Anstoß

Patriotische Ortsgruppen

Vor ein paar Wochen habe ich einen Beitrag zu dezentralem Aktivismus geschrieben. Einen Dank an alle, die ihn geteilt haben, das hat mich sehr gefreut. Ein breites Netzwerk von patriotischen Gruppen ist jedoch noch ein ferner Traum.

Was die patriotische Bewegung jetzt betreibt, ist zentralisierter Aktivismus. In diesem Beitrag konzentriere ich mich auf den Berührungspunkt zwischen diesen beiden Welten, also die Sphäre zwischen den großen Akteuren und der breiten Masse von unorganisierten Unterstützern. Die Rede ist von Ortsgruppen.

So weit ich weiß, gibt es hauptsächlich drei patriotische Organisationen, die ein Netzwerk von lokalen Gruppen betreiben. Das wären die AfD, die Junge Alternative und die Identitäre Bewegung. Meine Wörter sind an jene gerichtet, die diese Gruppen betreiben und gestalten, aber gleichzeitig fern von den Entscheidungsmachern der Bundesebene sitzen. Da steckt eine Menge Arbeit drin, die kaum anerkannt wird. Außerdem müssen sie nicht nur Repression von links fürchten, sondern auch mit unrealistischen Vorgaben der Spitze klarkommen.

Stammtische

Genug gelobt, wir schauen uns, an wie diese Gruppen laut meiner Erfahrung aussehen. Klar trifft das nicht auf jede Gruppe zu, aber im Durchschnitt sieht es so aus: Sie treffen sich regelmäßig, etwa monatlich. Da werden die Neuigkeiten der Bundesebene weitergegeben, die entweder schon die meisten kennen oder völlig irrelevant sind. Danach gibt es einen Vortrag über irgendein Thema und dann wird gemütlich gegessen und in kleinen Runden über Gott und die Welt diskutiert.

Für die meisten bleibt es dabei. Eine Minderheit trägt die Sache weiter. Es werden Veranstaltungen organisiert – etwas Sport, Wanderungen oder noch mehr Vorträge. Und dann geht es mal auf die Straße, Flyer werden verteilt oder Infostände abgehalten. Ganz selten im Jahr gibt es vielleicht eine große Demo oder eine große Aktion, die wirklich für ein paar Schlagzeilen sorgen kann. Es ist alles ganz nett und gut gemeint, eine Kulturrevolution – auch eine konservative – sieht allerdings anders aus.

Warum Ortsgruppen?

Aber was sollten sie sonst machen? Wer schon versucht hat, weiß, wie schwer es ist, Menschen für etwas zu bewegen, sogar wenn sie davon schon überzeugt sind. Es ist auch nicht so klar, was gemacht werden soll. Was ist das eigentliche Ziel von einer Ortsgruppe? Für viele besteht es dahin, die Vorhaben der Bundesebene in der Praxis umzusetzen. Der Arm der Organisation zu sein. In anderen Worten, der Fußsoldat für das Schachspiel der (Partei-)Elite zu sein. Nicht wirklich heroisch.

Eine andere Antwort wäre, um selbst aktiv zu werden, Kampagnen für lokale Themen zu starten. Das ist genau das, was den dezentralen Aktivismus ausmacht, allerdings mit einem bekannten Logo. Das könnte der Bundesorganisation helfen, Sympathie zu erzeugen, kann aber genauso gut nach hinten losgehen. Eine Organisation, die politisch verfolgt wird, muss gut aufpassen, wen sie genau in der Basis hat. Das sehen wir besonders deutlich in dem Fall der Beobachtung der Jungen Alternative. Gleichzeitig kann das Logo auch ein Hindernis für die Ortsgruppe werden, indem es Widerstand von Linksradikalen und Lokalpolitikern hervorruft.

Eine dritte Antwort wäre daher: Die Isolation zu durchdringen und Freundschaften zu bilden. Das klingt viel menschlicher, ist jedoch nicht zielführend. Vielleicht ist das Ziel von einer Ortsgruppe anders. Vielleicht ist die Ortsgruppe da, um die Mitglieder auszubilden, um sich in die theoretische Arbeit zu vertiefen. Das stimmt aber auch nicht.

Für jeden Stammtischvortrag gibt es zehn Vorträge im YouTube, die die Sache besser erklären können. Für jede gute Diskussion zwischen Freunden gibt es viele Bücher, die bessere Argumenten dafür oder dagegen bringen. Diskussionen können helfen, die eigenen Argumente besser zu strukturieren. Aufsätze schreiben hingegen noch mehr. Wer seine Argumentationsfähigkeit verbessern will, soll lieber anfangen zu kommentieren oder selbst für die Blaue Narzisse zu schreiben.

Die digitale Isolation

Verstehen Sie mich nicht falsch. Ein Kulturkrieg kann ohne Fußsoldaten nicht gewonnen werden. Freundschaft ist wichtig und motivierend, keine Frage. Die zunehmende Isolierung in digitale Medien ist eine Krankheit, die unser Lager und unsere Zivilisation plagt. Dagegen müssen wir als Alternative etwas unternehmen. Aber das sind andere Themen.

Ich will jetzt rein strategisch denken, wie unsere politische Macht gestärkt werden kann. In diesem Sinn fragt man: Bringen Stammtische überhaupt etwas? Ich behaupte ja. Es gibt genau einen Punkt, bei dem Ortsgruppen unersetzbar sind: Netzwerk. Egal, wie gut das Internet uns alle verbindet, Facebook-Freunde sind kein Ersatz zu echten persönlichen Kontakten.

Kontakte, Kontakte, Kontakte

Menschen kennenzulernen, mit Menschen zu reden und mit Menschen arbeiten zu können sind die großen Schätze, die ein Organisator haben kann. Ohne diese organisatorischen Talente kann die Opposition wenig erreichen. Eine Partei kann viele Mittel sammeln (dabei ist nicht nur Geld gemeint), die für den lokalen Aktivisten sehr hilfreich sein können.

Sie kann auch Rückendeckung bieten und ein bisschen Presse erzeugen. Gleichzeitig braucht die Partei Kontakte zu den Menschen, um ihre Politik umzusetzen, um die Stimmung im Volk zu spüren und um talentierte Leute zu rekrutieren. Forschungen zeigen, dass persönliche Gespräche das beste Werkzeug sind, um Menschen zu überzeugen. Die Partei muss eine breite Basis mobilisieren können, um diese Gespräche führen zu können.

Mein Punkt hier ist: Die Verbindung der Möglichkeiten „von oben“ mit den Talenten von unten kann ein politisches Wunder erzeugen. Ortsgruppen und Stammtische sind effektiv in dem Maß, in dem sie ein Begegnungsort für verschiedene Kräfte und verschiedene Menschen sind.

An wen soll sich eine Ortsgruppe richten?

Aufgrund dieser Erkenntnis habe ich ein paar Vorschläge, um die Effektivität von Ortsgruppen zu steigern. Ich weiß, dass sie vielleicht nicht so praktikabel sind. Hören Sie mir einfach zu, später können Sie sich über meine Naivität beschweren.

  • Stammtische sind vor allem ein Ort der Begegnung, da wird nicht viel entschieden. Das muss auch nicht sein. Wichtige Entscheidungen sollten sowieso nur von denjenigen getroffen werden, die es umsetzen müssen. Dafür kann man sich anderswo treffen oder noch besser, um Zeit zu sparen, eine Videokonferenz machen.
  • Stammtische sollten deshalb möglichst offen sei. Wirklich jeder muss hier willkommen sein. Es soll nicht das Ziel sein, aus Besuchern unbedingt Mitglieder zu machen.
  • Gleichzeitig soll man immer den Überblick behalten, um einen guten Eindruck hinterlassen zu können. Dazu hilft es, wenn Neulinge sich kurz vorstellen.
  • Man sollte auch Kontakte zu ehemaligen Besuchern pflegen. Dafür sind jährliche Veranstaltungen, wie z.B. ein Sommerfest, gut geeignet.
  • Bei Stammtischen sollte es trotzdem Vorträge geben, um nicht Inhaltslosigkeit zu hinterlassen. Diese sollten kurz sein und sich nicht um große politische Themen drehen, sondern um die Grundlage von aktivistischer Arbeit.

Das Verlassen der Komfortzone

Das reicht jedoch noch nicht. Um Menschen langfristig einzubinden, sollen sie die Möglichkeiten haben, sinnvolle Arbeiten zu erledigen. Dafür werden Menschen ihre Komfortzone verlassen müssen. Das ist eine Herausforderung! Aber erst, wenn sie das tun, können sie wirklich etwas lernen und erreichen. Man muss die Langzeitaktivisten ebenso bedienen.

Die wollen etwas mehr als die langweilige Arbeit eines Infostandes. Es sollte für sie auch die Möglichkeit geben, etwas Größeres zu erreichen. Dafür sind Demos und Aktionen gut, um die Moral hochzuhalten. Doch auch wenn Sie alles richtig machen, viele werden trotzdem nur ein paar Monate dabei bleiben. Das wichtigste, was man für diese Personen machen kann, ist ihnen ein Gefühl geben, wie Politik und Metapolitik tatsächlich funktioniert.

Seien wir uns bewusst: Das ist eine Menge Arbeit und nur eine Minderheit wird diesem Ruf folgen. Das ist jedoch auf jeden Fall nötig, wenn wir die Herausforderungen unserer Zeit bezwingen wollen. So zu tun, als wären wir Revolutionäre auf Facebook und Instagram, wird nicht genug sein.

(Bild: Pixabay)

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