Rezension

Alternative Politik beginnt mit alternativen Bildern

„Wo Bilder fallen, müssen sie durch Bilder ersetzt werden, sonst droht Verlust.“ Diesen auf den ersten Blick banalen Satz schrieb Ernst Jünger in seinem letzten großen Essay Die Schere aus dem Jahr 1990. Er meinte damit nicht die Bilderflut der Moderne, die zu einer Austauschbarkeit der alltäglichen Impressionen geführt hat.

Vielmehr ging es ihm um die zeitlosen, für immer bleibenden Bilder, die jeden Menschen durchdringen und prägen. Jede Zeit hat ihre Bilder, mehr noch: Jede Zeit kann nur durch ihre Bilder existieren. Eine Ordnung dagegen, die ihr Leitbild verliert, geht zwangsläufig unter, auch wenn sie im rein technischen Sinne noch eine Weile vor sich hin vegetiert. Das gilt für die christliche Welt, für Deutschland und Europa, aber auch für die multikulturell-globalistische Utopie, die ein Zukunftsbild etabliert hat, das zwar noch nicht verwirklicht wurde, wir aber dennoch alle kennen: Kinder aller Hautfarben stehen um den Erdball und halten sich an den Händen, um Einigkeit und Solidarität zu symbolisieren.

Dies ist die infantile Vision, die uns nahezu alle Spitzenpolitiker und Intellektuellen mehr oder weniger explizit anzubieten haben. Darüber hinaus gibt es nur noch Verdrängung, denn das Programm der Postmoderne war es, die großen Geschichten, die identitätsstiftenden Erzählungen, Bilder, Kulte und Rituale bis zur Auflösung zu dekonstruieren. So droht also scheiternder Multikulturalismus oder der beiläufig von Jünger genannte „Verlust“. Dieser Verlust läßt eine Lücke entstehen, die vielleicht noch nicht einmal mehr von feindlichen Eroberern geschlossen werden kann. Ein Super-Computer könnte sie ausfüllen, dessen Anwendungen die Abläufe in Politik und Wirtschaft vorausbestimmen.

Die Alternative dazu ist der Mensch in seiner Heimat, seiner konkreten Umgebung, mit seinen persönlichen Ambitionen, seinen verschütteten Wünschen und unausweichlichen Fehlern. Er weiß, daß es eine Wirklichkeit gibt, auf die er reagieren muß, sie läßt sich nicht leugnen. Gewiß: Die Wirklichkeit geht nicht auf. Wir erkennen sie nur in Bruchstücken. Sie basiert ganz wesentlich auf unseren Glaubensgewißheiten.

Aber diese müssen immer ausreichen, um das Alltägliche gut zu tun. Jede freiheitliche Gesellschaftslenkung, jede Einrichtung des Lebens eines Volkes ist darauf beschränkt, Rahmenbedingungen für das Gewöhnliche zu setzen. Nach außen hin kann eine Politik heroisch, geschichtsgestaltend oder sogar imperialistisch sein. Ja, sie muß sogar vielfach über sich hinauswachsen wollen. Nach innen aber – und nur hier macht es Sinn, von alternativer Politik zu sprechen – muß sie bestrebt sein, die alltäglichen Dinge – das Selbsterhalten, Selbsterneuern, Arbeiten, Herstellen und Handeln – gut zu regeln. Das ist eine Kunst, die nichts mit der Güterproduktion der Staatstechniker zu tun hat und die aufgrund der kurzfristigen Alltagssorgen der Menschen immer droht, in Vergessenheit zu geraten.

Vielleicht wäre es aber angesichts der planetarischen Probleme wie der Überbevölkerung und der Umweltverschmutzung die Aufgabe der Menschheit, eine neue „Arche Noah“ zu bauen? Ich weiß es nicht. Oder genauer: Ich kann es nicht widerlegen. Ich kann nur intuitiv meinem Zukunftsbild folgen und mich so „daran abmühen, an schmalen und wenig weit reichenden Stegen eines Überganges zu bauen“, wie es Martin Heidegger ausdrückte. Womöglich befinde ich mich vollkommen auf dem Holzweg, aber die eigene Zukunftsangst und der Nihilismus lassen sich nur mit einer Vision besiegen, die zu einem Handeln im Hier und Jetzt motiviert.

Dies ist ein Auszug aus Alternative Politik. Ein ganzheitlicher Ansatz von Felix Menzel (BN-Anstoß XI). Hier bestellen!

Geboren 1985 in Karl-Marx-Stadt (heute: Chemnitz). Studium der Medien- und Kommunikationswissenschaften, Politik und BWL in Halle. Lebt in Meißen.

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