Gesichtet

Das zweischneidige Schwert der Islamkritik

Achse des Guten, PI-News, Philosophia Perennis, die liberal-konservativen Kräfte der AfD, hier und da ein verstreuter Ex-Muslim, der gegen seine alten Glaubensbrüder wettert. Gemeinsam haben all jene politischen Akteure vor allem eins: die Ablehnung des Islams aus progressiven und damit geradezu linken Gründen.

Der Islam gehöre nicht zu Deutschland, weil er rückständig sei, die Gleichheit von Mann und Frau in Frage stelle, überhaupt eine totalitäre Ideologie darstelle und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei – so die gängige, landläufige Diktion jener, die man im angloamerikanischen Raum gemeinhin als classic liberals bezeichnet.

Das prämultikulturelle Deutschland

Es ist ein Treppenwitz der jüngsten bundesdeutschen Geschichte, dass ausgerechnet diesen Kräften nun nach Gutdünken konstruierte „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ in Form von „Islamophobie“ oder gar „antimuslimischem Rassismus“ vorgeworfen wird, wo sie im Grunde nichts anderes tun, als es nach 68 ohnehin schon gang und gäbe war: traditionelle Familienbilder bekämpfen, über dem menschlichen Leben stehende Prinzipien verneinen, die gesellschaftliche Atomisierung fördern.

Als rechts im weitesten Sinne kann man sie nur dahingehend sehen, dass sie eine Restauration fordern. Nicht aber eine Restauration fort von fadem Verfassungspatriotismus und hin zu einem gesunden Nationalbewusstsein, nicht die Hinwendung zu Glaube und Tradition, sondern bloß die Rückerlangung des prämultikulturellen Deutschlands, das angesichts der gegenwärtigen Zustände vielen Rechten einem verlorenen Paradies gleicht.

Kein Wunder, assoziiert man das Westdeutschland der Nachkriegsjahre doch mit dem Wirtschaftswunder, dem Baby-Boom, intakten sozialen, religiösen und staatlichen Strukturen, dann schließlich mit den einsetzenden Dekadenzerscheinungen der späten sechziger und siebziger Jahre, bis hin zu den konsumistisch geprägten Achtzigern und Neunzigern.

Im Schatten des Nationalsozialismus

Die bundesrepublikanische Geschichte bildet so eine heile Welt, einen eigenen kleinen Kosmos des Wohlstands und der Sorglosigkeit, irgendwo zwischen Familienurlaub auf Westerland, Playmobil-Ritterburgen, Neuer Deutscher Welle, Studentenprotesten und einer fortschreitenden Tendenz zum grenzenlosen Hedonismus wie zur stetig fortschreitenden Liberalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse.

So groß die Unterschiede zwischen einem Wochenschau-Bericht der 50er-Jahre und den späteren Bildern von zu Massenevents werdenden Gay-Pride-Paraden der 90er-Jahre, so heftig die sozialen und kulturellen Verwerfungen und Verluste, die in jener Zeit stattgefunden haben, auch sein mögen – alle diese Phänomene sind noch Teil des selben Kontinuums des geschichtlichen Bewusstseins der Bundesrepublik. Ein Bewusstsein, das brüchig und instabil ist, ein Bewusstsein, das immer im Schatten des Nationalsozialismus gestanden hatte.

Ein Bewusstsein, das sich überhaupt nur mit großer Mühe über Wasser halten und seine Widersprüchlichkeiten ausblenden kann, das sich eingerichtet hat in staatlicher Wohlfahrt und Konsumismus und jeglichen Drang zum Erhabenen und Höheren aufgegeben hat.

Dieses geradezu kindlich-naive Bewusstsein des befreiten, „aufgeklärten“ und hedonistischen Deutschen sah sich in jüngster Vergangenheit dann mit dem archaischen Islam konfrontiert, der letztlich die ohnehin rissige Fassade zum Bersten brachte. Nicht etwa aufgrund der Terror-Anschläge, nicht einmal wegen der unzähligen Messermorde, Axtangriffe und Vergewaltigungen, sondern aufgrund seines schieren reaktionären Geistes.

Traditioneller Islam versus westlicher Konsumismus

Der Islam, das ist die totale Hingabe, die Unterwerfung unter Gott und seine heiligen Gesetze, das sind strenge Regelungen zu Sitte und patriarchaler Ordnung, das ist gelebter Glaube wie er den europäischen Völkern schon zu Beginn des zwanzigsten Jahrhundert fremd geworden war, den sie in vergleichbarer Dimension höchstens noch aus dem christlichen Mittelalter kannten. Dieser Islam trifft nun auf das vorhin beschriebene Bewusstsein des atomisierten, von Glaube, Sitte und Heimat losgelösten Bundesdeutschen.

Der zuerst abstrakt klingende Konflikt kulminiert in tagesaktuellen Fällen und ein Schrecken und Schaudern ergreift den Bundesdeutschen – nicht etwa wegen der Quantität der Kriminalität, denn Mord und Totschlag sind so alt wie der Mensch selbst, sondern wegen ihrer Beschaffenheit, die im Kleinen schwelende gesellschaftliche Konflikte versinnbildlicht.

Wenn sich ein Araber in ein deutsches Mädel verliebt …

Fälle wie der Mord an dem fünfzehnjährigen Mädchen Mia V. in Kandel erschrecken die zart besaiteten Seelen einer Bevölkerung, deren letzte große Konfrontation mit Gewalt und Krieg drei Generationen zurückliegt. Die Fälle häufen sich und laufen meist nach demselben Schema ab: Ein arabischer Mann verliebt sich in ein deutsches Mädchen. Der eine kennt die Liebe nur als ewigen Bund der Ehe, in polygam strukturierten islamischen Gesellschaften mit Männerüberschuss ohnehin ein oft rares Gut, die andere wiederum von Medien und Schule zur Promiskuität und Bindungslosigkeit verleitet und sich im bloßen Ausprobieren begriffen.

Wenn ein junges, deutsches Mädchen „Ich liebe dich“ sagt, so kann es die bloße Schwärmerei des Augenblicks meinen, ein bloßes Ausloten der eigenen Gefühle und Empfindungen oder sogar einfach gar nichts: „Liebe, wen du willst!“, wie ein gängiger Slogan der LGBTQ-Bewegung lautet – der arabische Mann hingegen erwartet die Unterwerfung seiner Geliebten, den Schluss der Ehe und die Eingliederung in seine Großfamilie. Dass eine derartige Begegnung per se nicht gut gehen kann, sollte evident sein. Es ist einer genauso verantwortungslosen wie volksfernen Politiker- und Medienkaste zu verdanken, dass ein Großteil der Deutschen auch heute noch an diesem für beide Parteien grausamen Experiment festhält, davon ist aber andernorts zu Genüge die Rede.

Richten wir den Blick aber wieder auf unseren Ausgangspunkt, die Islamkritik. Jene Vorgänge führen zu tiefen Erschütterungen und Verletzungen innerhalb der deutschen Seele und gleichzeitig zu einem Schock. Zur Beschwichtigung derselben verweisen Politiker hilflos aufs Grundgesetz. Soziologen bescheinigen die schwierigen Umstände der Täter und reflexartig macht sich der Gedanke breit: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“

Verklemmte Wut auf den Islam

So richtig diese Aussage an sich auch sein mag, so blind ist sie gegenüber dem wirklichen Problemkomplex rund um den Verlust von Identität, Glaube, Ordnung und Sitte. Der Islam wird von seinen Kritikern als invasives Element dargestellt, als gewaltsamer Einbruch eines finsteren Todeskultes in das buntrepublikanische Schlaraffenland von Liebe, Freiheit und Toleranz. In seinem Angesicht werden sogar beinharte Feministinnen und sonst handzahme und für jede kulturelle Verwerfung bereitstehende Liberal-Konservative zu Verteidigern des Abendlandes.

Manche Rechten scheint diese Schützenhilfe der classic liberals willkommen, schließlich scheint das Ziel das selbe – sie vergessen aber, das Islamkritik auch immer Kritik an Traditionalismus und Identität bedeutet, wenn auch nur fremder. Man braucht sich in der Hinsicht nicht wundern, wenn Linke jenen Rechten einen doppelten Boden attestieren, die einerseits aufschreien, wenn die Frauen einer arabischen Familie hintenan gehen und den Islam als rückständig bezeichnen, andererseits aber die Vermittlung eines traditionellen Rollenbildes in Schulen fordern.

Um glaubwürdig und wirklich zukunftsträchtig zu sein, benötigt die deutsche Rechte eine Abkehr von der verklemmten Wut auf den Islam und fruchtloser Empörung über seine vermeintliche Rückständigkeit und eine Hinwendung zu überlieferten Lebensweisen und -weisheiten, starken sozialen und familiären Strukturen, Religiosität und sittlicher Ordnung.

Nur wenn dieser Akt gelingen kann, lässt sich überhaupt eine deutsche und europäische Zukunft ausmalen – die Farben liberaler Islamkritik und konservativer BRD-Nostalgie sind nämlich wässrig, unter den Flutwellen der kulturellen Auseinandersetzungen von morgen würden sie zügig verfließen und eine leere Leinwand, ein geistiges Vakuum hinterlassen.

Um dem vernichtenden Strudel der Globalisierung standzuhalten, bedarf es mehr als dem Festhalten am bundesrepublikanischen Gestern, so lieb und teuer es manch einem auch sein mag. Es braucht das tapfere Schreiten nach vorn und damit die politische, soziale, kulturelle und spirituelle Reaktion.

(Bild: Pixabay)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Datenschutzinfo