Anstoß

Vorsicht: Lagerwahlkampf!

Mit dem Aufstieg von Martin Schulz und der SPD auf um die 30 Prozent in den Umfragen kehrt auch ein altes Schreckgespenst zurück auf die politische Bühne: Rot-Rot-Grün im Bund.

Während bei Forsa und Emnid zum Teil noch ein paar Prozentpunkte für eine solche Mehrheit fehlen, liegen Rot-Rot-Grün und CDU, FDP und AfD bei INSA bereits mit zusammen jeweils 48 Prozent gleichauf.

Diesmal ist eine tatsächliche Realisierung einer nach der Wahl womöglich bestehenden Option auch zumindest etwas wahrscheinlicher als in den letzten zehn Jahren. Schulz ist beim linken SPD-Flügel sehr beliebt, er hat schon im Europaparlament immer wieder zusammen mit Linksextremen Mehrheiten organisiert und er schließt ein rot-rot-grünes Bündnis explizit nicht aus.

Die Union will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen

Letzterer Umstand ruft natürlich die Union auf den Plan, die nun hofft einen Lagerwahlkampf entfachen und damit zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen zu können. Die eine Fliege heißt SPD, die andere AfD. Die Wahlkampfstrategen dürften in Erinnerungen an die hessischen Landtagswahlen 2008 schwelgen, als man noch plakatierte „Ypsilanti, Al-Wazir und die Kommunisten stoppen“ und damit im ersten Wahlgang zwar verlor, dafür aber nach gescheiterten rot-rot-grünen Koalitionsverhandlungen bei den Neuwahlen 2009 wie ein Phönix aus der Asche stieg und die SPD um satte 13 Prozent in den Keller drückte.

Das gelang nur, weil die SPD mitspielte und im ersten Wahlkampf ein Linksbündnis noch kategorisch ausschloss, um sich dann doch daran zu versuchen, schließlich zu scheitern und sich danach die Quittung vom Wähler für das gebrochene Wahlversprechen abzuholen. Die CDU konnte die in sich zerstrittene, herumdrucksende SPD mit der Kommunisten-Frage vor sich hertreiben und so bei heiklen Debatten immer auf das Damoklesschwert Linksrutsch deuten, anstatt sich der inhaltlichen Debatte zu stellen. Die SPD mit Hilfe der Linkspartei aus der politischen „Mitte“ zu drängen, dürfte auch diesmal die Strategie sein. Doch da Martin Schulz strategisch richtig vorgeht, nicht herumdruckst und Rot-Rot-Grün verbal entskandalisiert, dürfte das Schwert letztlich nicht mehr ganz so scharf sein.

Der Lagerwahlkampf trifft vor allem die AfD

Auf Grund des Aufstiegs der AfD könnte ein Nebeneffekt der Anti-R2G-Strategie der CDU allerdings in den Vordergrund rücken und die Strategie dennoch für die Partei abermals äußerst attraktiv machen: In einem Lagerwahlkampf verlieren fast immer die kleineren Parteien, die in der Berichterstattung plötzlich kaum noch eine Rolle spielen. Auf Grund der Polarisierung entsteht eine Sogwirkung hin zu den großen Parteien, obgleich diese vom Wähler eigentlich gar nicht mehr als wählbar eingeschätzt werden. Und ganz besonders konservative und bürgerliche Wähler lassen sich herrlich mobilisieren, diesmal doch wieder dem „geringeren Übel“ CDU ihre Stimme zu geben und diese nicht „für Protest“ zu vergeuden. Schließlich gehe es ja wieder um etwas. Schon jetzt lassen sich derartige Aussagen vereinzelt vernehmen.

Der Tenor muss lauten: Nur die AfD kann R2G verhindern!

Für die AfD wird es ein unerwartet schwerer Wahlkampf und eben kein Selbstläufer. FDP, Grüne und Linkspartei liegen in den Umfragen allesamt meist schon wieder einstellig. Soll es der AfD nicht genauso ergehen, muss sie einen sehr geschickten Wahlkampf führen. Dabei geht es einerseits darum, eigene Themen zu setzen, andererseits darum, gewisse von den Altparteien gesetzte Themen notgedrungen zu akzeptieren und ebenfalls zu bespielen.

Hier eignet sich gerade auch die von der CDU heraufbeschworene Gefahr eines Linksbündnisses: Umfragen zeigen derzeit etwa, dass außer einer großen Koalition ausschließlich – natürlich rein hypothetische – Dreier-Koalitionen mit AfD-Beteiligung eine Mehrheit hätten. Außerdem hat R2G ausschließlich bei einer starken AfD keine Mehrheit: In den letzten Monaten lagen CDU, FDP und AfD zusammen immer wieder zwischen 52 und 55 Prozent und damit deutlich besser, als zu den Zeiten, als es die AfD noch nicht gab. Zu guter Letzt ist die AfD der einzige Garant dafür, dass die deutsche Politik im Allgemeinen, die in den letzten Jahren beispiellos nach links gerückt ist, endlich wieder „in die Mitte“ zurückkehrt. Die Gesellschaftspolitik der CDU ist von der der linken Parteien ohnehin nur noch in Nuancen zu unterscheiden. Im Übrigen kann auch nur die AfD eine weitere Links-Gefahr für Deutschland abwenden: Schwarz-Grün!

Mut zur Provokation, Mut zu Höcke!

Auf diese vier Argumente sollte sich die AfD im Wahlkampf konzentrieren, wenn die CDU die Lagerwahlkampfkarte spielt. Und wenn es darum geht, eigene Themen zu setzen und im Gespräch zu bleiben, wird die Partei schnell merken, dass man das als kleine Partei mit einem gemäßigten, seriösen Ton nicht immer schaffen wird. Es werden provokante Wahlkampfaktionen und gewagte Reden nötig sein. Am Ende muss unverkennbar deutlich werden, dass die eigentliche Frontlinie nicht zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Rot-Grün verläuft, sondern zwischen dem Altparteienkartell und der AfD. Ein voreiliger Verzicht oder gar ein Maulkorb für parteiinterne Klartextpolitiker wie Björn Höcke wäre in Anbetracht dessen ein grober Fehler.

(Bild: Franz Ferdinand Photography, flickr, CC BY-NC 2.0)

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