Zwei Komödien haben die Asylkrise ins Kino gebracht. „Willkommen bei den Hartmanns“ und „Ostfriesich für Anfänger“ wählen dabei unterschiedliche Zugänge.
„Können wir uns einfach einen aussuchen, oder…?“, fragt Richard Hartmann. Gemeint ist ein Flüchtling, den seine Frau so gerne zu Hause haben möchte. Die Eheleute befinden sich in einer Lebenskrise, die vor allem eine Ehekrise ist. Richard, Chefarzt der Orthopädie und weit jenseits des Rentenalters, versucht diese mit Arbeit bis zum sicheren Herzinfarkt, Hyaluron-Injektionen und jungen Frauen zu bekämpfen. Seine Frau Angelika, eine seit vielen Jahren pensionierte Gymnasialrektorin, mit einem Flüchtling und viel Alkohol. Der Flüchtling ist ihr Projekt und das steht in der Komödie „Willkommen bei den Hartmanns“ im Mittelpunkt.
Platz genug haben die Hartmanns in ihrem schmucken Münchener Häuschen dafür reichlich. Die beiden Kinder sind seit Jahren aus dem Haus. Sohn Philipp jettet als erfolgreicher Wirtschaftsanwalt um die Welt – sehr zum Leidwesen seines Sohnes Basti. Tochter Sofie fristet ihr Mittdreißigerinnen-Dasein als Dauerstudentin in einer von den Eltern finanzierten Stadtwohnung. Im Gegensatz zu ihrem Bruder Philipp kann sie sich aber sofort für die Idee ihrer Mutter zur Flüchtlingsaufnahme erwärmen. Klar, der Sohn hält zum Papa, der angesichts dieser Idee am Verstand seiner Frau zweifelt.
Ein Flüchtling hilft bei der Arbeit
Die Wahl der Hartmanns fällt nach einem Casting mehrerer Großfamilien auf den alleinstehenden Nigerianer Diallo Makabouri. Er darf ein Zimmer im Keller der Hartmanns beziehen. Im Gegenzug hilft er Angelika bei der Gartenarbeit. Das hätte wohl jeder gern: Einen Flüchtling, der bei der Arbeit hilft. Es entbehrt dann auch nicht einer gewissen Komik, wenn Diallo Säcke mit Dünger durch die Gegend schleppt. Politisch korrekt ist das ebenso nicht wie die trotteligen Polizisten, die ihn dabei mit einer Drohne beobachten und für einen Terroristen halten.
Überhaupt hat Diallo viel Kontakt mit der Polizei, woran er aber selbst nie die Schuld trägt. Für seinen Asylantrag hat das trotzdem negative Folgen. Er wird abgelehnt. „Willkommen bei den Hartmanns“ wäre aber keine Komödie, wenn die Geschichte damit schon am Ende wäre. Diallo darf am Ende bei den Hartmanns bleiben, was aber für den Film nicht so wichtig ist. Unter Bedienung sämtlicher Klischees geht es dem Film vielmehr darum, eine mentale Zustandsbeschreibung Deutschlands angesichts der Asylkrise zu liefern. Da dürfen neben den Gutmenschen natürlich auch „Nazis“ nicht fehlen – mit Bomberjacken und Fackeln als Erkennungszeichen.
Die Asylkrise ist nicht lustig
Zwar ist es zum Brüllen komisch, als diese „Nazis“ eine Mahnwache vor dem Haus der Hartmanns beginnen und „Sicherheit“ skandieren. Letztlich macht das aber doch einen eher bemühten Eindruck. Denn ein bei der Gartenarbeit helfender Flüchtling rechtfertigt im Gegensatz zu vielen hundert Frauengrapschern arabischen Hintergrunds sicherlich keine Mahnwache. Er stört niemanden, sondern sorgt am Ende sogar dafür, dass auch die Ehe der Hartmanns wieder ins Lot kommt. Die hochkarätige Besetzung des Films macht solche Petitessen dann einigermaßen erträglich.
Sie kann aber nicht über die Mängel in der Botschaft des Films hinwegtäuschen. Denn lustig ist nichts an der Asylkrise und selbst wenn die Deutschen von morgens bis abends über sich selbst lachen, wie das der Film als Gesellschaftssatire nahelegt, verschwindet sie nicht einfach wieder in den Köpfen der Politiker, die sie herbeigewünscht haben. So muss sich der Film trotz seines Unterhaltungswertes den Vorwurf gefallen lassen, sein Thema auch für eine Komödie nicht ernst genug zu nehmen und nichts zur Klärung der Verwirrung beizutragen, die nach Meinung seines Autors Simon Verhoeven in Deutschland herrscht.
Klischees ohne Ende
„Ostfriesisch für Anfänger“ ist hier im Ton deutlich einfühlsamer angelegt. Auch diese Komödie, mit Dieter Hallervorden als ostfriesischem Querkopf Uwe Hinrichs in der Hauptrolle, ist übervoll mit Klischees. Trottelige Polizisten dürfen auch hier genau so wenig fehlen wie „rechtsradikale“ Jugendliche oder Gutmenschen. Dabei steht nicht nur ein Flüchtling im Zentrum, sondern es geht um mehrere ausländische „Fachkräfte“, die in einem Dorf in Ostfriesland einen Integrationskurs absolvieren sollen. Dafür hat der Bürgermeister des Ortes sogar extra Fördermittel erhalten, um das gepfändete Haus von Uwe Hinrichs herzurichten.
Leider ist es auch im Film mit der Intelligenz von Politikern nicht sonderlich weit her und als die Fachkräfte mit behördlicher Begleitung ankommen, ist nichts fertig, weil sich der Bürgermeister im Datum geirrt hat. Zudem beansprucht Uwe Hinrichs sein Haus zurück und nutzt den Güllewagen eines Bekannten für einen besonderen Willkommensgruß ostfriesischer Art. Weil dadurch der für die Fachkräfte vorgesehene „Lehrer“ ausfällt, wird Uwe Hinrichs als Ersatz zwangsverpflichtet. Was aber zu diesem Zeitpunkt niemandem auffällt: Ein Ostfriese, der kein Hochdeutsch beherrscht, kann dieses auch nicht vermitteln. Die ausländischen „Fachkräfte“ lernen von Uwe Hinrichs also Ostfriesisch.
Wunschvorstellung fern der Realität
Bei den ostfriesischen Ureinwohnern kommt sie gut an, diese bodenständige Integration. Für einen Integrationstest ist sie dagegen eher hinderlich. Den jedoch müssen alle Teilnehmer des Kurses bestehen, damit das Fördergeld auch im Ort bleibt. Glücklicherweise wird genau zum richtigen Zeitpunkt erkannt, dass Ostfriesisch als Minderheitensprache dem Hochdeutschen gleichgestellt ist. Am Ende eröffnen Uwe Hinrichs und seine „Fachkräfte“ dann ein Unternehmen, das Flaschenschiffe verkauft.
Damit zeichnet auch diese Komödie mit leichten Anklängen des Dramas eine Wünsch-Dir-Was-Idylle der Asylkrise. Lustig ist zwar auch dieser Film und wer das Nachdenken noch nicht verlernt hat, wird hier weniger gestört als bei „Willkommen bei den Hartmanns“. Aber Dieter Hallervorden wirkt als Importostfriese reichlich unbeholfen. Da hilft es auch nichts, dass er monatelang selbst Sprachunterricht in Ostfriesisch erhalten hat. Das „Wir schaffen das!“ auf unterhaltsame Weise ins Kino zu bringen, gelingt also beiden Filmen ganz ordentlich. Mit der Realität haben sie beide jedoch nichts zu tun. Ihr Ziel ist vor allem, das Wohlgefühl der Deutschen nicht zu gefährden bzw. es mit Humor wiederherstellen zu wollen.
(Hintergrundbild: Takver, flickr, CC BY-SA 2.0)
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