Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) war eines der wenigen Institute, das die große Finanzkrise 2008 voraussah. Seit Juni warnt sie erneut. Man fängt an sie ernstzunehmen, allerdings nicht bei den verantwortlichen Notenbanken.
Claudio Borio, den Chefsvolkswirt der BIZ, erinnert die jetzige Situation an die Zeit kurz vor dem Ausbruch der Finanzkrise 2008. Auch damals hatten Borio und sein damaliger Chef William White gewarnt. Alan Greenspan, der „Maestro“ der Fed, hatte sie zu dieser Zeit einfach ignoriert. Ein Insider erzählte später, die Einwände Whites und Borios seien im Offenmarktausschuss, dem geldpolitischen Fed-Gremium, nie diskutiert worden.
Greenspan wurde damals ebenso gefeiert, wie heute der Anfang 2014 ausgeschiedene Fed-Präsident Ben Shalom Bernanke oder EZB-Präsident Mario Draghi. Nach dem Platzen der Dotcomblase und dem Börseneinbruch nach dem elften September hatte Greenspan die Krise mit billigem Geld übertüncht.
Heute sieht Borio wieder die gleiche Blindheit. Notenbanken dürften nicht nur auf die Verbraucherpreise starren, sie müssten auch die Anlagenpreise im Blick behalten. In den letzten Jahren kam es trotz des eingebrochenen Wachstums zu ständig neuen Rekordzahlen an der Börse. Manche Ökonomen, wie etwa der diesen Januar verstorbene Wilhelm Hankel sahen dies als „asset inflation“.
Das bedeutet, dass die durch das Gelddrucken entstandene Inflation nicht an den Gütermärkten, sondern an den Aktienmärkten stattfindet. Auch dieses Mal stiegen die Preise ohne nennenswerte Produktivitätssteigerung der Wirtschaft. Es floß kein neues Kapital in Investitionen, nur die Börsenpreise stiegen. Schließlich mussten die Banken irgendwohin mit dem ganzen Geld, das die Zentralbanken auf den Markt geworfen hatten. Unternehmen nehmen kaum Kredite auf, da sie bei der angespannten Wirtschaftslage nicht mit Gewinnen rechnen können. Seit dieser Woche stürzen allerdings weltweit die Kurse ein.
Für Bario ist die derzeitige Niedrigzinspolitik nicht zu halten. „In der Tat sehen wir das Risiko, dass die derzeitige Geldpolitik aus globaler Perspektive zu Gefahren für die Finanzstabilität beitragen könnte.“
Auch andere Krisenzeichen mehren sich. Der Präsident des renommierten Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn schlug bereits aufgrund des Target-Saldos Alarm. Dieser stieg im August und September um 67 Millionen Euro. Der Target-Saldo bildet die Verschuldung der Zentralbanken untereinander, innerhalb des Eurosystems, ab. Der Saldo steigt, wenn einige Eurostaaten, in diesem Fall besonders Italien, bei anderen Eurostaaten auf Pump einkaufen.
Auch bei den Banken sieht es düster aus. Laut Angaben, die Reuters von zwei Insidern haben will, haben bereits 25 von 130 europäische Banken den neuen Stresstest nicht bestanden. Dabei gelten die regelmäßig verordneten Stresstests als viel zu laxe Gefälligkeitsprüfung.
Mario Draghi kommentiert die Warnungen jedoch gewohnt abfällig: „Wir denken, dass unsere Geldpolitik vollkommen angemessen ist“, sagte der Italiener. Den lockeren Kurs zu beenden, wäre ein interessanter Vorschlag, „aber einer, den wir nicht teilen“. Sein Institut will stattdessen auch direkt Pfandbriefe und Verbriefungen kaufen. Dafür stünden laut Draghi theoretisch bis zu einer Billion Euro zur Verfügung. Nun, theoretisch hat Draghi natürlich unbegrenzt Geld. Schließlich stellt er es selbst her und die Produktionskosten sind mit ein paar Mausklicks auch begrenzt. Gelobt sei das elektronische Bankwesen, durch das die Geldvermehrung nicht einmal mehr durch die Druckkosten beschränkt ist. Nur kann man mit einer elektronischen Eins und vielen, vielen Nullen nicht einmal die Wände tapezieren.
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