Anstoß

Die Denunzianten sind unter uns

Fake News, russische Hackerangriffe im Bundestagswahlkampf, Prüfstelle für Propaganda-Seiten und ein Werbeboykott, der die „Achse des Guten“ und „Tichys Einblick“ bedroht. 2017 wird das Jahr der Meinungsfreiheit. Es steht nur noch nicht fest, ob im positiven oder negativen Sinne.

Digitale Medien-Manipulationen sind das große Thema dieser Tage. Auf drei Schauplätzen wird gerade besonders intensiv gekämpft:

  1. Mehrere Politiker der CDU wollen eine Strafverschärfung für Falschinformationen. Ansgar Heveling, Chef des Bundestagsinnenausschusses, sagte der Rheinischen Post: „Ich halte eine Strafverschärfung für sinnvoll, wenn es hierbei um einen gezielten Kampagnencharakter geht.“ Sein Kollege Patrick Sensburg ergänzte: „Gezielte Desinformation zur Destabilisierung eines Staates sollte unter Strafe gestellt werden.“ Zudem müsse man überlegen, „ob es eine Art ‚Prüfstelle‘ geben soll, die Propaganda-Seiten aufdeckt und kennzeichnet“. Im Kampf gegen Fake News soll also ein Wahrheitsministerium her und am besten gleich noch eine Gedankenpolizei, die immer schon eingreift, bevor der angebliche Schaden entstanden ist. Was aber passiert, sollten etablierte Politiker lügen und die Mainstream-Medien desinformieren? Kommt dann der Tagesschau-Chefredakteur ins Gefängnis? Wohl kaum.
  2. Schon jetzt ist sicher, daß der Bundestagswahlkampf 2017 für die etablierten Parteien so hart wird wie noch nie zuvor. Zum einen haben sie sich das selbst zuzuschreiben, weil sie in den letzten Jahren das Volk nach Strich und Faden belogen und betrogen haben. Zum anderen liegt es an der AfD, die allen Parteien wichtige Prozente wegnehmen dürfte. Sozialistische Selbstkritik wollen unsere Politiker dennoch nicht üben. Statt dessen zeigen sie mit dem Finger nach Moskau. Putin soll an allem schuld sein. Er plane einen Hybridangriff auf die Bundestagswahl. Mit Hackerattacken wolle er die IT-Infrastruktur, z.B. von Krankenhäusern, lahmlegen. Außerdem schrecke er auch nicht davor zurück, ausländische Sexmobs einzusetzen, sind sich „Experten“ laut BILD-Zeitung einig.
  3. Währenddessen führt der Werbeheini Gerald Hensel von der angesehenen Agentur Scholz & Friends einen Privatkrieg gegen angeblich rechte Medien. Unter dem Hashtag #KeinGeldFürRechts will er dafür sorgen, daß ein Medium wie Breitbart in Deutschland gar nicht erst Fuß fassen kann und die liberalen Blogs „Achse des Guten“ und „Tichys Einblick“ nachhaltig geschädigt werden, indem sie auf die Schwarze Liste der Werbeindustrie kommen. Hensel betont: „Es gibt ein Recht auf freie Meinungsäußerung. Aber es gibt kein Grundrecht auf Werbeeinnahmen.“ Deshalb informiert er jetzt alle Werbekunden der „Rechten“ und weist sie darauf hin, daß ihre Onlinebanner bei den „Bösen“ stehen und sich dies schnell ändern sollte, sonst … ja, sonst was? Der nächste Schritt ist schon vorprogrammiert: Wer sich weigert, auf die Denunziation zu reagieren, wird selbst denunziert. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.

Aufmerksame und langjährige Blaue Narzisse-Leser fragen sich nun vielleicht, so what? Google Adsense hat uns schließlich schon 2008 rausgeschmissen. Darüber hinaus ist es uns seit Jahren so gut wie unmöglich, repräsentative Räume für größere Vortragsveranstaltungen anzumieten. Wir haben es erst im Oktober wieder versucht, doch in Dresden ist kein größeres Hotel bereit, uns einen schmucken Saal zu geben.

Kampf gegen rechts solange in Ordnung, wie die Mitte nicht betroffen ist

Wir sind Rechte. Wir müssen draußen bleiben. Die Empörung darüber hielt sich übrigens auch bei Leuten wie Henryk M. Broder immer in Grenzen. Zwar prangert er seit Jahren die politische Korrektheit an und gab uns auch schon ein Interview, aber bei der konkreten Benennung der Opfer der Ausgrenzung hielt er sich geschickt zurück. Sein Kollege Dirk Maxeiner ist da nicht anders. Zum aktuellen Werbeboykott schrieb er: „Es geht in diesem Fall nicht um den Kampf gegen den gefährlichen rechten Rand unserer Gesellschaft, es geht um die Stigmatisierung und Einschüchterung der bürgerlichen Mitte.“ Nach dieser Logik ist es in Ordnung, die bösen Rechten auszugrenzen. Nur die „bürgerliche Mitte“ müsse unter Naturschutz gestellt werden. Dumm nur für Maxeiner und Co., daß sie nicht entscheiden dürfen, was die Mitte ist und wo der rechte Rand beginnt.

Das Grundproblem wird damit offensichtlich: Die bürgerlich-liberale Mitte hat noch immer nicht begriffen, daß es keinen Unterschied zwischen angeblich guten und schlechten Denunziationen gibt. Ebenfalls gibt es keinen Unterschied zwischen „guten“ (amerikanischen, bundesdeutschen, massenmedialen, …) und „schlechten“ (russischen, rechten, …) Manipulationen. Denunziationen und Manipulationen sind an sich schlecht.

Kann man im Meinungskampf überhaupt Fairneß erwarten?

Zwei Möglichkeiten gibt es, sich dazu zu verhalten: Man kann Denunziationen und Manipulationen als Teil des politischen Kampfes begreifen, in dem keine Fairneß zu erwarten ist. Dann ist so ziemlich alles legitim. Lügen- und Lückenpresse dürften die Regierung unterstützen. Wahlkampfversprechen müßten nicht eingehalten werden und zugleich dürfte sich auch Wladimir Putin in Stellung bringen. Rumgeheule aufgrund der Boshaftigkeit der Anderen wäre dann deplaziert. Man müßte einfach noch grausamer zurückschlagen. Das Ganze läuft auf eine Verrohung des politischen Diskurses hinaus. Am Ende würde es nur noch um Macht gehen wie in House of Cards.

Wer dagegen die Meinungsfreiheit ernsthaft verteidigen will, muß alle politischen Gruppen jederzeit zu Wort kommen lassen und sich mit Falschmeldungen argumentativ auseinandersetzen, statt den Staatsanwalt zu rufen. Auf die Dauer dürfte das etwas nervig werden, weshalb es zumindest für die große öffentliche Bühne einer Einschränkung bedarf. Diese darf aber nicht willkürlich sein, sondern betrifft den Realitätsbezug. Wer seine Meinung mit belegbaren Fakten untermauern kann, der muß dies öffentlichkeitswirksam vortragen dürfen. Dies gilt es zu verteidigen! Gerade auch im Wahljahr 2017, wo sich neben der Neuzusammensetzung des Bundestages auch entscheiden wird, ob die Deutschen zu freier Debatte fähig sind oder ob die Repressionen zunehmen werden.

(Bild: Bildforyou7CC BY-SA 3.0)

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