Anstoß

Brüssel: Pure Kriegstreiberei statt Verhandlungen

Die Europäische Kommission hat mit dem Gesetzesvorschlag „Act in Support of Ammunition Production“ (ASAP) einen weiteren fatalen Schritt in Richtung einer Beteiligung am Ukraine-Krieg gemacht. Es ist dringend geboten, endlich zu handeln.

Es ist gerade einmal 15 Monate her, als die europäische Rüstungsindustrie Investitionsregeln zu befürchten hatte. Nach der sogenannten „grünen“ Taxonomie drohte die „soziale“. Das Klassifizierungssystem für den Finanzmarkt, bei dem die „Klimaverträglichkeit“ und die ökologische „Nachhaltigkeit“ von ganzen Branchen auf den Prüfstand gestellt wurden, sollte die „soziale“ Taxonomie die Sozialverträglichkeit von Investitionen bewerten.

Dem Handelsblatt war schon im Februar 2022 nicht klar, „wie die Kommission die soziale Taxonomie mit der Vision einer europäischen ‚Verteidigungsunion‘ in Einklang bringen“ wollte. Denn mit ihrem Taxonomie-Ansatz wollte die Europäische Kommission angeblich „privates Kapital dorthin lenken, wo es den größten Nutzen für Mensch und Natur entfaltet.“

Die zu erwartende Deklassierung der europäischen Rüstungsindustrie hätte schwere Wettbewerbsnachteile für die europäische Industrie nach sich gezogen. Investitionen, wie etwa Anleihen zur Finanzierung von Sozialwohnungen, beziehungsweise Gesundheitsprojekten, sollten potentiellen Investoren die Chance und die Anreize geben, privates Kapital in sozial wertvolle Aktivitäten einzuspeisen.

Mehr Überwachung, Fremdbestimmung und Zentralismus

Die Produktion von Rüstungsgütern unter diesen Gesichtspunkten als „sozial wertvoll“ zu verkaufen, wäre mit Sicherheit ein Ding der Unmöglichkeit geworden. Doch die Lage hat sich seither offenbar grundlegend gewandelt. Milosz Matuschek schreibt: „Das ‚große Friedensprojekt‘ [EU] schwenkt um auf ein Cheerleading für den Krieg. Die ohnehin nur umrisshafte Demokratie kippt in einen bürokratischen Autoritarismus. Es geht in Riesenschritten zu immer mehr Überwachung, Fremdbestimmung und zentralistischer Lenkung, flankiert von Lobbyismus, Vetternwirtschaft und Verleugnung westlicher Werte.“

Nun hat die Brüssel-Straßburger supranationale Schattenregierung gekreißt und ausgerechnet ein neues EU-Gesetz zur Unterstützung der Munitionsproduktion geboren. Der Stellvertreterkrieg in der Ukraine liefert hochaktuell die Agenda für den totalen Gesinnungsschwenk. Mit dem „Act in Support of Ammunition Production“ (ASAP) „will die Europäische Kommission Anreize für die europäische Verteidigungsindustrie schaffen, damit sie in den Ausbau ihrer Produktionskapazitäten investiert, sei es in Komponenten der Lieferkette, Maschinen oder Personal“ – so berichtete zum Thema EURACTIV.

Thierry Breton, Kommissar für Binnenmarkt und Verteidigungsindustrie, meinte, dass der von der EU-Kommission eingebrachte Gesetzesvorschlag „beispiellos“ sei und das Ziel habe, „mit EU-Geldern den Ausbau unserer Verteidigungsindustrie für die Ukraine und für unsere eigene Sicherheit direkt zu unterstützen“. Breton zeigt sich dabei zuversichtlich, „dass wir innerhalb von zwölf Monaten in der Lage sein werden, unsere Produktionskapazität in Europa auf eine Million Geschosse pro Jahr zu erhöhen“, womit die europäische Industrie ihr Potenzial ausschöpfe, „um die Sicherheitsbedürfnisse der Ukraine und unserer Mitgliedsstaaten zu erfüllen“. Denn die Flut der Militärgüterlieferungen westlicher Regierungen an die Ukraine hat die europäische Verteidigungsindustrie offenbar an ihre Kapazitätsgrenzen gebracht.

Um die Produktionskapazitäten der EU-Rüstungsindustrie zu erhöhen, soll eine halbe zusätzliche Milliarde Euro für die Ankurbelung der Munitionsproduktion in Europa verwendet werden. Natürlich drängt angeblich auch die Zeit, denn offizielle Schätzungen der Mitgliedsstaaten behaupten einen ukrainischen Verbrauch „von etwa 60.000 bis 210.000 Artilleriegranaten pro Monat, während Russland etwa 600.000 bis 1.800.000 abfeuert – zehnmal so viele“.

Damit dieser unselige Krieg also weiterhin stattfinden kann, will man mit einem dreigleisigen Plan die Munitionsproduktion europaweit ankurbeln und die Aufstockung der eigenen Bestände der Mitgliedsstaaten unterstützen. Thierry Breton gießt zusätzlich Öl ins Feuer und meint: „Um die Ukraine kurzfristig zu unterstützen, müssen wir weiterhin aus unseren Beständen liefern. Aber wir müssen auch die derzeitige Produktion neu priorisieren und sie vorrangig in die Ukraine leiten.“

Der frühere französische Minister für Wirtschaft, Finanzen und Industrie befürwortet zur Verteidigung das Wechseln der Industrie „in den Kriegswirtschaftsmodus“. Damit entpuppt sich der einstige Strategist of the Year (2012) ganz offensichtlich als Steigbügelhalter mächtiger US-amerikanischer und globalistischer Interessen. Kritiker hatten schon früher, als Breton 2019 Kommissar für Binnenmarkt und Industriepolitik in der Kommission von der Leyen wurde, mögliche Interessenkonflikte mit seiner ehemaligen Funktion als Atos-Vorsitzendem vermutet. Ein Jahr zuvor hatte das Gericht der Europäischen Union (EuG) die europäischen Gesetzgebungsverfahren kritisiert und per Urteil die EU aufgefordert, für einen freien Zugang zu Verhandlungszwischenständen bei Gesetzgebungsverfahren zu sorgen. Inwieweit das Europäische Parlament grundsätzlichen Zugang zu den Dokumenten des Gesetzgebungsverfahrens bei ASAP hatte, muss deshalb dringend geprüft werden.

500 Millionen Euro für Munition und Raketen

Doch Kritiker bemängeln nicht nur die mangelnde Transparenz im Verfahren selbst, sondern auch die angemaßte Einmischung der EU-Kommission in die unter der Hoheit der einzelnen Mitgliedsstaaten stehenden jeweiligen Verteidigungsindustriebetriebe. Dabei ist es nicht nur fraglich, wie viele Handlungs- und Eingriffsspielräume an die EU übertragen werden soll. Immerhin handelt es sich im Bereich der Militärgüterproduktion um höchst sensible Industrieinformationen. Sollte ASAP im EU-Parlament abgenickt werden, hätten die Politiker und Beamten der EU-Kommission Zugang zu vertraulichen Informationen der Munitionsindustrie und deren Produktionskapazitäten. In dem von der Kommission vorgeschlagenen Gesetzestext heißt es: „Auf der Grundlage dieser Bestandsaufnahme wird die Europäische Kommission (…) die Produktionskapazitäten und die Lieferketten der Unternehmen kontinuierlich überwachen und ihre Fähigkeit bewerten, auf die erwartete Entwicklung der Marktnachfrage zu reagieren.“ Der einjährig befristete Investitionsplan der Gesetzesvorlage will 500 Millionen Euro aus dem EU-Haushalt verwenden, damit deutlich mehr Artilleriemunition bis hin zur Raketenproduktion finanziert werden können.

Mit dem aus Steuergeldern finanzierten Aufrüstungsprogramm ist nicht nur eine weitere unerträgliche Kompetenzüberschreitung der EU manifestiert: Das ganze ASAP-Vorhaben bedeutet eine direkte und aktive Teilnahme an dem bewaffneten Konflikt in der Ukraine und weitet diesen auf die gesamte EU aus. Auch hier ist die Souveränität einzelner Mitgliedsstaaten nicht nur in Gefahr. Sie wird etwa im Falle Österreichs und seinem verfassungsrechtlichen Neutralitätsgebot völlig ausgehebelt und unterminiert. Milosz Matuschek: „Wir befinden uns in einer Situation, die am ehesten einem Tauziehen gleicht. Auf der einen Seite stehen mächtige private und institutionelle Interessen, auf der anderen Seite die öffentliche Sache, die ‚res publica‘, die zunehmend über den Tisch gezogen wird.“ Politikern wie Ursula von der Leyen, die außer dem obszönen Willen zur Macht, anhängigen Klagen und einer absurden Verfehlungskarriere nichts zu bieten haben, darf es nicht gestattet werden, die Völker Europas in einen Krieg zu führen und originär europäische Interessen völlig zu ignorieren.

Zum Autor: Markus Buchheit (AfD) gehört dem Europäischen Parlament an.

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