Gesichtet

Best of Gauck

Joachim Gauck will nicht mehr. Der 76-jährige Bundespräsident steht für keine weitere Amtszeit bereit. Ein Rückblick auf fünf ereignisreiche Jahre.

Im kurzlebigen Zeitalter der Medien und Skandale kann man sich kaum mehr an das Verhalten vieler Politiker vor einigen Monaten oder Jahren erinnern. Da Herr Gauck noch immer unser Staatsoberhaupt ist und ankündigte, zu keiner weiteren Amtszeit anzutreten, sollte einmal rekapituliert werden, was er die letzten Jahre alles gemacht hat. Was waren die wichtigsten Aussagen und Taten unseres obersten Repräsentanten? Was wird in Erinnerung bleiben? Wie wird die Zukunft ihn beurteilen? Ein kleines „Best of“:

Platz 5: Pegida-Schelte

In seiner Weihnachtsansprache 2014 verurteilte unser oberster Repräsentant die PEGIDA-Bewegung aufs schärfste. „Die Allermeisten von uns folgen nicht denen, die Deutschland abschotten wollen.“ Gut ein Jahr später sieht das anders aus. Laut des Institutes Forschungsgruppe Wahlen sehnen sich 58 Prozent der Deutschen zu Grenzkontrollen zurück, selbst wenn dies den Reise- und Güterverkehr behindere. Das genannte Meinungsinstitut wird zudem fast vollständig vom ZDF bezahlt, weshalb die Anzahl der Kritiker offener Grenzen deutlich höher liegen dürfte, als in dieser halbehrlichen Umfrage angegeben.

Da Gauck regelmäßig auf die Bedeutung von Mehrheiten verweist, hat er sich offen für eine Schließung der Grenzen ausgesprochen. Spaß beiseite, schließlich hat er viel Wichtigeres zu tun. Am Montag zum Beispiel sprach er mit den Trägern des „alternativen Nobelpreises“, die für „die Gestaltung einer besseren Welt“ geehrt wurden. Im Englischen heißt der Preis übrigens „Right Livelihood Award“, also „Preis für die richtige Lebensweise“. Ausgezeichnet wurden damit eine syrische Hilfsorganisation, eine regierungskritische türkische Zeitung, eine ägyptische Feministin und natürlich eine russische Menschenrechtlerin. Gauck war also mal so richtig „alternativ“ unterwegs. Wie blöd nur, daß das alte, linke „Alternativ“ der neue Mainstream ist und die neue Alternative von rechts kommt.

Platz 4: DDR als Unrechtsstaat – und BRD das glatte Gegenteil?

„Die DDR war ein Unrechtsstaat, es gab keine unabhängige Gerichtsbarkeit, schon gar nicht ein Verfassungsgericht. Es existierte einfach nicht. Dafür existierte Willkür, die das Land beherrschte“, so sprach Gauck zum 25. Jubiläum für den friedlichen Mauerfall der DDR.

Es ist einfach, sich die vertrockneten Rosinen der Vergangenheit herauszusuchen und in einem Vergleich die blühenden Früchte der Gegenwart heranzuziehen. Dass diese gar nicht so blühend sind, fällt neben der verschrumpelten Sozialismus-Frucht den wenigsten auf. Zwar existiert in Deutschland ein funktionierendes Verfassungsgericht, das sich an einem guten Tag auch mal mit der Politik anlegt, aber bei essentiellen Fragen wie dem illegalen Aussetzen des Dublin-II-Abkommen verbunden mit exekutivem Rechtsbruch durch die Bundesregierung Däumchen dreht. So kann Seehofer zwar urbayrisch bellen, aber für eine waschechte Verfassungsklage gegenüber Angela Merkel reicht es dann doch nicht. Auch die Verfassungsklage des Juristen Karl Albrecht Schachtschneider hatte keinen Erfolg und wurde ohne Begründung der Richter abgelehnt.

Platz 3: Volksentscheide? Nein, danke!

Gauck spricht sich nach dem „Brexit“ öffentlich gegen Volksentscheide aus. Er hält die repräsentative Lösung für die beste Idee auf Bundesebene: „Es gibt eine ganze Reihe von Themen – Sicherheit, Steuern, Währungspolitik und vieles mehr – bei denen einfache Antworten wie Ja oder Nein nicht ausreichen.“ Das kann man zu einem gewissen Grad auch nachvollziehen. Allerdings wäre es angebracht mit Volksentscheiden die grundsätzlich Richtung der Politik festzustellen, wie in der Schweiz, oder nun auch in Großbritannien. Denn Gauck erkennt zu Recht, „dass Europa ein Erfolgsprojekt bleibt, wenn es die meisten Menschen mitnimmt und begeistert“.

Da fragt man sich doch, wie man das mit „den meisten Menschen“ am leichtesten herausfinden kann. Ja richtig, mit einem hochkomplexen, intransparenten, parteilich-bürokratischem Repräsentativsystem auf mehreren Ebenen, bei dem alle vier Jahre zwischen Pest und Cholera entschieden wird. Ein Volksentscheid kommt da natürlich nicht in Frage …

Platz 2: Israel

Gauck besucht im Dezember 2015 Israel und erhält die Ehrendoktorwürde der Hebräischen Universität Jerusalem:

„Jetzt, wo der Terror näher an uns in Westeuropa heranrückt, kann ich besser jene Bedrohung erfassen, in der die Israelis seit Jahrzehnten leben.“ Es sei beklemmend, wie „Gewalt und Terror auch in Ihrem Land wieder Angst und Misstrauen wach werden lassen“.

Einen Bezug zur unkontrollierten Einwanderung genau dieser Extremisten, die seit Jahren Gewalt und Terror in Israel verursachen, sieht Gauck nicht. Das Israel sozusagen der König der Abschottung ist, und nur aufgrund genauster Sicherheitskontrollen, strengster Grenzüberwachung und einer übersteigerten Nationalität im Pulverfass des Nahen Ostens überlebt, wird vorsorglich nicht erwähnt. Auch die stark umstrittene Außenpolitik Israels lässt er außen vor.

Aber eins scheint Gauck klar: Israel muss sich schützen. Gut, das wir vor einem Jahr ein Atom U-Boot nach Israel exportierten. Scheinbar reicht das jedoch nicht. Einen Monat nach Gaucks scheinmenschlicher Rede über Sicherheit und Freiheit, sein Lieblingsthema übrigens, sticht ein U-Boot der „Dolphin II Klasse“ in See. Das fünfte hochmoderne Unterseebot auf dem Weg nach Israel. Noch eins soll folgen. Die in Kiel gebaute „Rahav“, hebräisch für „Gott der Meere“, soll an Israels Küste für Freiheit und Sicherheit sorgen. Bei 30 Prozent Rabatt kann man schwerlich nein sagen. Die ARD berichtet ebenfalls, dass die deutsch-israelische Militärkooperation nahezu perfekt funktioniere. „Perfekt“ bezieht sich dann wohl auf die israelische Seite.

Platz 1: Terrorgefahr durch labilen, deutschen Einzeltäter?

Die Weihnachtsansprache unseres Bundespräsidenten musste im letzten Jahr zweimal aufgezeichnet werden. Joachim Gauck wollte nach dem Absturz der Germanwings-Maschine im Frühjahr auf Gewalt und Terror hinweisen, der im letzten Jahr Deutschland erschüttert habe:

„Aber das Jahr war doch in hohem Maß gekennzeichnet von Unglück, von Gewalt, Terror und Krieg. Wir erinnern uns an die schreckliche Flugzeugkatastrophe in den französischen Alpen.“

Nicht nur, dass Gauck einen psychisch labilen Einzeltäter (hier passt diese Eigenschaft tatsächlich) als Stellvertreter für den Schrecken hinstellen wollte. Er ignorierte bewusst den Anschlag in Paris vom November, der deutlicher die Ängste der Bevölkerung traf. Zudem schlich sich ein kleiner Fehler ein: In der ersten Fassung, die von Gauck nur rezitiert wurde, lag der Unfallort noch in den Pyrenäen, erst nachdem ein aufmerksamer Angestellter den Fehler des „Gauck-Teams“ bemerkte, änderte sich der Absturzort in „Alpen“. Das Manuskript wurde geändert und Gauck musste ein zweites Mal ran.

Selten wurde ein deutscher Würdenträger mit so vielen Vorschusslorbeeren bedacht wie Joachim Gauck, und selten enttäuschte ein Politiker auf derartige Weise. Sicherlich wundern sich einige, dass so ein kleiner Ortsverwechsler es auf den ersten Platz geschafft hat, doch steht ein derartiger Fehler doch für viel mehr. Der angeblich fähigste Mann als Bundespräsident, der wie seit 1949 üblich ohne Möglichkeit der direkten Partizipation, in der sogenannten Bundesversammlung gewählt wurde, ist nicht in der Lage seine Rede selber zu schreiben. Dabei handelt es sich weder um eine 0815-Rede zu einer beliebigen Schülerehrung, noch um eine hochkomplexe Rede zu einer Preisverleihung der besten Astrophysiker.

Eine Marionette, die sich die wichtigsten Reden schreiben lässt

Es handelt sich um die Weihnachtsansprache an das Volk durch den höchsten Repräsentanten. Das für eine der wichtigsten Auftritte des Präsidenten ein Redenschreiber engagiert wird, ist der Gipfel der Unverfrorenheit. Und wenn zudem nicht mal der Präsident selbst in der Lage ist, den Unfallort eines der größten Unglücke der deutschen Luftfahrtgeschichte selbst zu benennen und ihm ein Fehler nicht auffällt, den sein Stab gemacht hat, ist das einfach nur noch peinlich und zeugt von der marionettenhaften Person eines Joachim Gaucks, der apathisch-schauspielernd auf den Teleprompter starrt. Warten wir auf die Ansprache in wenigen Wochen, ob er sich hinreißen lässt wie so häufig die berühmten geistigen Brandstifter zu verurteilen. Eines sollte jedoch klar sein: Wer sich die potenziellen Nachfolger Gaucks genauer anschaut, weiß, dass diese ihn bei weitem unterbieten werden. In diesem Sinne,  eine frohe letzte Adventszeit unter Joachim Gauck.

Bild: Metropolico.org, flickr, CC BY-SA 2.0

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