Anstoß

Kuckuck, da bin ich wieder, der böse Fachkräftemangel!

Immer wieder, wenn es vielleicht vorhandene PR-Maßnahmenpläne der Wirtschaftsverbände und Wirtschaftsforschungsinstitute vorgeben, wird der Fachkräftemangel, das ominöse, stets präsente Wesen, durch das mediale Dorf der Bundesrepublik getrieben. Seit etlichen Jahren scheint die deutsche Wirtschaft an diesem offenbar unheilbaren Phänomen zu kranken.

Jetzt haben die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock und ihr indischer Amtskollege Subrahmanyam Jaishankar jüngst in Neu-Delhi ein Mobilitätsabkommen unterzeichnet, mit dem etwa Wartezeiten für Visaanträge deutlich verkürzt werden. Deutschland wolle, dass hochqualifizierte Fachkräfte leichter nach Deutschland kommen könnten, soll die feministische Außenministerin und Völkerrechtsexpertin gesagt haben.

Nun könnte man meinen, dass wir in Deutschland schon sehr viele Inder haben, denn interessanterweise lebten in der Bundesrepublik 2021 etwa 172.000 indische Staatsbürger. Ihre Anzahl hat sich seit 2011 mehr als verdreifacht. Die Welt berichtete im Oktober 2021, dass die indischen Mitbürger an der Spitze der Gehaltspyramide stehen: „Ihr Medianmonatslohn in Vollzeit beträgt 4.824 Euro. Das sind fast 1.300 Euro mehr, als Deutsche hierzulande im Mittel verdienen. […] Seit 2012 sind viele Akademiker aus Drittstaaten nach Deutschland gekommen, um die Fachkräftelücke zu schließen – insbesondere Mathematiker, Informatiker, Naturwissenschaftler und Ingenieure, die sogenannte MINT-Berufe ausüben. Diese sind in der Regel überdurchschnittlich gut bezahlt.“

Und doch wird immer wieder über Fachkräftemangel geklagt. Ob dieser Mangel an Fachkräften wohl – wie Bildungsexperte Josef Kraus vermutet – seine Ursachen in einem links-ideologiebasierten Akademisierungswahn hat? Der Ehrenpräsident des Deutschen Lehrerverbandes schrieb schon 2017 in Tichys Einblick: „Reicht es nicht, dass wir im Jahr 1996 noch 267.000 Studienanfänger hatten und es zwanzig Jahre später, im Jahr 2016, 506.000, also fast doppelt so viele, waren? Ist es noch ‚normal‘, dass wir seit 2014 mehr Studienanfänger haben als junge Leute, die eine berufliche Bildung anfangen? Ist es ‚normal‘, dass wir in Deutschland 330 Berufsbildungsordnungen und 17.000 Studienordnungen haben?“

Im gleichen Jahr wie Josef Kraus, schrieb Jakob Osman im manager magazin unter der Überschrift „So führen uns Politiker und Lobbyisten in die Irre – Das Märchen vom Fachkräftemangel“, dass es zwar einen realen Fachkräftemangel gäbe, nur „betrifft dieser meist nicht irgendwelche Studiengänge, sondern Berufe, die keine große Lobby hinter sich haben: Erzieher, Pflegekräfte, Maschinenbauer, Handwerker und viele mehr. Hier hat es die Politik versäumt zu reagieren. Gerade am Beispiel der Pflegebranche sieht man, wie verzweifelt die Lage ist. Unsere Gesellschaft wird immer älter, die Menschen werden pflegebedürftiger und der Job für die Pfleger wird immer härter. Aufgrund des Kostendrucks wird am Gehalt der Fachkräfte gespart. Laut aktuellen Studien verdienen Pflegefachkräfte im Schnitt 2000 bis 2.200 Euro brutto. Wie soll man davon in Düsseldorf, München oder Köln eine Familie gründen und vernünftig leben können?“ Eine von vielen Fragen in diesem Zusammenhang, die nach den völlig unsinnigen „Pandemie“-Bekämpfungsmaßnahmen an zusätzlicher Brisanz gewonnen haben.

Für Osman war und ist wahrscheinlich immer noch klar: Würde man den Äußerungen einiger Verbände Glauben schenken, „wäre Deutschland spätestens 2025 ökonomisch nicht mehr voll handlungsfähig. […] Der Fachkräftemangel bei Ingenieuren existiert so nicht. Festhalten darf man, dass die Vakanzen von Unternehmen deutlich länger offen sind – im Schnitt 110 bis 125 Tage. Doch selbst die Agentur für Arbeit sagt, dass auf 100 gemeldete offene Stellen rechnerisch 174 arbeitslose Experten der Maschinen- und Fahrzeugtechnik kommen. Warum also wird sich so viel Mühe gegeben einen Fachkräftemangel zu prognostizieren?“

Die Antwort liegt laut Jakob Osman auf der Hand: „Je mehr Fachkräfte auf den Markt strömen, desto niedriger kann ich das Lohnniveau halten. Zusätzlich übe ich – dank meiner starken wirtschaftlichen Position – massiven Druck auf die Politik aus und drohe mit Arbeitsplatzverlegung ins Ausland, Kündigungswellen oder gleich der kompletten Aufgabe meines Geschäfts.“ Die hausgemachten Krisen im Bereich der Energieversorgung und Lieferketten verstärken den wirtschaftsseitig gewünschten Druck auf die Politik zur Zeit im übrigen ganz erheblich.

In dieser Situation kann man allerdings auch von einem willfährigen Entgegenkommen der rot-grünen Politakteure sprechen. Die mit großen Antifa-Sympathien ausgestattete und auf „dem linken Auge total erblindete“ Bundesinnenministerin, Nancy Faeser, kam 6. Dezember bei der Propagandajournalistin Maischberger zu dem Schluss, dass der Forderung der Wirtschaft nach 400.000 Fachkräften aus dem Ausland unbedingt nachzukommen sei.

Gegen die überbordende Arbeitsmigration spricht unter anderem allerdings, dass im Jahr 2022 die Arbeitslosenquote von Ausländern in Deutschland bei durchschnittlich 13,5 Prozent lag. Ein Personenkreis, der in Lohn und Brot zu bringen wäre. Doch der Verdacht, dass sich die meisten Migranten lieber in die bundesdeutsche Sozialhängematte legen, als sich nach der Ausbildung zur „Fachkraft“ an der Stechuhr anzustellen, lässt sich nicht ausräumen.

Abgesehen davon wollen viele ausländische Fachkräfte gar nicht in das Land der Moralweltmeister. Chris Pyak, Geschäftsführer von Immigrant Spirit, der seit 2013 internationale Fachkräfte zu ihren englischsprachigen Jobs in Deutschland führt, meint laut Focus: „Niemand, wirklich niemand, träumt davon nach Deutschland zu ziehen.“ Pyak, der mit den sogenannten „Expats“ [Expatriates] sein Brot verdient, sieht in den neuen Mobilitätsabkommen und Einwanderungserleichterungen allerdings vor allem für sich neue Verdienstmöglichkeiten, weswegen er auch dafür ist. Aber auch der „Fachkräftemangel“ ist für ihn ja ein sicher lukratives Narrativ.

Auf der anderen Seite meldet die Initiative EinProzent im Sommer 2021 in ihrem Blog: „Im vergangenen Jahr verließen nach Angaben des Statistischen Bundesamts 220.239 Deutsche ihre Heimat. Und obwohl 191.883 Deutsche wieder zurückkehrten, liegt der Wanderungssaldo bei -28.356. Wer sind diejenigen, die Deutschland den Rücken kehren? Laut ‚Wirtschaftswoche‘, die sich auf eine Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) beruft, handelt es sich dabei um junge, gut ausgebildete und unabhängige Fachkräfte.“

Hans-Peter Hörner ist AfD-Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg.

(Bild: Pixabay)

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