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Noch einmal zu Lisson

Frank Lisson äußerte sich hier zuletzt äußerst kritisch über meine Rezensionen seiner Homines-Bände. Mit einem Autor über den Inhalt seiner Bücher streiten, ist eine heikle Sache. Doch der Reihe nach:

Zuerst zum „Konsumschweinchen“, ich habe es nachgeschlagen, und dieses Wort ist mir tatsächlich reingerutscht, an der entsprechenden Stelle steht lediglich „Zivilisationsäffchen“.

Was den Begriff des Zustandes betrifft, so mag es sein, daß ich das Absichtskapitel des Homo Viator zu sehr mit der Sequenz „Wie die Dinge das Denken prägen“ zusammen gelesen habe.

Wogegen ich mich jedoch eindeutig verwahre, ist der Vorwurf die Homines auf politische Verwertbarkeit abgesucht zu haben. Da ich nicht der erste Rezensent der Homines bin, war mir die sich hier entspinnende Kontroverse bereits bekannt. Ein nicht unerheblicher Teil meines Interesses ging deshalb auf die Frage, warum Lisson sich auf diese Art und Weise missverstanden sieht.

Seine Erklärung, die auf den Vorwurf der Unaufmerksamkeit gepaart mit politischer Instrumentalisierung hinausläuft, kann ich jedoch gerade nach der Lektüre seiner Bücher nicht teilen. Es liegt auch nicht primär an jenen Polemiken, die Lisson in seine Texte einstreut.

Homo Absolutus und Homo Viator sind vor allem anderen politische Literatur. Erst der Homo Creator geht in eine andere Richtung.

Am deutlichsten ist dies im Falle des Homo Viator. Seine Leitfrage könnte, wenn sie auch anders gestellt und anders beantwortet wird, einem soziologischen Seminar entnommen sein. Wenn man von diesem Werk alles abzöge, was im Bezug auf unsere politischen und gesellschaftlichen Zustände geschrieben wurde, so bliebe kaum etwas übrig.

Homo Absolutus ist hier insofern ein schwierigerer Fall, als das Buch, wie ich durchaus erwähnt habe, ein breites Gebiet verschiedener Themen umspannt. Der rote Faden des Werkes ist aber ein historischer Epochenwechsel. Was bleibt vom Mensch „nach den Kulturen“? Ohne diese Frage zerfiele das Buch endgültig in seine Einzelteile. Die Frage wird antipolitisch beantwortet. Aber auch das ist eine Aussage zur Politik.

Homo Creator ist, wie ich auch erwähnt habe, der mit Abstand unpolitischste Teil der Reihe. Aber selbst hierin steckt doch mehr politische Philosophie, als man auf den ersten Blick sieht. Die Betrachtung nahezu aller menschlichen Tätigkeit als „Technik“ im Sinne Lissons bietet jedenfalls einen gewaltigen Sprengsatz für das politische Denken.

Ich denke durchaus, daß sich der politische Anteil meiner Rezensionen im Verhältnis zum politischen Gehalt der Homines befindet. Daß Lisson sich gegen eine politische Deutung seines Werkes verwahrt, war mir bekannt. Warum es dennoch solch eine starke politische Komponente hat, darüber kann ich nur spekulieren. Meine Vermutung ist, daß Philosophie, die die Metaphysik verneint, auf die eine oder andere Weise zur Gesellschaftswissenschaft wird.

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