Anstoß

Erstaunliche Unfähigkeit – Digitale Bildung liegt im Argen

Digitalisierungspakt, Digitalisierungsoffensive, Unterrichtsdigitalisierung sind ein paar Schlagworte, die seit geraumer Zeit die Pädagogen- und Bildungspolitikerszene Deutschlands bewegen. Während bereits einige europäische Länder wieder mehr auf analoge Lehrmittel setzen, verfolgt die Bundesrepublik einen Trend, der aus vielen Gründen fragwürdig ist.

Einerseits ist die Digitalisierung der Schulen und der Unterrichtsprozesse ein gigantischer Markt für Software- und Hardwarehersteller. Programmupdates und technologisches Nachrüsten versprechen langfristige und lukrative Geschäfte mit den Bildungseinrichtungen.

Lobbyismus – auch in Form begleitender PR-Maßnahmen – will dabei das Feld für die Digitalisierung bereiten. Immerhin geht es um 2,5 Milliarden Euro vom Bund und die gleiche Summe von den Ländern bis 2030 im Rahmen des Digitalpaktes 2.0. Der erste Digitalpakt umfasste seit 2019 bis zum Mai dieses Jahres ein Volumen von 6,5 Milliarden Euro an Bundesgeldern.

Andererseits muss man sich fragen, ob das alles nicht für die Katz ist. Nicht nur, weil die digital basierte Lehrtätigkeit möglicherweise nicht die gewünschten Früchte hervorbringen wird. Sondern auch, weil die Schüler offenbar nur bedingt für die neue digitale Informationsgesellschaft bereit sind.

Das jedenfalls zeigt die international vergleichende Schulleistungsuntersuchung „International Computer and Information Literacy Study 2023“ (ICILS 2023). Demnach liegen die computer- und informationsbezogenen Kompetenzen von Achtklässlern in Deutschland zwar weiterhin über dem internationalen Mittelwert, dennoch verfügen 40 Prozent der Achtklässler in Deutschland nur über einfache digitale Kompetenzen. Wobei unter digitalen Kompetenzen die Fertigkeiten zu verstehen sind, sich einer digitalisierten Informationsgesellschaft und ihrer Technologie sinnvoll und in der Tiefe zu bedienen. Es sind also nicht nur reine Computeranwendungskenntnisse gemeint, sondern auch die verständnisbasierte Nutzung. Und da hapert es gewaltig.

Bildungsforscherin Birgit Eickelmann, Leiterin der Studie in Deutschland und Professorin für Schulpädagogik der Universität Paderborn: „Schüler, die nur die unteren beiden Kompetenzstufen erreichen, können auf dem Tablet nicht mehr als klicken und wischen. Das heißt, sie können beispielsweise einen Link finden und anklicken, aber die Information nicht einordnen und bewerten. Sie können die Information auch nicht produktiv weiterverarbeiten, zum Beispiel in einer kleinen digitalen Präsentation oder in einem digitalen Bewerbungsschreiben. […] Dadurch können sie digitale Medien auch nicht für das eigene Lernen gewinnbringend nutzen.“

Der Vorteil analoger Lehrmethoden und analoger Unterrichtsmaterialien liegt auf der Hand. Bei ihrer Nutzung muss man lesen, schreiben und rechnen können. Die Fähigkeit zu einer reflektierten und eigenständigen Nutzung des Lernstoffs entwickelt sich über einige wenige Grundfertigkeiten und keine technologisch komplexen Verfahrensweisen (Computational Thinking). Genau dabei tun sich die Schüler schwer, die wenig förderlichen sozialen und herkunftsspezifischen Faktoren unterliegen, sprich: aus eher bildungsferneren Milieus kommen. „Mehr analog, weniger digital“ – das muss die Devise für den Unterricht der Zukunft sein.

Hans-Peter Hörner ist AfD-Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg.

Entdecke mehr von Blaue Narzisse

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen

Datenschutzinfo