogen, wenn man einerseits sich im Wahlkampf als Fürsprecher der sozial Schwachen und Unterbezahlten – wie Rentner und Erwerbstätige im sozialen Sektor – aufspielt, es jedoch nicht für nötig hält, den heimischen Arbeitsmarkt zu schützen, beziehungsweise aktiv massenhaft Wirtschaftsmigranten die Türe aufmacht, die in den betroffenen Wirtschaftssektoren für ein Überangebot an Arbeitskräften sorgen, was auf die Löhne drückt. Es wirkt geradezu lächerlich, in Jahren der Steuerrekordeinnahmen nicht einmal im Traum daran zu denken, den Bürger steuerlich zu entlasten, stattdessen ständig nach noch mehr Geld zu schreien.

Und wie, bitteschön, wirkt es auf eine Rentnerin, die ihr ganzes Leben gearbeitet hat aber dennoch im Alter Flaschen sammeln gehen muss, wenn sie erfährt, dass dennoch genug Geld da ist, auch abgelehnte Asylbewerber weiterhin kräftig durchzufüttern und zu alimentieren?  Oder auf eine Familie, die trotz Unterstützung seitens des Staates dennoch kaum über die Runden kommt, wenn sie erfährt, dass straffällige Ausländer, die diesem Land nur geschadet haben, auch weiterhin jeden Monat ihr Geld bekommen? Was wird ein Bürger denken, wenn ihm einerseits von der Regierungschefin gesagt wird, dass ihrer Meinung nach die Rente in Zukunft nicht mehr für alle reichen werde, aber zeitgleich Milliarden von Steuergeldern im schwarzen Loch der Euro-Rettung verschwinden?

Verrat am kleinen Deutschen

Auch die Sozialdemokratie hat ihre Wähler verraten: den kleinen deutschen Mann. Zugunsten des neuen Proletariers: dem Ausländer. Für dessen Belange wird gekämpft, wird Geld locker gemacht, wird sich eingesetzt. Und der einfache Bürger hat das Nachsehen. Wen wundert es also, wenn er nicht mehr SPD wählt? Politiker im deutschen Bundestag sind ihrem Arbeitgeber verpflichtet: dem deutschen Volk. Und wer seine Arbeit nicht erledigt, fliegt raus.

Die Erfolge, die sogenannte „rechtspopulistische“ Parteien bei jeder Wahl feiern können, deuten in dieselbe Richtung. Der ehemalige Anwalt des kleinen Mannes hat sich zu viel um andere Mandanten bemüht und darüber die eigenen vollkommen vergessen (wollen). Dies rächt sich nun. Denn ein Volk besteht nun einmal zum überwiegenden Teil aus kleinen Männern, die notgedrungen scharenweise die Kanzlei wechseln. Hat sich oben genannter Anwalt mit seinem Versuch, die Klientel zu vergrößern vielleicht doch letztlich einen Bärendienst erwiesen? Denn nun ist die Kanzlei so gut wie leer.

(Bild: Martin Schulz, SPD Saar, flickr, CC BY-ND 2.0)

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