Anstoß

NPD-Urteil: Ein verheerendes Signal an alle Patrioten

Die NPD wird nicht verboten. Dennoch hätte die inhaltliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts drastischer kaum ausfallen können.

Das Resultat des Verbotsverfahrens war bereits seit Monaten absehbar. Die Partei war auf Grund ihres rapiden Bedeutungsverlustes so klein geworden, dass Experten beider Seiten ein Verbot für immer unwahrscheinlicher hielten.

Die Prozessführung der Innenminister war darüber hinaus ein juristisches Desaster; an Dilettantismus schwerlich zu überbieten. Doch jegliche Freude über das natürlich auch über die umstrittene NPD hinaus relevante Urteil innerhalb der deutschen Rechten ist völlig fehl am Platz. Im Gegenteil, selbst bei einem Verbot der Partei hätte die Entscheidung drastischer kaum ausfallen können. Die Folgen dieses Verbotsverfahrens für die deutsche Rechte sind noch völlig unabschätzbar. Die folgende Urteilsbesprechung soll einen Ausblick gewähren, was auf Grund dieses Urteils in den nächsten Jahren an Repressionen denkbar, möglich und nicht unwahrscheinlich ist.

Die oberflächliche Conclusio der Entscheidung lässt sich schnell zusammenfassen: Der NPD ist vom Bundesverfassungsgericht bescheinigt worden, eine verfassungsfeindliche Partei zu sein. Die Anforderungen für ein Parteiverbot liegen dennoch nicht vor, da sie für das „Darauf Ausgehen“ der Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung (FDGO) zu unbedeutend ist und ihr ein systematisch gewaltsames Vorgehen nicht nachgewiesen werden kann.

Die Existenz des deutschen Volkes ist menschenrechtswidrig

Der tatsächliche verheerende Charakter der Entscheidung ergibt sich derweil aus den Entscheidungsgründen und zum Teil auch der mündlichen Urteilsbegründung durch die Verfassungsrichter. Anhand welcher Merkmale die Richter die Verfassungsfeindlichkeit der NPD nämlich begründen, lässt einem einen kalten Schauer den Rücken hinunterlaufen. Als Maßstab im Zentrum steht das „Darauf Ausgehen“, welches sich auf die Beseitigung der FDGO bezieht. Das Gericht versteht darunter die aggressiv-kämpferische Grundhaltung, die schon im KPD-Verbotsurteil aus den 50er Jahren Erwähnung findet. Doch für diese Grundhaltung ist laut dem aktuellen Urteil das Begehen oder auch nur Vorbereiten von Straftaten nicht erforderlich (BVerfG, Urteil vom 17. Januar 2017 2 BvB 1/13, Rn. 578 f.).

Daher kann auch die Inanspruchnahme grundrechtlich geschützter Freiheiten verbotsrelevant sein. Die ‚streitbare Demokratie‘ will gerade den Missbrauch grundrechtlich geschützter Freiheiten zur Abschaffung der Freiheit verhindern. Es kommt im Parteiverbotsverfahren also nicht darauf an, ob eine – unbenommene – Betätigung grundrechtlicher Freiheiten vorliegt. Entscheidend ist vielmehr, ob diese sich als qualifizierte Vorbereitung einer Beseitigung oder Beeinträchtigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellt.

So steht es wörtlich in der Urteilsbegründung. Ausreichend ist bereits eine Beeinträchtigung nur eines der zentralen Prinzipien (Menschenwürde, Demokratie, Rechtstaat, vgl. Rn. 556). Wie schnell dieses Merkmal erfüllt ist, liest sich wenig weiter in der Rn. 598:

Auch verstoßen die zentralen Prinzipien des Nationalsozialismus (Führerprinzip, ethnischer Volksbegriff (sic!), Rassismus, Antisemitismus) gegen die Menschenwürde und verletzen zugleich das Gebot gleichberechtigter Teilhabe aller Bürger am politischen Willensbildungsprozess sowie – aufgrund des Führerprinzips – den Grundsatz der Volkssouveränität.“

Dieser Passus ist einer der fatalsten des gesamten Urteils: Er besagt nichts anderes, als dass der ethnische Volksbegriff, der längst nicht nur in der deutschen Rechten völliger Usus ist, sondern wohl auch Konsens breiter Teile der Gesellschaft ist, nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts gegen die Menschenwürde verstößt. Der volkstumsbezogene Vaterlandsbegriff der Deutschen Burschenschaft, der Ethnopluralismus der Identitären Bewegung, der normale Sprachgebrauch großer Teile der Bevölkerung: All das ist nun offensichtlich vom Bundesverfassungsgericht höchstrichterlich als mit der Menschenwürde nicht vereinbar eingestuft.

Nahezu alle rechten Forderungen sind nun „verfassungsfeindlich“

Die Argumentation mit dem Gummi-Artikel 1 des Grundgesetzes zieht sich wie ein roter Faden durch die Urteilsbegründung: Sonderklassen für ausländische Schüler, eine Auskoppelung von Ausländern aus der Sozialversicherung, kein Kindergeld für Ausländer, Wiedereinführung des ius sanguinis (Abstammungsprinzip), Ausländerrückführungsprogramm (Rn. 640 ff.) – dazu sagt das Gericht nur „Bereits diese im Parteiprogramm der Antragsgegnerin festgeschriebenen Ziele sind mit der Garantie der Menschenwürde nicht vereinbar.“ In aller Brachialität wieder in Rn. 690:

Der von der Antragsgegnerin vertretene Volksbegriff ist verfassungsrechtlich   unhaltbar. Das Grundgesetz kennt einen ausschließlich an ethnischen Kategorien orientierten Begriff des Volkes nicht.“

Der einzige Grund, warum die NPD nicht verboten wurde, ist der, dass das „Darauf Ausgehen“ nicht vorliege. Und dies auch nur deshalb, weil es an der „Potentialität“ fehle – der schieren Möglichkeit für die NPD, ihre Ziele auch zu erreichen (Rn. 845):

Einem Verbot der Antragsgegnerin steht aber entgegen, dass das   Tatbestandsmerkmal des „Darauf Ausgehens“ im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Satz 1 GG nicht erfüllt ist. Die Antragsgegnerin bekennt sich zwar zu ihren gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichteten Zielen und arbeitet planvoll und mit hinreichender Intensität auf deren Erreichung hin, so dass sich ihr Handeln als qualifizierte Vorbereitung der von ihr angestrebten Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung darstellt (1.). Es fehlt jedoch an konkreten Anhaltspunkten von Gewicht, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass dieses Handeln der Antragsgegnerin zum Erfolg führt (2.).“

Als Beispiel dafür, wie weit das aktuelle Urteil den Begriff der aggressiv-kämpferischen Grundhaltung im Rahmen des „Darauf Ausgehens“ fasst, soll der Hinweis auf parlamentarische Rügen genügen:

Vertreter der Antragsgegnerin waren häufig von parlamentarischen             Ordnungsmaßnahmen betroffen. (…) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin übersteigt daher die Anzahl der gegen ihre Abgeordneten ergangenen Ordnungsmaßnahmen das ansonsten übliche parlamentarische Maß und belegt jedenfalls die Bereitschaft, die parlamentarische Auseinandersetzung in aggressiver Weise zu führen.“

De facto sind damit sämtliche Voraussetzungen zum Verbot jeder deutschen Rechtspartei ausgehebelt. Jede Partei, die sich rechts der Union bewegt, kann auf Grund dieser und der oben dargestellten Wertungen ab dem heutigen Tage in einem Verbotsverfahren verboten werden – vorausgesetzt, sie ist politisch erfolgreich und zieht in Parlamente ein.

Die AfD wird im Urteil schon erwähnt

Das trifft in Deutschland derzeit nur auf eine rechtsdemokratische Partei zu – die Alternative für Deutschland (AfD), die auf Grund der unendlich weit gefassten Interpretation der „Menschenwürde“ durch das Bundesverfassungsgericht in Sprachgebrauch, Inhalten und Programmatik Gefahr läuft, in naher Zukunft ebenfalls als „verfassungsfeindlich“ eingestuft zu werden.

Darauf deutet auch der Umstand hin, dass sie als einzige Partei außer der NPD im Urteil erwähnt wird (Rn. 905):

Zwar erzielte die Antragsgegnerin bei der hessischen Kommunalwahl am 6. März 2016 in einzelnen hessischen Gemeinden (möglicherweise begünstigt durch das jeweilige Nichtantreten der Partei „Alternative für Deutschland“ <AfD>) zweistellige Wahlergebnisse (Leun 11,2 %, Büdingen 10,2 %, Altenstadt 10,0 %).

Und auch die etablierten Parteien wetzen bereits die Messer: Gegenüber dem SWR 1 Radio äußerte sich die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und Bundesratspräsidentin Malu Dreyer, die das Verbotsverfahren maßgeblich unterstützte, dergestalt, dass dieses Urteil ein klares Signal an Parteien „in diesem Spektrum sei“. Der Politikwissenschaftler Hajo Funke deutete ebenfalls recht unverblümt an, dass die AfD die „Potentialität“, der der NPD ja fehle, jedenfalls aufweise. Die AfD müsse aufpassen, nicht zu radikal zu werden, sonst drohe ihr ebenfalls ein Verbotsverfahren, fasste der Moderator die verklausulierten Aussagen treffend zusammen.

Das Gericht selbst rät den Politikern zum Rechtsbruch

Besonders dreist: In der mündlichen Erörterung gab das Bundesverfassungsgericht den etablierten Parteien noch den „Tipp“, doch einfach das Grundgesetz zu ändern und so den Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien, der aus Art. 21 Abs. 1 i.V.m Art. 3 I GG resultiert, auszuhebeln, damit lediglich verfassungsfeindliche, aber nicht verbietbare Parteien künftig einfach von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden.

Diesem Vorschlag wollen sich nun Dreyer und Co. widmen. Theoretisch könnte bei einer entsprechenden Grundgesetzänderung sogar die Einstufung eines Landesamtes für Verfassungsschutz als „verfassungsfeindlich“ als ausreichend für eine Streichung der staatlichen Parteienfinanzierung festgelegt werden. Dass das Bundesverfassungsgericht selbst die Anleitung zu einer derartigen Außerkraftsetzung elementarer Verfassungsgrundsätze erteilt, ist ein starkes Stück.

Vereinsverbote sind nun wesentlich einfacher

Noch gravierender könnte die Interpretation der „Menschenwürde“ für das wesentlich weniger anspruchsvolle Vereinsverbotsverfahren sein. Theoretisch könnte beispielsweise die Identitäre Bewegung oder sogar die Deutsche Burschenschaft direkt per Innenministererlass wegen ihrer Ausrichtung „gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ (Stichwort: ethnischer Volksbegriff) ohne nähere Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit (Vgl. hierzu auch BVerwG; Urteil vom 14.05.2014 – 6 A 3/13) verboten werden.

Abschließend verbleibt nach den unzähligen Rechtsbrüchen in der Euro- und Asylpolitik das ungute Gefühl, dass mit diesem Urteil der schleichende Beginn einer Patriotenverfolgung mit einer bislang in diesem System ungekannten Repressionsintensität beginnen könnte. Die Besetzung der Senate mit Richtern wie Susanne Baer, einer bekennenden Lesbe und radikalen Gender-Ideologin, oder Peter Müller, einem altgedienten CDU-Kader, zeigt langsam aber sicher Wirkung. Es gilt nun verstärkt die politische Auseinandersetzung auch mit dem Bundesverfassungsgericht zu suchen.

(Bild: strassenstriche.net, flickr, CC BY-NC 2.0)

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