Anstoß

Tiefenökologie statt Klimawahn

Es gibt seit einiger Zeit eine seltsame Entwicklung in meinem Leben. Ich bin Asperger-Autist. Und seit diesem Jahr sprechen mich andauernd Freunde und Journalisten-Kollegen an, ich sollte mal etwas zum Thema Umwelt sagen. Ich habe echt keine Ahnung, warum man auf die Idee kommt, ein Autist sei da besonders qualifiziert. Aber okay, jetzt einmal ernsthaft …

Ich habe persönlich absolut nichts gegen Greta Thunberg. Ich nehme sie nicht ernst, und sie ist mir auch relativ egal. Ich persönlich finde aber, sie macht ihre Aufgabe gut. Ich unterstütze ihre Thesen nicht. Ich weiß aber aus eigener Erfahrung, wie man mit Autisten an Schulen umgeht. Und deshalb finde ich es gut, wenn jemand mit Asperger-Syndrom erreicht, dass er bzw. sie nicht zur Schule gehen muss.

Ich frage mich auch, seitdem ich von Greta Thunberg gehört habe, warum zum Teufel mir das als Schüler nicht selbst eingefallen ist. Hätte ich das damals gemacht, es hätte die Chance gegeben, ungestraft der Schule fern bleiben zu dürfen. Alle Welt hätte mich gefeiert und Prominenz hätte mich empfangen. Nur leider habe ich das nicht gemacht. Ich bin stattdessen brav zur Schule gegangen und habe mich brav von meinen Mitschülern mobben, schikanieren, terrorisieren und zusammenschlagen lassen. Na toll.

Kein Hass auf Greta!

Ich finde auch den Hass auf Greta Thunberg, der in der rechten Szene und bei den Libertären allgegenwärtig ist, fehl am Platz. Natürlich ist der aktuelle Hype lächerlich. Da kommt eine vorlaute 16-jährige Göre und will die Welt retten. Und die wird dann vom Establishment gefeiert, statt in die Schule zurückgekarrt zu werden. Jedoch, wenn die Heldenverehrung, die Greta von linker Seite bekommt, zu Recht als lächerlich gesehen wird, ist es genauso lächerlich, wenn Konservative sie zum Teufel in Person erklären wollen und zugleich auch noch neue Helden fordern.

Besonders die bürgerliche Rechte ist eifrig dabei, die gesamte Klimabewegung als hysterisch, geisteskrank, kindisch etc. zu beschimpfen. Was daran wahr ist: Die linke Ökologiebewegung belügt sich wirklich ständig selbst. Damit meine ich nicht nur, dass die Energiewende, welche dieselben Leute, die jetzt bei Fridays for Future oder erwachseneren Ablegern mitmachen, vor acht Jahren beklatscht haben, zu einer Mehrnutzung fossiler Energieträger und damit einem Mehrausstoß an CO2 führte. Und auch, dass man im Namen der Windkraft deutsche Wälder abholzt und auf Artenschutz pfeift.

Zizek: Linker Umweltschutz ist Marketing

Der linke Philosoph Slavoj Zizek hat richtig beschrieben, dass linker Umweltschutz mehr Marketing als lösungsorientierte Politik ist, und mehr darauf abzielt, den Teilnehmern ein gutes Gefühl zu geben, als irgendein Problem wirklich zu lösen. Man verlangt den Bürgern einen kleinen Preis ab, der zwar unangenehm ist, aber nicht so wirklich ins Gewicht fällt. Der Bürger kann sich dann stolz auf die Brust klopfen, dass er diese „große Anstrengung“ unternommen hat, um die arme Umwelt zu retten. Siehe die Debatte um Plastikstrohhalme oder um Plastiktüten in Supermärkten.

Jordan Peterson pflichtet Zizek daher in dieser Debatte bei: So ein Akt kann auch als Ablasshandel gesehen werden nach dem Motto „Ich fahre die dicke Benzinschleuder, aber dafür trenne ich brav den Müll.“ Die schlimmsten Umweltzerstörungen werden aber sowieso von Konzernen und nicht von Privatleuten begangen. Deshalb ist es unsinnig, den Privatmann dafür am meisten bluten zu lassen.

Die Biosphäre kommt mit Katastrophen zurecht

Dann kommt die Linke mit absolut übertriebenen Schreckensszenarien wie der Behauptung, alles Leben auf der Erde würde untergehen, daher. Dies ist absolut lächerlich. Die Biosphäre ist ein System, das sich selbst reguliert und sowohl mit natürlichen, als auch mit menschengemachten Katastrophen zurechtkommen kann. Ein Gelände mit der heutzutage intaktesten Natur ist z.B. der Ort Pripyat/Tschernobyl. Der Mensch kann sich versehentlich selbst auslöschen, aber nicht sämtliches Leben auf der Erde ausrotten.

Was mich in der Umweltdebatte momentan nervt, ist, dass man zwar von konservativer Seite die Klimahysterie der Grünen kritisiert, aber ins absolute Gegenteil abdriftet und eine „Nach uns die Sintflut“-Attitüde propagiert. Die vernünftige Alternative zur Panikmache einer Seite ist nie, das Problem komplett zu ignorieren, sondern rational zwischen möglichen Chancen und Risiken abzuwägen.

Vulgärer Schwachsinn von Konservativen

Und gerade den „bürgerlichen Konservativen“ scheint es wie immer nur darum zu gehen, ungestört ihren persönlichen Hedonismus auszuleben. Das kennt man ja von denen schon bei früheren Kampagnen wie der schwachsinnigen „Burkas? Wir stehen auf Bikinis“-Kampagne, oder der Panik, wonach der „böse Moslem“ oder der „böse Grüne“ uns das Schweineschnitzel wegnehmen will. Das hat mit Konservatismus nichts zu tun und ist nur vulgärer Schwachsinn. Das bürgerliche Lager kommt aber trotzdem ständig mit solchen „Argumenten“

Das häufigste Argument „CO2 ist gut fürs Pflanzenwachstum“, welches insbesondere aus Richtung der bürgerlichen AfD kommt, ist zwar teilweise richtig, wirkt aber insbesondere in dieser Form eher peinlich. Was in einem begrenzten Maße gut ist, muß man doch nicht in einer Überdosis verabreichen oder empfehlen. Selbst bei Lebensnotwendigem wie Zucker kann eine Überdosis gefährlich sein.

Dann wirkt vieles auch so, als ob man wie „trotzige Kinder“ nur möglichst die Gegenposition zu den Grünen einnehmen will. Und das auf ziemlich irrationale Weise. Das merkt man insbesondere an der Debatte um die Kohle.

Die Frage, ob der Atomausstieg ein Fehler war, und ob wir nicht zum Wohle der Umwelt vielleicht besser mehr Atomkraft nutzen sollten, fragt bis auf eine kleine Minderheit in FDP und AfD niemand. Stattdessen stellt sich die Mehrheit des Lagers hin und will die Kohle mit Klauen und Zähnen verteidigen. Dabei ist es jedoch so, dass selbst wenn die Treibhaus-These nicht stimmen sollte, Uran deutlich energieeffizienter ist, als es Kohle je sein wird. Und Kohle ist immer noch ein knappes Gut. Deshalb gibt es genug Gründe, die Energiegewinnung aus Kohle in Frage zu stellen. Auch dass der Staat ganze Dörfer verlegt, damit der Kohleabbau ungehindert weitergehen kann, spricht gegen eine Glorifizierung.

Wer ernsthaft glaubt, dass Kohle vollkommen sicher sei, sollte mal den Ort Centralia in den USA anschauen. Da hat es in einem Bergwerk einen Unfall gegeben, der dafür sorgte, dass die Kohlevorkommen unter dem Dorf angezündet wurden. Centralia ist seitdem durch giftige Dämpfe nicht mehr bewohnbar.

Nach uns die Sintflut ist keine Option

Außerdem hat die Rechte besonders im 20. Jahrhundert eigene Ansätze zur ökologischen Frage entwickelt. Von bekannten Philosophen wie Heidegger über Alain de Benoist bis zu Herbert Gruhl. Statt aber an diese eigene Umweltschutztradition anzuknüpfen kommt man lieber mit „Nach uns die Sintflut“.

Dabei ist der von vielen Rechten vertretene Tiefenökologie-Ansatz besonders interessant. Grundlage dieses Ansatzes, der teilweise mit der Gaja-Hypothese von James Lovelock verbunden ist, bildet die Idee, dass der Mensch kein oberhalb der Natur stehendes Wesen ist, das die Natur zu seiner freien Verfügung hat und diese als Rohstoff nutzen kann und sollte („Macht euch die Erde untertan.“).

Stattdessen wird angenommen, dass der Mensch Teil des ökologischen Systems ist und seine Lebensweise diesem System verdankt. Es handelt sich dabei um selbstregulierende Kreisläufe. Dies bedeutet, dass der Mensch die Welt wahrscheinlich nicht endgültig zerstören kann. Aber erstens kann, wenn ein „temporäres Ungleichgewicht“ entsteht, bis sich alles wieder eingependelt hat, ein Chaos entstehen, was unangenehm für den Menschen werden kann.

Zweitens kann dieser Prozess des Einpendelns selbst für den Menschen zum Problem werden. Beispielsweise wenn ein Umweltgift verbreitet wird und deshalb ein Bakterium entstehen kann, was tödlich für den Menschen ist, aber auf der anderen Seite dieses Gift sehr gut beseitigt.

Mensch und Natur muss es gut gehen

Die Vorstellung, dass der Mensch ein System mit seiner Umwelt bildet, bedeutet aber auch, man kann das Wohl des Menschen nicht im Namen der Umwelt opfern, sondern muss daran arbeiten, dass es Mensch und Natur „gut geht“. Kein Mensch ist bereit, selbst stark im Dienste des Umweltschutzes zu leiden. Das müssen Umweltschützer beachten.

Wahrscheinlich ist die Denkhaltung der Tiefenökologie daher genau das Richtige für Traditionalisten. Wie schon in einem früheren Artikel von mir erklärt, ist das Hauptproblem der Moderne die von René Guénon beschriebene „Herrschaft der Quantität“, welche die Welt in möglichst kleine, gleichförmige Einzelteile zerlegen will, die beliebig auseinandernehmbar, austauschbar und wiederzusammensetzbar sind. Bei Menschen hat dies zur Folge, dass er zum Zahnrad in der Maschine degradiert wird.

Entkopplung und Entfremdung

Wahrscheinlich ist das Streben, den Menschen zum „Zahnrad in der Maschine“ zu machen, nur eine Fortsetzung des Strebens, sich die Erde „untertan“ zu machen. Und die tiefenökologische Idee, dass alles Leben in einem System existiert und sich gegenseitig benötigt, ist vielleicht ein wichtiges Heilmittel gegen diese „Herrschaft der Quantität“.

Abgesehen davon bedeutet der Prozess der Moderne sowieso Entkopplung und Entfremdung von der Natur. Schamanenkulturen sahen die ganze Natur als göttlich und beseelt an. Die Gottheiten der Antike waren Personifikationen von Weltprinzipien wie Zeit, Liebe  oder Krieg. Die Gottesvorstellung der Monotheisten war ein von der unbelebten Welt getrennter Schöpfer, dessen Stellvertreter der Mensch war. Und die Moderne entfernte Gott und setzte den Menschen an seine Stelle.

Und man sieht, was für Folgen das für Mensch und Natur hat.

(Bild: Greta Thunberg, von: Anders Hellberg, CC BY-SA 4.0)

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