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Feind oder Feind!

Es war wirklich reiner Zufall, dass ich gerade über Schmitts Politischer Theologie saß, als Götz Kubitschek vor einigen Tagen bekundete, selbst wieder einmal Carl Schmitt zu lesen, und Teile des Werkes in sein Verlagsprogramm aufzunehmen. Ich bin immer noch ganz fasziniert von ihm (also Schmitt jetzt). Dem ein oder anderen ist vielleicht mein Artikel dazu aufgefallen. Man könnte sagen, leider (aber auch gottseidank) ist dieser schon wieder durch viel neues Artikelmaterial zugedeckt. Es steckt aber so viel Wertvolles in seinen zum Teil sehr unterschiedlichen Abhandlungen, dass ich in alter Tradition unseres Blogs fortgesetzt, vielleicht bisweilen auch kommentiert, zitieren werde.

Der folgende Part aus der Analyse des politischen Feindbegriffs scheint mir auch gut zu Ostern zu passen:

Feind ist also nicht der Konkurrent oder der Gegner im allgemeinen, Feind ist auch nicht der private Gegner, den man unter Antipathiegefühlen haßt. Feind ist nur eine wenigstens eventuell, d. h. der realen Möglichkeit nach kämpfende Gesamtheit von Menschen, die einer ebensolchen Gesamtheit gegenübersteht. Feind ist nur der öffentliche Feind, weil alles, was auf eine solche Gesamtheit von Menschen, insbesondere auf ein ganzes Volk Bezug hat, dadurch öffentlich wird. Feind ist hostis, nicht inimicus im weiteren Sinne; (…).

Die deutsche Sprache, wie auch andere Sprachen, unterscheidet nicht zwischen dem privaten und dem politischen „Feind“, so daß hier viele Mißverständnisse und Fälschungen möglich sind. Die viel zitierte Stelle „Liebet eure Feinde“ (Matth. 5,44 Luk. 6,27) heißt „diligite inimicos vestros“, (…), und nicht: „diligite hostes vestros“; vom politischen Feind ist nicht die Rede. Auch ist in dem tausendjährigen Kampf zwischen Christentum und Islam niemals ein Christ auf den Gedanken gekommen, man müsse aus Liebe zu den Sarazenen oder den Türken Europa, statt es zu verteidigen, dem Islam ausliefern. Den Feind im politischen Sinne braucht man nicht persönlich zu hassen, und erst in der Sphäre des Privaten hat es einen Sinn, seinen „Feind“, d.h. seinen Gegner, zu lieben.  Jene Bibelstelle berührt den politischen Gegensatz noch viel weniger, als sie etwa die Gegensätze von Gut und Böse oder Schön und Häßlich aufheben will. Sie besagt vor allem nicht, daß man die Feinde seines Volkes lieben und gegen sein eigenes Volk unterstützen soll.

(Der Begriff des Politischen, 8. Aufl., D&H, S. 27 f.)

In diesem Sinne schon einmal: Frohe Ostern!

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