Wieviel Zeitgeist geht eigentlich noch? Wenn man sich die jüngsten Forderungen der Studentenvertretung der Fakultät für Orientalische und Afrikanische Studien (SOAS) an der Universität London zu Gemüte führt, anscheinend noch eine ganze Menge mehr.
Hier wird gefordert, alle europäischen Philosophen von Platon bis Nietzsche weitestgehend vom Lehrplan zu verbannen und stattdessen den Fokus auf Philosophen aus dem asiatischen oder afrikanischen Raum zu lenken.
Europäische Philosophie wird weltweit bewundert
Wieso sollte man so etwas tun? Im asiatischen Raum lernen Philosophiestudenten fleißig deutsch, nur um die Klassiker des deutschen Idealismus und der Transzendentalphilosophie im Original lesen zu können. Man hat dort nichts als Bewunderung für den Philosophietitanen Immanuel Kant und seine Nachfolger übrig. Europäische Philosophen werden in der ganzen Welt mit Vorliebe gelesen. Warum? Weil hier eben die Wiege der modernen Philosophie steht, weil europäische Philosophie dominant ist.
Nur in Europa selbst steht man dem eigenen Erbe zunehmend kritisch gegenüber, vor allem wenn man selbst Philosophie studiert – oder zumindest so tut – und sich betont weltmännisch geben will. Da sind die verstaubten Klassiker der Philosophie nur ein unverständlicher Klotz am Bein. Und überhaupt: die europäische Philosophie atmet schließlich stetige Geringschätzung für alles Nicht-Europäische. Dagegen muss man als Philosophiestudierender, linker Weltverbessernder und Flüchtlingsliebhabender einfach sein.
Kritische Studenten sägen an ihrem eigenen Ast
Warum? Ich weiß es nicht. Ist das Werk der geschassten Philosophen nicht die Grundlage unseres modernen Staates? Grundlage unseres Rechtsverständnisses? Der Demokratie? Des wissenschaftlichen Fortschritts? Sind es nicht Sokrates und Platon? Sind es nicht John Locke und Thomas Hobbes? Sind es nicht Descartes und Immanuel Kant, die uns Europäer geistig-zivilisatorisch vorangebracht haben?
Sind es nicht eben alle diese Philosophen, die mit daran gearbeitet haben, dass wir in einem Staat leben können, in dem sich auch Studenten aus London den Kopf darüber zerbrechen können, ob jene Philosophen nicht aus dem akademischen Lehrbetrieb genommen werden sollten?
Man muss sich wohl fragen, warum so etwas offensichtlich Stupides gefordert wird. Den Studenten zu Folge als Zeichen der „Dekolonisierung“. Das Lehren der Ideen Platons, Kants oder Berkeleys scheint ein Affront gegen die schöne, neue Welt des Multikulturalismus zu sein. Mit der Fokussierung auf europäische Philosophen geht wohl eine scheinbare Diskriminierung aller Nicht-Europäer einher.
Die Abschaffung des weißen Mannes
Man will das Erbe des Abendlandes am Boden sehen. Man will das Feindbild „weißer Mann“ endlich besiegt wissen. Auf diesem Feldzug sind aber eben solch herausragende Persönlichkeiten wie Nietzsche oder Heidegger, wie Kant oder Fichte, wie Hume oder Berkeley im Weg. Denn sie sind nun mal auch weiße Männer. Die Forderung nach einer Beschneidung des Lehrplans in der philosophischen Fakultät an der Universität London zu Ungunsten der europäischen Philosophie zielt genau darauf ab: die Abschaffung des weißen Mannes.
Der Philosoph Sir Roger Scruton wandte sich scharf gegen solch dreiste Bestrebungen: „Das ist Ignoranz und sie ist gepaart mit einer Entschlossenheit, diese Ignoranz nicht zu überwinden. Man kann nicht einfach so ein ganzes Feld der intellektuellen Erkenntnis streichen, ohne dies vorher eingehend untersucht zu haben und ganz offenbar haben sie absolut keine Ahnung, was sie selbst mit weißer Philosophie meinen. Wenn sie tatsächlich meinen, es gibt eine Verbindung zwischen dem Kolonialbetrieb und Kants Kritik der reinen Vernunft, dann würde ich sie gerne hören.“ Ich auch. Man kann es nicht anders sagen: die Verbindungen, die von den Weltverbesserern aus London gezogen werden, sind, mit Verlaub, selten dämlich und lächerlich.
Dieser neuerliche Auswuchs der „Critical Whiteness“-Bewegung wird nicht der letzte sein. Denn was hier praktiziert und mit dem Titulus des Antikolonialismus bekleidet wird, ist nichts anderes als die Abneigung gegen alles Europäische. Diese Abneigung, man könnte fast sagen, dieser Hass ist geboren aus dem Selbsthass, den die linke Bewegung schon lange vor sich herträgt. Man kann sich selbst nicht leiden, nicht ausstehen, was man ist und für was man steht (nämlich das Englische, das Deutsche, das Französische, das Europäische) und projiziert diese Antipathie auf all jene, die sich für die Bewahrung dieses Eigenen einsetzen. Kurz gesagt: gegen den weißen, europäischen, abendländischen Menschen, bevorzugt Mann.
(Bild: Platon)
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