Gesichtet

Wer gehört zu Deutschland?

Der Islam gehört zu Deutschland! Der Islam gehört zu Deutschland? Die einen sagen „Ja“, die anderen „Nein“, oder „ein bisschen“.

Aber fragt man die Leute, kommen die Antworten wie aus der Pistole geschossen. Dabei ist die Frage gar nicht so einfach. Gefragt wurde nämlich nicht: „Findest du den Islam blöd oder toll?“ Sondern ob eine Religion zu einem Land gehört. Und schon fangen die Probleme an.

Wir wissen selbst nicht, was Deutschland ist …

Was heißt denn dazugehören? Was ist ein Land? Und was ist der Islam? Sollte die Frage nicht lauten: „Soll ein politischer Islam die Geschicke eines traditionell nichtislamischen Volkes mitbestimmen?“ Die Antwort ist eindeutig: „Nein“. „Gehören Menschen einer anderen Religion, die in Deutschland geboren wurden, zur staatlichen Verwaltungseinheit?“. Die Antwort lautet ganz klar: „Ja“.

Wohlgemerkt wurde hier weder von Volkskörper, noch Nation, noch Land gesprochen. Da könnte die Antwort wieder ganz anders ausfallen. Seit Jahrhunderten sind wir, auf unserem „deutschen Sonderweg“ auf der Suche nach „Deutschland“. Wenn wir selbst nicht einmal wissen, was das ist, wie kann dann jemand Fremdes, oder der Nachbar, dazugehören? Oder nicht dazugehören? Sie als Leser denken sich wahrscheinlich: „Völlige Haarspalterei! Deutschland ist natürlich X; Ein Deutscher ist natürlich Y!“ Aber sind Sie sich sicher, dass die anderen Leser das auch unterschreiben würden?

Zwischen Lokalpatriot und Weltbürger: Abstammung oder Geburtsort

Gründe für die Unsicherheit bezüglich der „Deutschheit“ oder des „Deutschseins“ liegen im Zeitgeist. Das „Zeitfenster“ der Deutschen ist begrenzt, viel kürzer als in anderen Nationen. Vor 150 Jahren sagte man noch: „Ich bin Pfälzer!“ oder „Ich bin Sachse!“ Erst seit 1914 konnte man überhaupt rechtlich ein „Deutscher“ sein. Nach einhundert Jahren scheint sich die „deutsche Periode“ dem Ende zuzuneigen.

Heute sagen die (verbildeten) Leute: „Ich bin Europäer!“ Oder noch besser: „Weltbürger“. Der Begriff ist an Absurdität kaum zu überbieten. Bin ich jetzt in jedem Land mit Bürgerrechten ausgestattet? Nur weil ich am Wochenende nach Tokio fliege und einen Urlaub in Afrika mache, heißt das nicht, dass ich ein „Kosmopolit“ bin. Bei den Griechen lebten die meisten Menschen ihr Leben lang in einer Polis, waren aber nicht Mal mit Rechten ausgestattete Vollbürger.

Im Zuge der Einwanderung und Globalisierung hatten wir in Deutschland ein größeres Problem als andere Länder. Im germanischen Raum galt seit langer Zeit das „Abstammungsrecht“. Deutscher ist, wer deutsche Eltern hat. Erst unter Rot-Grün wurde das Prinzip aufgeweicht. Man wurde automatisch Deutscher, wenn man in Deutschland geboren wurde und sich ein Elternteil „seit acht Jahren gewöhnlich und rechtmäßig in Deutschland aufhält“. Zugleich darf das Kind die Nationalität der Eltern beibehalten und musste sich bis 2014 in der sogenannten „Optionspflicht“ erst später für eine Nationalität entscheiden. Die Optionspflicht wurde schließlich auch abgeschafft.

Zeitenwende

Wir befinden uns also in einem Transitstadium aus althergebrachtem Blutrecht und neu implementiertem Bekennungs- oder Bodenrecht. Klar sein sollte aber auch, dass man mit diesen polit-juristischen Gesetzesänderungen nicht wirklich weit kommt. Demnach bin ich ein Deutscher, wenn mein Vater seit acht Jahren in Deutschland lebt (rechtmäßig). Womöglich spricht er jedoch kein Wort Deutsch. Da er meine Mutter im Urlaub nur geschwängert hat, spricht sie ebenfalls kein Wort Deutsch. Sie wurde lediglich zu meiner Geburt nach Deutschland geholt. Welch grandioser Kokolores …

Eine Rückkehr zum reinen Abstammungsprinzip wäre eine Möglichkeit, ist aber praktisch schwer umzusetzen. Wird ein biologischer Halbdeutscher, der sein Leben in Deutschland verbracht hat, auch ein Deutscher? Muss der Vater oder die Mutter deutsch sein? Man stelle sich den Aufschrei vor, man würde die jüdisch-orthodoxe Einstellung adaptieren, nur die Mutter bestimme die Zugehörigkeit. Im Zeitalter der Unterwerfung gegenüber dem Islam könnte dies zudem folgenschwere Probleme bereiten.

Deutschlandhasser, Auswanderer und Kämpfer für Deutschland

Aber wie sieht es denn mit unseren eigenen weißen, „blutsreinen“ Deutschen aus, die innerhalb Deutschland leben, aber „Deutschland verrecke“ skandieren? Sind das auch Deutsche? Gar keine so leichte Frage. Was ist, wenn biologische Halbdeutsche das gleiche rufen? Oder Passdeutsche mit Viertelanteilen? Was macht man mit Passdeutschen ohne deutsche Vorfahren, die auf der anderen Seite der Absperrung stehen, bei PEGIDA mitlaufen und „Volksverräter“ brüllen? Ich will keinem Ausländer, der mehr Mumm und Weitsicht vorweist als 99 % der gesamten Bevölkerung, sagen müssen, er habe das Land zu verlassen.

Ganz kompliziert wird es bei Auswanderern. Sind die Auslandsdeutschen, beispielsweise in Namibia oder Südafrika, genauso deutsch, wie wir hiesigen? Sind sie so deutsch, wie jemand der aufgrund der aktuellen Entwicklung nach Asien, Kanada oder die USA auswandert um dort zu arbeiten und zu leben. Ist das nicht eher eine Flucht vor der Verantwortung? War es das vor 140 Jahren nicht vielleicht auch? „Wer sein Vaterland abstreift, wie einen alten Rock, ist für mich kein Deutscher“, sagte einst Bismarck.

In den letzten Jahren hat sich eine spannende Wende vollzogen. Im Unterbewusstsein vieler Deutscher entscheidet mehr und mehr die politische Einstellung über die Zugehörigkeit. In der AfD gehen Ausländer ein und aus. Imad Karim und Abdel Samad stehen stellvertretend für eine konservative „Deutschlandfront“ von tausenden „Ausländern“. Beispielhaft war auch das kürzlich geführte Interview von Robin Classen. Wen würde man vorziehen? Antifa-Malte-Sören mit Ariernachweis, der „Bomber Harris, do it again“ ruft, oder sich um Deutschland verdient gemachte Ausländer? Beispielsweise ist Petr Bystron nach dem reinen Blutrechtsprinzip ein Tscheche.

Deutscher ist, wer Deutschland liebt?

Also könnte man einen französischen „Bekennungsgedanken“ als Gradmesser der Integration oder der Zugehörigkeit heranziehen. Ernst von Salomon sagte dazu: „Deutschland ist da, wo um es gerungen wird.“ Ein romantischer Gedanke der 20er, aber fraglich, ob er sich im 21. Jahrhundert bewährt. Damals gab es brennendere Fragen als einige wenige Immigranten. Hypothetisch: Hätte ein schwarzer AfD-Abgeordneter bei Salomon Werbung für Deutschland gemacht, hätte er ihn als Neger beschimpft und vom Hof gejagt?

Ja, heute sind wir da liberaler. Ob aber das reine Bekenntnis zum Land als Zugehörigkeitsmerkmal politisch umsetzbar ist, ist in hohem Maße fragwürdig. Möglich wäre eine Unterwanderung durch Personen, die angeblich Deutschland lieben. Man kennt die Situation aus dem Urlaub: Je größer die Geldbörse ist, desto mehr lieben die Leute Deutschland. Im Großen läuft das nicht anders ab.

Aber auch mit gesteuerter Immigration, würden die biologischen Deutschen auf kurz oder lang aussterben. Selbst wenn man nach harten Kriterien die Zuwanderung oder die Einbürgerung bestimmt, muss klar sein, dass nach einer gewissen Anzahl an Zuwanderern – die ebenfalls durch die Dauer bestimmt ist – irgendwann keine biologisch Deutschen mehr in Deutschland leben. Beispiel: Kommen dürfen nur noch Leute mit einem IQ von über 120, einer abgeschlossenen Hochschulausbildung und genügend Vermögen (Vergleich Australien). Innerhalb von Jahrzehnten würden Ostasiaten unser Land bevölkern. Die Wirtschaft würde florieren, aber was hat das noch mit Deutschland zu tun?

Der neue Volksdeutsche

Etablieren könnte sich auch eine Teilung der „Deutschen“. Im sprachlichen Sinne. Die Entstehung des „Biodeutsche“, übrigens von Seiten der Grünen, als beleidigende Begrifflichkeit, war der erste Schritt in diese Richtung. Man merkt, von linker wie von rechter Seite, dass der „Deutsche“ einfach nicht mehr existiert, der Begriff entfremdet, entleert und ausgelutscht wurde. Viel älter ist der Begriff der „Volksdeutschen“, der aufgrund des böse klingenden Volkes und der nationalsozialistischen Aufladung des Begriffes kaum noch Verwendung findet. Das Gegenstück zum Biodeutschen ließ nicht lange auf sich warten: Plötzlich gab es den „Passdeutschen“, der de facto schon seit Jahrzehnten hier lebt, aber nie wirklich etikettiert wurde. Vor wenigen Jahren hieß es einfach nur „Ausländer“ oder „Kanacke“.

Was ist die Steigerung des Passdeutschen? Seit einigen Monaten kursiert die Formulierung des „Merkeldeutschen“ – ein Pendant zu den „Goldstücken“, die Merkel einlud und in ihrer „Jetzt sind sie eben hier-Mentalität“ am liebsten direkt mit dem deutschen Pass ausstatten würde. Auch die Bezeichnung „Ausländer“ ist mittlerweile dermaßen begriffsentleert, dass niemand etwas damit anfangen kann, ohne den Inhalt zu definieren.

Selbst NPD und Republikaner haben kein Problem mit einem integrierten Dänen. Der ist, juristisch wie sprachlich, aber genauso ein Ausländer, wie Terroristen-Ali aus dem Sudan. Die Sprache muss differenzierter werden, allerdings ist „Sprache“ und „muss“ bereits ein Gegensatz in sich. Vorsichtig sollte man auch bei Verschleierungen sein. „Deutscher mit Migrationshintergrund“ ist eine solche Scharade, die zwar differenziert, aber nichts wirklich klarer macht und nur aus Gründen der „political correctness“ eingeführt wurde.

Logischer Deutschenverstand

Klar sollte aber auch sein, dass diese Gedanken abstrakt und theoretisch sind und wir momentan von allerhand drängenderen Problemen gebeutelt werden, als mit Gen- und Ideologietest zu überprüfen, wer denn genau was ist. Auch glaube ich, dass in diesen Erörterungen, die im Kopf jedes Einzelnen stattfinden, das Problem der Deutschen zu Grunde liegt: Wir wollen alles klassifizieren, kategorisieren, einteilen. „Kann denn nicht mal endlich jemand klare Regeln aufstellen“, schreit unser Großhirn uns an. In Zeiten der babylonischen Volksverwirrung ist das kaum mehr möglich.

Zwar haben alle eine unterschiedliche Meinung zum „Deutschen“ aber, und davon bin ich überzeugt, kann jeder Deutsche innerhalb weniger Sekunden, durch Instinkt und logischen Menschenverstand entscheiden, wer dazugehören sollte und wer nicht. Klar muss aber auch sein: Dazugehören als was? Dazugehören zu was? Und damit geht der Kelch an uns selbst.

(Bild: Pixabay)

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