Rezension

Im Gespräch mit Ingo Langner

Seit 40 Jahren ist Ingo Langner als Dramaturg, Fernsehregisseur, Produzent und Publizist tätig. Wir haben mit ihm über seinen neuen Kriminalroman „Der Fall Pacelli“ (Aachen 2018) gesprochen.

BlaueNarzisse.de: Herr Langner, mit Ihrem Kriminalroman „Der Fall Pacelli“ ist Ihnen ein bis zur letzten Seite spannendes, wunderbar durchkomponiertes Werk gelungen. In der Vergangenheit haben Sie sich als Filmemacher und Journalist einen Namen gemacht. Was hat Sie dazu bewogen, nun ein Roman-Erstlingswerk zu schreiben?

Ingo Langner: Einen Kriminalroman schreiben, das wollte ich „schon immer“. Nach zehn Berufsjahren als Theaterregisseur, plus dreißig beim Fernsehen, bin ich nun endlich dazu gekommen. Mein zweiter Krimi ist auch bereits fast fertig. Er wird im Frühjahr 2019 erscheinen und spielt im Milieu eines Literaturnobelpreisträgers.

Die Geschichte dreht sich um den Filmemacher Adrian Friedhoven. Er bekommt den Auftrag, das Drehbuch zum Theaterstück „Der Fels“ von Flor Kapp zu schreiben. Dahinter steckt – leicht zu erraten – die Geschichte von Rolf Hochhuths „Der Stellvertreter“. Im Verlauf des Buches erfolgt daher auch eine kritische Auseinandersetzung mit einer prägenden Figur des literarischen Nachkriegsdeutschlands. Das erinnert an „Tod eines Kritikers“ von Martin Walser. Wie stark haben Sie sich davon inspirieren lassen?

Ob Sie es mir glauben oder nicht: das letzte, was ich von Martin Walser gelesen habe, war „Ein springender Brunnen“, der 1998 erschienen ist – ich kenne also den „Tod eines Kritikers“ gar nicht. Doch wenn ich mich recht erinnere, dann hat Walser einen Schlüsselroman über den deutschen Literaturbetrieb geliefert. Ihr Vergleich trifft also insofern, weil „Der Fall Pacelli“ auch ein Schlüsselroman ist. Allerdings geht es dabei um die Feinde der katholischen Kirche, und die saßen und sitzen bekanntlich nicht bloß in Deutschland.

In den meisten Fällen tragen Ihre Romanfiguren andere Namen als deren reale Pendants. Bei einer Schlüsselfigur des Buches ist das anders: Hanns Kerrl, der tatsächlich im Dritten Reich Reichsminister für kirchliche Angelegenheiten war. Sie lassen ihn nach seinem Ableben im Dezember 1941 unter dem Namen Hanns Mann weiterleben. Was steckt dahinter?

Es freut mich, daß Sie das Buch so gründlich gelesen und offenbar dazu auch Recherchen angestellt haben. Der reale Hanns Kerrl war der typische Fall eines deutschen Bürgers, der wohl erst ganz zum Schluß gemerkt hat, daß Hitler kein Bürger war und bürgerliche Maßstabe verachtete. Ein Mann wie Kerrl war für ihn das, was für Lenin die „nützlichen Idioten“ waren. Mich hat gereizt darüber nachzudenken, was aus so einem Charakter wie der von Kerrl nach 1945 werden würde.

Dann drängt sich die Frage auf, wo in „Der Fall Pacelli“ die Grenze von Realität und Fiktion verläuft?

Die Antwort auf Ihre Frage steht schon auf dem Buchumschlag: „Der Fall Pacelli“ verschmilzt Zeitgeschichte fiktional zu einer Lektion über Wahrheit, Lüge, Freundschaft und Liebe.

Sie sprechen im Roman die Ambivalenz des Literaten Flor Kapp an: Er ist kommunistisch beeinflusst und möchte mit seinem Theaterstück dennoch die Schuld der Deutschen am Holocaust zumindest relativieren. Der echte Hochhuth hat seit einiger Zeit auch Gastspiele in neurechten Kreisen. In wie weit kann man Hochhuth alias Kapp als den tragischen Typus der Flakhelfergeneration bezeichnen? Wie erklären Sie sich diese Ambivalenz?

Flor Kapp ist Flor Kapp und Rolf Hochhuth ist Rolf Hochhuth. Kapp ist eine von mir erfundene literarische Figur. Hochhuth eine real existierende Person. Was an ihm zeittypisch, tragisch, links oder rechts oder was auch immer ist, damit mögen sich andere beschäftigen. Mich interessiert es nicht.

Adrian Friedhoven ist, wie erwähnt, Filmemacher. Wieviel von Ihnen selbst steckt in der Geschichte?

Weniger, als Sie vielleicht vermuten.

Und abschließend: Welchem Leser würden Sie Ihr Buch empfehlen?

Allen, die nach den antikatholischen Bestsellern eines Dan Brown, nun endlich einmal einen katholischen Vatikankrimi lesen möchten. Und das sind hoffentlich auch sehr viele.

Vielen Dank für das Gespräch!

Hier geht es zu dem Buch.

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