Wie ich kennen Sie mit höchster Wahrscheinlichkeit Zeitgenossen, die keinen blassen Schimmer haben, aber zu allem etwas kommentieren müssen, die sich ständig ungefragt einmischen in die Angelegenheiten anderer, immer nur mit allerbesten Absichten und anhänglich wie die Kletten.
Häufig genug haben diese Leute in ihrer privaten Sphäre Durcheinander und Defizite: Der Schrank voll Schmutzwäsche, verschimmeltes Brot im Kühlschrank, Familienkrieg und Gefühlschaos. Ideale Voraussetzungen, um als Gutmensch die Welt zu retten!
Der Sprung aus der Privatmisere in die hohe Politik ist hier nur ein kurzer. Denn eine deutsche Regierung, die nach hundert Tagen schon abgewrackt humpelt wie ein Hundertjähriger, sucht den heimischen Saustall zu vergessen und hinter sich zu lassen, indem sie sich mit voller Börse und leerem Gehirn ins „Casino Ukraine“ stürzt – natürlich mit dem festen Vorsatz, sich neben den guten Gefühlen moralischer Exzellenz nach dem Sprengen der Bank eine fette Kriegsdividende zu sichern.
Nach dem Motto „Was kostet die Welt, der Michel wird’s bezahlen“ plädiert eine eigentlich auf das Wohl des deutschen Volkes vereidigte grüne Völkerrechtlerin laut „Weltwoche“ in Brandenburg für offene Grenzen und den kompletten Streßtest für alle Sicherungssysteme: „Wir müssen uns darauf einstellen, daß acht bis zehn Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine kommen. Und wir werden sie alle aufnehmen.“
Aber vielleicht bringen ja die Ukrainer Kultur nach Deutschland, wo die deutsche Kultur unter „Kann weg“ läuft – dank Cancel-Wahn, Umbenennungsmanie und dem NRW-Denkmalabrißgesetz der feierwütigen Malle-Ministerin Ina Scharrenbach. Vielleicht können außerdem ukrainische Frauen, die reichlich Verantwortung für ihre Kinder übernommen haben, deutschen Ministerinnen beibringen, daß die Flucht in Urlaubsländer keine gute Idee ist, wenn zuhause die Flutopfer tot sind oder im Schlamm stehen.
In dieser Welt gibt es nichts, was nicht verbogen und verfälscht wird. So wird die christliche Botschaft der Nächstenliebe umgefälscht in den kranken Wahn, sich selbst nicht mehr zu achten und zu lieben, sondern sich zu verneinen und an die letzte Stelle zu setzen. Im gemeinschaftlichen Chor wird dann von ausländischen Deutschenhassern und deutschen Selbsthassern – im scharfen Kontrast zu „America first!“ und „Les copains et les français d’abord“ – das Hohelied des „Deutschland unter alles“ intoniert.
Vorsängerin ist Anna Schneider, die attraktive Chefreporterin der WELT, lebensmüde oder menschenhasserisch oder beides. Als echtes Flintenweib fordert sie in Sachen Ukraine: „Ein militärisches Eingreifen der NATO darf kein Tabu mehr sein.“ Mit anderen Worten: Der Atomkrieg auch nicht mehr. Ist neuerdings die Vorbereitung eines Angriffskriegs nicht mehr strafbedroht – zumindest, wenn es als Zweitauflage vom „Fall Barbarossa“ gegen Rußland als Reich des Bösen geht?
Da will Polens Premierminister Mateusz Morawiecki jede Verhandlung und jeden Kontakt mit Putin verbieten und wird von Emmanuel Macron – wo der auch einmal recht hat, da hat er recht – exakt als „rechtsradikaler Antisemit“ beschrieben. Da attackiert der Amok- und Unverschämtheitenspezialist Andrij Melnyk, im Nebenberuf ukrainischer Botschafter in Berlin, den CDU-Ministerpräsidenten Sachsens Michael Kretschmer, weil der mit „Kumpelchen Putin kuscheln“ wolle und geifert ihn an: „Ihre unverschämte Anbiederung an diesen Kriegsverbrecher bleibt eine ewige Schande“.
Außerdem verlangt Melnyk das Verbot russischer Fahnen in Deutschland. Als mildernder Umstand muß allerdings berücksichtigt werden, daß dieser Herr bisher weder schnelle Hilfe von Fachleuten in weißen Kitteln erhielt noch eine Gratis-Einwegfahrkarte nach Kiew.
Während die Ukrainer unter einem von beiden Seiten immer mehr mit allen Mitteln und aller Brutalität geführten Krieg leiden, werden sie aus sicherer Ferne von diversen Dummdeutschen, von vorbewußten Halbnazis und von Yüzelanern aufgestachelt, den Kopf hinzuhalten und zu verlieren für das höhere Interesse des Pentagons und der Wallstreet und deren Wunsch, demnächst an den Grenzen Rußlands zu biwakieren.
Gleichzeitig wird die Demokratie in Deutschland auf homöopathische Dosierung reduziert: Die russischen Medien werden abgeschaltet, ähnlich wie es einst die DDR-Bonzen wegen Gorbatschows Glasnost gegenüber dem „Sputnik“ praktizierten, Autocorsos und Demonstrationen gegen die antirussischen Haßkampagnen sollen ebenso verboten werden wie der kriegerische Buchstabe Z. Natürlich haben die US-Chefs nicht nur Interesse am Verkauf ihres antiökologisch gefrackten Flüssiggases, sondern noch mehr daran, über ein schnelles Importverbot für russisches Erdgas und weitere Sanktionen die deutsche Industrie auf die Dauer so zu schwächen, daß sie als Konkurrenz vom Weltmarkt gefegt wird bzw. billig aufgekauft werden kann.
Was die deutschen Interessen angeht: Warum nicht jeden einreisenden ukrainischen Flüchtling registrieren, ihm ein eigenes Konto geben, auf dem seine Einkünfte erfaßt werden, aber auch die von ihm bezogenen Aufwendungen, damit er diese vorläufig kreditiert erhält, sie aber, sobald dies möglich ist, in kleinen Raten abträgt? Ein faires und eindeutiges Verfahren, das auf alle Flüchtlinge und Zuwanderer anzuwenden wäre. Wenn das beim BAFÖG geht, warum nicht hier?
Was macht Hoffnung? Daß in Ungarn die von den dortigen Privatsendern gestützten Brüsseler und Washingtoner Machenschaften, mit einer Plastik-Koalition unter Einschluß der ultrachauvinistischen Jobbik und der korrupten Ex-Kommunisten an die Macht zu kommen, krachend gescheitert sind. Daß in Frankreich immerhin drei Viertel gegen Macron gestimmt haben. Auch wenn die bankrotte Mélenchon-Linke die einzig vernünftige Entscheidung verweigert, in einem historischen Kompromiß mit Marine Le Pen eine andere Politik zu verwirklichen – man wird in zwei Wochen sehen, ob die Wähler vernünftiger sind als die Polit-Dirigenten.
(Macron, Bildquelle: Jeso Carneiro, flickr, CC BY-NC 2.0)
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