Gesichtet

Vorsicht: Neo-Feudalismus

Die Sperrung von US-Präsident Donald Trump durch Twitter überraschte sogar die Bundeskanzlerin. Vorsorglich wurde auch gleich Twitters Wettbewerber „Parler“ durch eine konzertierte Aktion der Internetgiganten Google, Amazon und Facebook ausgeschaltet.

Natürlich zum Schutz der Bürger vor Fake News. Doch entgegen der landläufigen Meinung geht es nicht um Trump. Beobachtet man seit Monaten genau die zahllosen weiteren Sperrungen und Zensuren handelt es sich um organisiertes Vorgehen gegen abweichende Meinungen.

Früher: Verbrennung von Büchern

In der Neuzeit standen lange Zeit Bücher als das zentrale Medium zur Verbreitung von Informationen sowie Meinungen. Seit zwei bis drei Dekaden wurde diese Rolle zusehends vom Internet übernommen. So ist das Bücherverbrennen von damals in vielerlei Hinsicht die Internetzensur von heute, denn im Endeffekt ist das Ergebnis genau das gleiche.

Die modernen Savonarolas der Internetgiganten („Big-Techs“) sind während Corona besonders bemüht, das von Regierungen, Medien und ihnen selbst verbreitete Narrativ mit diesen archaischen Methoden zu unterstützen. Sie agieren wie virtuelle Fürstentümer, welche die Meinung des Kaisers in ihrem Einflussbereich durchsetzen. Dieses enge Zusammenspiel zwischen diesen „Big-Tech“-Unternehmen und dem Staat geht schon länger einher und ist Teil eines größeren Wettbewerbsproblems.

Heute: Internetzensur

Die USA haben eigentlich eine der härtesten Anti-Kartell- und Anti-Monopolgesetzgebungen weltweit. Merkwürdigerweise finden diese Regeln bei den Internetgiganten kaum Anwendung. Während sich in den 90er Jahren Microsoft noch großen Klagen ausgesetzt sah, Wettbewerb zu unterminieren, verschwand die staatliche Sanktionierung monopolistischer Tendenzen zur Mitte der ersten Dekade des neuen Jahrtausends in diesem Sektor zusehends.

Im Gegenteil: Der US-Staat begann sich absichtlich blind zu stellen und die großen Internetkonzerne wurden kartellrechtlich nicht mehr wirklich angegangen. Man erlaubte ihre Entwicklung zu De-Facto-Monopolisten, schützte sie sowohl vor Wettbewerb als auch Steuerlast und half sie so zu sogenannten „Global Playern“ aufzubauen.

Was haben diese Unternehmen gemeinsam: Sie sind allesamt Datenkraken und Meinungsmultiplikatoren. Ein Schelm, der Böses dabei denkt und vermutet, dass staatliche Drei-Buchstaben-Agenturen in den USA im Gegenzug für das kartellrechtliche Wegschauen etwas erhalten. Nun, die EU scheint hier ein Schelm zu sein, denn in der EU-Datenschutzgrundverordnung wurde nach den Snowden-Enthüllungen genau diese Befürchtung durch die sogenannte Anti-FISA-Klausel adressiert.

EU belastet die Kleinen

Der Aufbau solcher Monopole durch staatliche Unterstützung ist aber nicht nur auf den Internet-Sektor beschränkt. In Europa ist vorrangig die Europäische Union bemüht durch Gesetzgebung die Bürokratie und die Kosten für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) in die Höhe zu treiben. Immer neue Berichtspflichten und „Schutz“-Bestimmungen werden eingeführt. Verbraucher, Umwelt, Frauen, Klima, Afrika, Minderheiten und so weiter müssen vorgeblich und ununterbrochen durch die EU geschützt werden. Dabei werden Begründungen und Maßnahmen immer kreativer – soll heißen: haarsträubender.

Hier nutzen Konzerne die EU, um sich so des Wettbewerbs zu entledigen. Während es sich die großen Konzerne leisten können, immer mehr Zeit und Geld zum Befriedigen der EU-Bürokratie in solche nicht-wertschöpfenden Tätigkeiten zu verheizen und die sogenannten „Schutzbestimmungen“ oft einfach kreativ umgehen, können die KMU das nicht.

Ergänzt wird diese Bevorteilung über legislative Wettbewerbsverzerrung mittels Konzernlobbyismus durch diverse großzügige Vorzüge, welche Konzerne am Kapitalmarkt, bei Refinanzierung, Steuerschlupflöchern und Staatsrettungen erfahren. Hier wurde von vielen nationalen Regierungen in den letzten Dekaden ein El Dorado für Konzerne sowie Kapitalgesellschaften und deren Machtausweitung geschaffen. Nebenher kann man auch mit Steuern und Abgaben noch die Bürger über einen modernen Ablasshandel ein wenig ausplündern, um das Klima oder anderes zu schützen. Doch das ist eine andere Baustelle.

Systematische Benachteiligung des Mittelstands

Man darf sich durch die vorgebliche Fürsorge der Bundesregierung oder der EU für den Mittelstand nicht blenden lassen. Das Gegenteil ist die Realität. Eine einfache, aber korrekte Analogie zwischen Politik und Supermarkt: Was am dicksten auf der Packung geschrieben wird, ist am wenigsten enthalten – Stichwort: Schinken und Spitzenqualität. Die EU, aber zum Teil auch die Bundesregierung, arbeitet en gros gegen den Mittelstand in Deutschland, nicht für ihn. Warum sonst ächzt der Mittelstand seit zwei Dekaden immer mehr, obwohl ihm doch angeblich immer so großzügig durch EU, Bundesregierung und allerlei Interessenverbände geholfen wird?

Sukzessive wurde in den letzten 15 Jahren der Mittelstand geschwächt und die Macht multinationaler Konzerne ausgeweitet. Hier arbeiten Konzerne und Politik wirklich Hand in Hand. Durch Corona und die angeblichen neuen „Schutz“-Maßnahmen – wieder dieses Wort – hat diese Politik zur Beseitigung der KMU nun in den Turbo geschaltet. Ob es Kollateralschaden oder Absicht ist, kann jeder für sich selbst orakeln, doch eines ist Fakt: Die Zuckerbrot- und Peitschen-Politik aus willkürlichen Lockdown-Maßnahmen, Schulden und staatlichen Almosen ist pures Gift für die KMU und die Post-Corona-Unternehmensvielfalt in Deutschland.

KMU, welche nicht durch die staatlichen „Schutz“-Maßnahmen vernichtet werden, landen am Staatstropf oder in der Schuldenfalle. Die Aussetzung der Insolvenzpflicht sowie die Nullzinspolitik der EZB unterminieren zudem markwirtschaftliche Prozesse und weiten die Anzahl von „Zombi“-Unternehmen in Deutschland aus. Diese stecken sodann weitere Firmen über Schulden an.

Jedes fünfte Unternehmen ist ein Zombie

Laut Creditreform haben wir mittlerweile etwa 20 % „Zombi“-Unternehmen in Deutschland. Es findet eine Massenvernichtung der KMU vor unseren Augen statt. Und was macht währenddessen der Staat? Er fungiert zusehends als wirtschaftliches Kontroll- und Verteilungsorgan. Er steuert indirekt immer größere Teile der Wirtschaft.

Die Zustände sind das eigentliche Horrorszenario vor dem Friedrich Hayek uns in seinem epochalen Werk Der Weg in die Knechtschaft warnte. Ein Staat, mit der Hilfe diverser monopolistischer Konzerne, die er im Gegenzug vor Wettbewerb schützt, kontrollieren die Wirtschaft und letztendlich das Individuum. Das endet laut Hayek immer in einer Form von Autoritarismus. Auch Wissenschaft, Rechtssystem und Journalismus haben sich diesem unterzuordnen oder werden gesäubert. Sie haben dem System zu dienen.

Wer diese deutliche Gefahr im Corona-Vormärz noch nicht sehen wollte, welche ich auch in meinem Buch Soziale Marktwirtschaft statt Globaler Finanzoligarchie – Heimische Wirtschaft zuerst deutlich beschrieben habe, dem sei nun 2020 wirklich ein Weckruf. Während unsere Wirtschaft und Gesellschaft in eine Art Neofeudalismus umgebaut werden, indem nur noch globale Finanz, Staat und die großen Konzerne das Sagen haben, verkommen Demokratie und Rechtsstaat zu einer traurig-lächerlichen Simulation.

Sobald weite Teile der KMU zerstört, aufgekauft oder in eine Schulden-Falle genötigt wurden, stehen wir Bürger wenigen Konzernen gegenüber, welche über beinahe uneingeschränkte Marktmacht verfügen. Eine unheilige Allianz zwischen diesen und dem Staat liegt dann auf der Hand. Zwischen globaler Finanz und Staat besteht diese schon länger.

Was wir jetzt im Bereich von Google, Amazon, Facebook und Co. sehen, werden wir dann in vielen Wirtschaftssektoren sehen: Gehorsam oder Ausschluss! Wer sich nicht überwachen lässt oder den Politikdekreten folgt, wird sozio-ökonomisch ausgeschlossen und zum Paria erklärt. In den Massenmedien sehen wir dies seit Jahren. Eine neue Version von Feudalismus – für das 21. Jahrhundert zeitgemäß umgesetzt.

Wettbewerb erhalten, Monopole unterbinden

Doch so wie ein Kaiser oder König seine regionalen Fürsten als Bindeglieder in der Machtstruktur brauchte, um seine Macht nach unten durchzusetzen, brauchen globale Finanz und die (Supra-)Nationalstaaten auch eine monopolisierte Produkt- und Dienstleistungswirtschaft als regionale Machthaber zur Durchsetzung ihrer Dekrete, ihrer Politik und ihres Machtanspruchs.

Ohne diese regionalen Fürsten des hierarchisch aufgebauten Feudalprinzips konnten damals auch weder König, noch Kaiser ihre Bürger wirklich dominieren. Diese brauchten die Fürsten. Daher muss es in unserem Bürgerinteresse sein, gesellschaftlich wie wirtschaftlich, den Wettbewerb in der Wirtschaft zu erhalten und hier keine Monopole zuzulassen, welche dann als lokale Fürsten im Dienste des Königs „Staat“ fungieren.

Eine gewisse Schuld und Mitarbeit trifft aber auch uns Bürger. Wenn schon der Staat seine Kontrollfunktion zur Verhinderung von Monopolen kaum mehr erfüllt, beziehungsweise eher das Gegenteil macht, können wir Bürger immer noch entscheiden, welches Produkt wir nutzen – auch im Internet gibt es gute Alternativen zu Google, Facebook, Amazon und Co.

Alternativen zu den Giganten

Wer beispielsweise ohne Überwachung im Internet suchen will, kann auch DuckDuckGo nutzen. Der neuerliche Massenexodus bei Whatsapp stimmt mich auch zuversichtlich, dass Bürger die Zeichen der Zeit erkennen. In der Vergangenheit waren wir oft zu bequem, das machte uns berechenbar und zu leichter Beute für die Giganten. Wir sollten aber die Kosten unserer heutigen Kauf- und Nutzungsentscheidungen bedenken, denn wenn wir erst einmal en gros Monopole gegenüber stehen, wird das Ergebnis für uns weder bequem noch günstig und schon gar nicht freiheitlich.

Ebenso sollten wir alle die alte Franklin-Maxime im Hinterkopf behalten: „Wer bereit ist wesentliche Freiheitsrechte aufzugeben, um ein kurzzeitiges Sicherheitsbedürfnis zu befriedigen, hat beides nicht verdient und wird am Ende beides verlieren.“ Es ist ein uralter Trick von Potentaten, den Menschen Angst zu machen, deren Angst sodann mit „Schutz“-Versprechen zu lindern, aber dafür Gehorsam und Aufgabe von Freiheiten zu verlangen.

Das läuft so seit mindestens 5.000 Jahren. So fand Unterwerfung oft statt. Wenn sie Autoritarismus ablehnen, dann lassen Sie sich keine Angst machen und sich auch keine Grund- und Freiheitsrechte über „Schutz“-Versprechen abluchsen. Ihre Alternative ist sonst eine „Neue Normalität“ á la Söder.

Hansjörg Müller ist Volkswirt und Mitglied des Deutschen Bundestages für die AfD-Fraktion.

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