Anstoß

Alle anderen lügen

Olympisches Gold, das Bundesverdienstkreuz und weiteres Lametta sollte an all die Zeitgenossen verliehen werden, die mit traumhaften Ignoranzbestwerten ganz genau und ganz sicher wissen, daß nur eine einzige politische Richtung verantwortlich ist für Haß und Spaltung in der Gesellschaft.

Relativ einig sind sich die Leute immerhin, daß Deutschland in der zweiten Hälfte des alten Jahrhunderts ein zwar nicht paradiesisches, aber bei allem Elend und Streit doch noch ein grundsätzlich miteinander übereinstimmendes Land war. Sieht man ab von einer Handvoll verbissener Besatzungsfreunde, Nazis, Stalinisten und bombiger Revolutionsimitatoren, so fühlte sich damals die große Mehrheit unseres Volkes als ein Volk – zwar mit einer schwierigen Geschichte mit den allfälligen Helden- und Untaten geschlagen, aber weder selbstvergessen noch selbstmörderisch. Das war so, aber es ist nicht mehr so.

Dauerquarantäne für Abweichler

Im neuen Jahrhundert ist das meiste anders und weniges besser geworden. In Merkelistan hat sich eine dumpfige Atmosphäre etabliert, in der die gutgläubigen Gutmenschen sich und ihre bei Peter Hartz Asyl suchende Klientel beweihräuchern als die wahren neuen Menschen und zugleich allen Abweichlern eine Dauerquarantäne bescheren wollen mit Twitter- und You-Tube-Sperren, Ausladungen, Entlassungen und weiteren Mitteln zur Erzeugung idealer Untertanen.

Aber auch unter den Anders- und Querdenkenden ist nicht alles, was auf Hochglanz getrimmt wurde, Gold. Es sind ja nicht allein Österreicher, denen auf Ischia ein weiblicher Lockvogel das Gehirn aufs Stammhirn hinunterdimmt und nicht allein gewesene Pressesprecher, denen Lisa Lickzentia zwischen Vollrausch und Prädemenz Geständnisse aus tiefster Brunst entlockt. Auch so mancher durchschnittliche junge Rechte hält seine Allgemeinbildung auf Gelsenkirchener Gesamtschulniveau für den Weltstandard, faselt von „Elitenbildung“, ohne sich im mindesten die Frage zu stellen, was das, wenn es denn ernst gemeint wäre, von ihm verlangen würde.

Die Verweigerungshaltung gegenüber dem antiken Fundament, gegenüber der klassischen Kunst und Kultur wie auch gegenüber der künstlerischen Moderne ist keineswegs ein Privileg der Linken. Für die Rechte hat deshalb die Erziehung der Erzieher und die strikte Auswahl einer künftigen demokratischen Elite absolute Priorität.

Maskottchen Sarrazins

Immerhin zeigen sich, während Deutschland abwärts taumelt, Risse in der Einheitsfront seiner internen Feinde. Oskar Lafontaine, nach so manchem anderen Amt immer noch Fraktionsvorsitzender der Linken im Saarland, mußte sich von seiner stellvertretenden Parteichefin Martina Renner vorwerfen lassen, er zerstöre als Maskottchen Sarrazins und als dessen Sekundant mit flüchtlingsfeindlichen Aussagen die Partei.

Sein „Verbrechen“: Er hatte in München auf einem Podium mit Thilo Sarrazin (je nach juristischer Sichtweise Ex- oder Noch-SPD-Mitglied) und Peter Gauweiler (CSU) diskutiert. Spätestens seit Lafontaine 2005 und dann auch noch in Chemnitz (wahrscheinlich, um mit Langzeitwirkung 2018 die berüchtigte Chemnitzer „Hetzjagd“ auszulösen!) die simple Wahrheit aussprach, daß der Staat verpflichtet sei, „zu verhindern, daß Familienväter und Frauen arbeitslos werden, weil Fremdarbeiter zu niedrigen Löhnen ihnen die Arbeitsplätze wegnehmen,“ gilt er den Apparatschiks und Antipopulisten in seinem Verein mindestens als unsicherer Kantonist oder gleich als Verräter und Sibirienaspirant.

Wer geht auf die Barrikaden?

Dabei war der Begriff „Fremdarbeiter“ ausgesprochen korrekt: Wie die Nazis nach freiwilligen und unfreiwilligen ausländischen Arbeitskräften gierten, so ging es dem Kapital weder zu Gastarbeiter-Zeiten noch beim Flüchtilanten-Hallali um solidarische Hilfe. Völlig zu Recht sagte Lafontaine dieser Tage, es sei sinnvoll, hundert Flüchtlingskinder von den 5.000 Euro zu ernähren, die ein unbegleitetes Asylkind pro Monat den deutschen Staat mindestens kostet.

Völlig zu Recht wies er darauf hin, daß sich zu den nach Hilfswilligen und Konsumenten rufenden Firmen inzwischen die grünen Neureichen und Besserverdiener gesellt haben, die sich „philippinische Haushaltshilfen, polnische Pflegekräfte und Gärtner vom Balkan“ an Land ziehen wollen. Es wird spannend, was aus den Vaatz, Sarrazin und Lafontaine bei der großen Jagd auf die Selbst- und Zuviel-Denker wird. Ihr und unser Schicksal hängt davon ab, ob die schweigende und noch schläfrige Mehrheit ihnen beistehen wird, ob sie für sie und für sich auf die Barrikaden gehen wird.

(Bild: Thilo Sarrazin, von: Lesekreis, Wikipedia, CC0 1.0)

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