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Aristokratie und Plutokratie

Im Synonymwörterbuch des DUDEN findet man unter Aristokratie:

1. Adelsherrschaft, Oligarchie; (bildungsspr.): Plutokratie […]

Adelsherrschaft und Oligarchie (= Herrschaft weniger Familien oder Personen) gehen soweit ja in Ordnung, aber Plutokratie als Synonym für Aristokratie anzugeben, ist schon ein starkes Stück!
Zur Begründung zunächst: Was ist denn ein Synonym? Laut demselben Synonymwörterbuch des DUDEN:

Der Ausdruck Synonym entstammt dem Griechischen und enthält die Bestandteile sýn (= zusammen) und ónoma (= Name). In einem landläufigen Sinne handelt es sich bei Synonymen demnach um Gleichnamige, um Wörter, die dieselbe Bedeutung tragen. (DUDEN Synonymwörterbuch, 4. Aufl., 2007, S. 15)

Ganz richtig. Man sollte also meinen, die DUDEN-Redaktion würde aufgrund dessen sehr ordentlich arbeiten. Das aber ist nicht der Fall, wenn sie wie gesagt Plutokratie als Synonym für Aristokratie anbietet.

Denn: Aristokratie bedeutet aus dem Griechischen kommend zunächst einmal Herrschaft der Edelsten, Besten (= bester, tüchtigster, stärkster, tapferster, edelster, vornehmster). Plutokratie ebenso aus dem Griechischen heißt Herrschaft der Reichen (= Fülle, Überfluss, Reichtum).

Dies ist begrifflich gesehen ein Unterschied, auch wenn es historisch gesehen natürlich meistens Überschneidungen gab. Diese zwei Perspektiven gilt es jedoch auseinander zu halten. Beide beleuchten andere Seiten einer Sache, können aber einander nicht gänzlich ersetzen. Die Aufgabe eines Wörterbuches ist es nun aber doch, die Begriffe zu klären. Darauf geht das Synonymwörterbuch des DUDEN sogar ein:

In einem seiner Spätdialoge definiert der griechische Philosoph Platon die Sprache als »belehrendes Werkzeug«, mit dem man »das Wesen der Dinge« unterscheidet. (DUDEN Synonymwörterbuch, 4. Aufl., 2007, S. 15)

Nach dieser Einschätzung nimmt Sprache eine sehr starke Rolle ein. Sie soll das Wesen der Dinge treffen, den Kern. Eine ungenaue Sprache, unscharfe Begriffsdefinitionen werden also Konsequenzen mit sich bringen. Und tatsächlich wird hier eine sachliche Verschiebung vorbereitet, wenn man Plutokratie als Synonym, also bedeutungsgleiches Wort für Aristokratie stehen lässt.

Der DUDEN entfernt sich von seiner eigentlichen Aufgabe, nämlich scharfe Begriffsdefinitionen anzubieten, und versucht was eigentlich? Hier kann ich nur mutmaßen: Entweder meint die DUDEN-Redaktion aufgrund der historischen Erfahrung, die ja tatsächlich meist eine Verbindung von Aristokratie und Plutokratie gesehen hat, auf eine generelle Gleichheit der Begriffe schließen zu dürfen. Dies aber ist ein induktiver Schluss und der sollte sehr vorsichtig benutzt werden, denn spätestens seit Karl Popper weiß jeder Wissenschaftler, dass solche Schlüsse auch falsifizierbar sind (man denke an das Bsp. Alle Schwäne sind weiß. Dies zerfällt in dem Moment, in dem ich bspw. einen schwarzen sehe). Hier werden zwei Perspektiven vermischt: Sprachanalyse und historische Analyse.

Oder aber die DUDEN-Redaktion mag es politisch: Nun, dann entspräche es dem Zeitgeist, die Aristokratie mit der Plutokratie gleichzusetzen, da im DUDEN-Fremdwörterbuch (9., aktualisierte Aufl., 2006) Aristokratie bereits als „Staatsform, in der die Herrschaft im Besitz einer privilegierten sozialen Gruppe ist“ definiert wird. Die Aristokratie wird somit implizit beschmutzt. Dabei war es ebenfalls Platon, der die Herrschaft der Besten forderte, den Philosophenkönig, der nicht reich ist. Zumindest begrifflich ist eine Aristokratie im wortwörtlichen Sinne möglich!

Aber erneut werden hier verschiedene Blickwinkel vermischt und der DUDEN sollte Begriffsdefinitionen suchen, im besten Falle Sprachanalyse betreiben – nicht historisch oder politisch arbeiten.

Aber das wusste auch schon Konfuzius:

Zuerst verwirren sich die Worte, dann verwirren sich die Begriffe, und schließlich verwirren sich die Sachen.

Man achte also auf die Begriffsdefinitionen!

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