Anstoß

Eine Partei und ihre Gliederungen sind kein Fetisch, sondern ein Vehikel

Der sachsen-anhaltinische Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider gab vor einigen Tagen auf seiner Facebookseite bekannt, dass der innerparteiliche Verein der AfD, die „Patriotische Plattform“, in naher Zukunft aufgelöst wird. Grund hierfür sei eine nicht vorhandene Notwendigkeit und das Risiko einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Wir sprachen mit Fabian Flecken. Er ist der ehemalige Vorsitzende der Jungen Alternative Hessen und war Bundesvorstandsmitglied der Patriotischen Plattform.

BlaueNarzisse: Herr Flecken, die Patriotische Plattform (PP) wurde im Jahr 2014 gegründet. Welchen Zweck hatte sie?

Fabian Flecken: Im Detail können Mitglieder der ersten Stunde hierzu besser Auskunft geben, denn ich bin erst Mitte 2015 in die Partei und zeitgleich auch in die Patriotische Plattform eingetreten. Der Ansatz, Stil und tabubesetzte Politikentwurf von Lucke und Co. war nicht meins. Daher kurz aus meiner Sicht: Es ging um eine Sammlung und Aufladung der AfD mit klaren national-konservativen bzw. freiheitlich-patriotischen Ansätzen und Positionen. Die PP sollte hier als Korrekturfaktor gegen etwaig unnötige Anpassungen an den politmedialen Mainstream dienen.

Welche politischen Ziele verfolgte der Verein und welche Forderungen der Patriotischen Plattform wurden innerhalb der AfD umgesetzt?

Wie ich schon sagte: Es ging um eine Aufladung mit national-konservativen
und freiheitlichen Ansätzen. Innerparteilich wollte man eine Schutzfunktion für jene bilden, die von anderen Mitgliedern – teils aus bekannt egoistischem Karrierestreben oder auch Hysterie – mit überzogenen Radikalismusvorwürfen gebrandmarkt wurden. Zudem wollte man keine Monopolisierung innerparteilicher Macht hin zu Lucke oder auch Petry.

Dies alles ist in der Partei deutlich besser geworden. Am Kurs von Jörg Meuthen und Alice Weidel nach innen und außen gibt es da wenig auszusetzen und die Disziplin ist besser als vor Jahren. Und dies muss nach beiden Seiten geschehen: man braucht extremistische und latent-totalitäre Spinner in der Partei genauso wenig, wie inhaltslose Politdesperados und Schleimer auf dem Weg zu den Fleischtöpfen. Also ich denke, dass die PP da aus ihrer Sicht zu einer Normalisierung und Beruhigung der AfD beigetragen hat. Über den Anteil daran kann man sicherlich unterschiedlicher Meinung sein und ich enthalte mich da einer Bewertung.

Sie waren im Vorstand der Patriotischen Plattform. Wann sind Sie im Verein aktiv geworden und welche Ziele verfolgten Sie?

Diverse Personen traten mit der Bitte bezüglich einer Kandidatur meiner Person für den Bundesvorstand an mich heran, da man nach einigen Turbulenzen zuvor in seriösere Fahrwasser segeln wollte. Zu den vorherigen Konflikten kann ich mich nicht wirklich substantiell äußern. So oder so, ich entschloss mich dann nach kurzer Bedenkzeit zu einer Kandidatur und wurde von den Mitgliedern in den Vorstand gewählt.

Mein Ziel war es primär, die AfD über die PP mit dezidiert rechtsdemokratischen und konservativen Denkanstößen zu versorgen. Bezüglich einer genaueren Sicht auf die Einwanderungspolitik Japans und einem seriösen Umgang mit den Vertriebenen und derem Erbe ist mir das auch praktisch gelungen. Letztlich bin ich aber wegen inhaltlichen Unterschieden zur Mehrheit des Vorstandes der PP freiwillig ausgeschieden, was Thematiken wie EU bzw. NATO-Mitgliedschaft und den Umgang mit der IB betraf.

Wurde die Patriotische Plattform vom Großteil der AfD wahrgenommen?

Von den aktiven Mitgliedern durchaus, eher passiven AfD-Mitgliedern wird die PP wiederum teils kaum etwas sagen. Mal als Störfaktor, mal als wichtige Korrektur – je nach Sichtweise. Dies war sicher regional unterschiedlich und in Summe darf man den Einfluss der PP auch in der Vergangenheit ehrlicherweise nicht überbewerten.

Aber ich sage auch mal so: Ich habe im Vorstand nie Äußerungen oder Positionen vernommen, die über legitime Haltungen in der AfD hinausgingen. Daher ist es auch gut so, dass man nun aktive PP Mitglieder als „normale“ AfDler nicht mehr missverständlich einordnen kann. Bewertet die Leute an ihren Aussagen.

Wie war die Gesamteinstellung gegenüber der Patriotischen Plattform?

Wie Sie wohl auch wissen, ist die AfD alles andere als monolithisch, daher war die Einstellung naturgemäß ambivalent. Generell wurde die PP sicher über- und unterschätzt, je nach Lage. Im Kern war der Umgang „von oben“ aber völlig normal und die Plattform wurde als ein Element der Partei begriffen, welches quasi in der Innensicht als Teil des „Flügels“ begriffen wurde.

Auf seiner Facebookseite veröffentlichte Hans-Thomas Tillschneider einen Beitrag, in dem er für eine Auflösung der Patriotischen Plattform plädierte. Wie stehen Sie zu der Auflösung?

Ich halte diesen Schritt für absolut richtig und habe das ja auch entsprechend kommentiert. Vieles an der AfD ist auf einem guten Weg und daher diente die PP primär nur noch als potentielle Stigmatisierung im innerparteilichen Kampf, Sammelpunkt für innerparteilich chronisch Unzufriedene und als unnötiges Einfallstor für den Verfassungsschutz, da die Rolle der PP teils missverstanden werden konnte.

Letztlich haben Tillschneider und die Mehrheit des derzeitigen Bundesvorstands hier Recht: Ende im Gelände und gut ist.

Hätte die Patriotische Plattform eine Zukunft gehabt?

Nein. Zumindest keine produktive Zukunft für Deutschland. Eine Partei und ihre Gliederungen und Vereine sind kein Fetisch, sondern ein Vehikel. Was gestern richtig war, kann heute falsch sein. Die Auflösung der PP ist daher ein völlig richtiger Schritt.

Wir danken für das Gespräch.

Fabian Flecken war früher als Autor der Blauen Narzisse tätig. Siehe etwa Ausgabe 16, S. 37f.

(Bild: Franz Ferdinand Photography, flickr, CC BY-NC 2.0)

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