Gesichtet

Das Mißtrauen gegenüber den Deutschen

Egal wie eine deutsche Bundestagswahl abläuft, stehen die amerikanischen Medien mit einer unveränderlichen Auslegung parat. Immer, ohne sich über diesen Krisenpunkt emporheben zu können, baumeln die Deutschen angeblich beängstigend am Rande eines Sturzes in den Faschismus.

Wenn eine rechts des Zentrums stehende Partei an Popularität gewinnt, dann schreit man in den USA Zetermordio, daß die Nazis erneut Erfolg haben könnten oder eine ähnliche Rechtsgefahr bei den nie völlig „demokratisierten“ Deutschen grassiert. Egal wie beflissen die deutsche Regierung wegen der tatsächlichen oder erfundenen Untaten der deutschen Nation Abbitte leistet und gleich wie triebhaft die deutsche Publizistik in diese Kerbe schlägt, führt deutsche Selbsterniedrigung zu keiner Abnahme des eingeschliffenen Mißtrauens der amerikanischen Publizistik den Deutschen gegenüber. Im Gegenteil: Die rituelle Selbstzerfleischung der Deutschen dient als zwingender Beweis, daß wenn gegen sie gegiftet wird, dann ist der Verdacht wohlbegründet.

Washington Post: Deutsche haben Weltoffenheit verloren

Angesichts dieses Verständnisses des „deutschen Problems“ war es kaum erstaunlich, daß die US-Medien einen Unkenruf aufgehen ließen, sobald klar war, daß die AfD 12,6 Prozent der abgegebenen Stimmen in der Bundestagswahl erlangte. Anne Applebaum gab den Ton in zwei aufeinanderfolgenden Leitartikeln in der Washington Post an, worin sie dem Schmuddelkind an den Karren fährt. Man könne den Deutschen, so Applebaum, nicht mehr die Weltoffenheit anrechnen. Wie andere westliche Länder werden sie jetzt von einem „fremdenfeindlichen Nationalismus“ mitgerissen und wegen der störenden Vorgeschichte der Deutschen falle es schwer, den Aufschwung der AfD gelassen zu sehen.

Was Merkels begrüßenswerten Wahlsieg miesmache, sei die Erscheinung einer rechtsextremistischen Bedrohung, die wie eine „Echokammer“ verfährt. Extremistische Meinungen, die offensichtlich nie aus der linken Ecke entstehen können, werden jetzt allerdings nicht mehr in der Gosse sondern im Bundestag nachklingen. Daraus ergebe sich, daß die jeweilige antifaschistische, pro-atlantische Regierung dem heraufziehenden Gewitter Beachtung schenken müsse. Die Sache erschwerend, befürchtet Applebaum einen Bund zwischen deutschen Rechtsextremisten in der AfD und der schon halbfaschistischen Regierung Putins.

Merkel und ihre konservativen Prinzipien

Neben diesem Getöse laufen Ehrungen in der US-Presse für die deutsche Kanzlerin. Nur Merkel könne die Westbindung aufwerten und die Eurozone aufpäppeln, weil sie dies gemäß ihrer „konservativen“ Grundprinzipien angehe. Und das treffe ebenso auf ihre Entschlossenheit zu, die deutsche Rechte als Spaltpilz aus der Biosphäre der Anständigen völlig auszusondern.

Auch zu ihrer Ehre beitragend, so ihre amerikanischen Werbemacher, weist Merkels Verwaltung Sozialprogrammen nicht soviel Steuergeld zu wie bei den benachbarten Franzosen. Darüber hinaus hinkt der Anteil der im öffentlichen Sektor angestellten Deutschen um ungefähr 13 Prozent dem der Franzosen hinterher. Aber Merkel deshalb als „konservativ“ abzubilden, überspannt den Bogen, es sei denn der Lobredner nimmt wie der neokonservative Kolumnist Ralph Peters besondere Dienstleistungen in den Blick.

Peters bemerkt, daß Merkel nie aus der Reihe tanze, wenn es um die Weltpolitik der USA geht. Noch erfreulicher sei allerdings ihr Engagement gegen den Vollblutantidemokraten Wladimir Putin. Demzufolge erweise sie sich als „good news for Europe“. Wenn Merkel als „conservative“ oder „good news for Europe“ eingestuft wird, besagt das nicht zuletzt, daß sie die US-Sittenwächter ruhig schlafen läßt.

Die Deutschen werden den unerträglichen Ist-Zustand nicht ewig aushalten

Auf einen einsichtigen Kommentar zu den deutschen Wahlergebnissen, der die deutsche Politik unbefangen beobachtet, wartet man dagegen vielleicht vergeblich von den publizistischen Prominenten der USA. Dabei ist es logischerweise unwahrscheinlich, daß die Deutschen eine nicht mehr auszuhaltende Ist-Situation auf Dauer hinnehmen können. Früher oder später muß ein großer Anteil der deutschen Wählerschaft die Ausschreitungen der in Deutschland einströmenden muslimischen Migranten bemerken und gegenüber den bemäntelnden Floskeln der deutschen Eliten unwiderruflich skeptisch werden.

Es bezeugt vielmehr die Wirkmächtigkeit der deutschen Umerziehung, daß weniger als 13 Prozent der deutschen Wähler für eine ausgeprägt nationale Partei gestimmt haben. Das zweckgerechte Mittel, dem entgegenzuwirken, ist keine neofaschistische Partei sondern eine altliberale, die zum Rechtszentrum der Nachkriegszeit zurückzukehren versucht.

Die AfD zollt gebührenderweise den Adenauer-Jahren und manchmal dem Kaiserreich aber nie dem Dritten Reich Tribut. Da ein Gegenschlag gegen gewisse katastrophale Geschehnisse in Deutschland erfolgen mußte, wäre es unfaßbar gewesen, wenn eine gemäßigte und niemals provokante Alternative aufgetreten wäre. Jedweder Versuch, die AfD mit den Nazis zu vergleichen, schießt dennoch arg daneben.

3 Kommentare zu “Das Mißtrauen gegenüber den Deutschen

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